Schuld war nur die Badewanne
Betrags von zigtausend Mark angemahnt wurde für die Beförderung von sechs Nilpferden vom Frankfurter Flughafen zu Margits Behausung zwecks Teilnahme an Nilis Geburtstagsparty. Die ganzen Computerausdrucke hatten verteufelt echt ausgesehen.
Der zu Margit gehörende Jürgen war mir vom ersten Augenblick an unsympathisch gewesen. Er hatte eine große Klappe, wusste alles und das grundsätzlich besser. Weshalb Hannes ausgerechnet ihn als Trauzeugen haben wollte, war mir ein Rätsel.
Bisher hatte Rolf der ganzen Debatte schweigend zugehört, jetzt machte er zum ersten Mal den Mund auf. Er hätte es lieber nicht tun sollen. »Wisst ihr, was ich mir immer vorgestellt habe?«
Erwartungsvoll sahen wir ihn alle an.
»Ich wollte meine Tochter in einem hübschen Dorfkirchlein zum Altar führen«, sagte er mit verträumtem Blick, »vor uns die Zwillinge als Brautjungfern, dazu die Orgel mit Mendelssohn-Bartholdy, Wagner will ich nicht … na ja, eben so richtig schön feierlich und nicht barfuß im Sand.«
Mit offenem Mund hatte Steffi zugehört. »Kirche? Brautjungfern?? Vielleicht auch noch weißes Kleid mit Schleier??? Paps, aber doch nicht mit mir! Ich ziehe doch nicht so einen Rüschenfummel an!«
Der so abservierte Brautführer schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Macht doch, was ihr wollt! Mich fragt ja sowieso keiner mehr! Hochzeit auf Jamaika! So ein Blödsinn! Sitzen da eigentlich immer noch die Engländer?«
Richtig, dieses Eiland ist ja auch mal Kronkolonie gewesen. »In offizieller Eigenschaft wird da bestimmt keiner mehr zu finden sein, was aber nicht ausschließt, dass ein paar freiwillig geblieben sind.« Es würde noch ein erhebliches Stück Arbeit bedeuten, meinem Ehemann die Reise schmackhaft zu machen. Er kennt zwar außer seiner gewesenen Schwiegertochter Vicky nicht einen einzigen Engländer persönlich, kann diese »Inselaffen« aber grundsätzlich nicht leiden und ist der allerdings nicht ganz unberechtigten Meinung, dass die gesamte Nation mit Lieschen König an der Spitze einen Spleen habe. Man brauche doch bloß an das total verkalkte Oberhaus zu denken und an die Gewohnheit, jedes Problem mit einer Tasse Tee lösen zu wollen.
Nachdem das Familienoberhaupt grollend das Zimmer verlassen hatte, konnten wir uns uneingeschränkt unserem so interessanten Thema widmen. »Weißt du denn schon, was du anziehen wirst?«, fragte Katja.
»Das ist nun wirklich mein geringstes Problem«, winkte Steffi ab, »irgendein sommerliches Fähnchen.«
»Das suche ich dir aber aus!«, bestimmte ihre Schwester sofort. »Sonst holst du dir wieder so ein unmögliches Teil wie damals zu Saschas Hochzeit.«
Zugegeben, sehr vorteilhaft hatte diese sandfarbene Kombination nicht ausgesehen, aber vielleicht hatte es auch nur daran gelegen, dass Steffi zum ersten Mal seit ihrer Einschulung einen Rock getragen hatte, sich einfach nicht unbeschwert darin bewegen konnte und auch mit den extra dazu gekauften Pumps nicht so richtig klargekommen war. Die Turnschuhgeneration hat ja auch heute noch Schwierigkeiten mit den ersten hohen Absätzen.
Fast eine Stunde lang hörte sich Hannes mit ergebener Miene an, was eine europäische Braut an einem karibischen Strand wohl am besten anziehen könne, ob die Hochzeitstorte in der Hitze zerlaufen würde, wie viel wohl eine Drei-Mann-Kapelle kosten würde und so weiter, bis der Bräutigam energisch darauf hinwies, dass dieses bedeutende Ereignis erstens nicht in der kommenden Woche stattfände und man die Details deshalb auch nicht jetzt und hier erörtern müsse, und dass zweitens morgen ein regulärer Arbeitstag sei und man noch sechzig Kilometer Autobahn vor sich habe. »Wenn ich euch so höre, hätte ich große Lust, den Status quo beizubehalten. Und sooo viel Steuerersparnis bringt eine Eheschließung eigentlich doch nicht!«
Sofort stand Steffi auf. »Du hast ja recht, es ist wirklich spät geworden.« Sie pflückte ihre Jacke von der Stuhllehne und lief zur Tür.
»Meine Güte, renn doch nicht gleich los!«, rief Katja hinterher. »Im Falle eines Falles steht dir zumindest das Kranzgeld zu!«
Schon am nächsten Tag stand Steffi wieder auf der Matte. »Ich habe meine Mittagspause opfern müssen, aber ohne Papiere ist man ja nur ein halber Mensch. Hast du meine Brieftasche gefunden?«
»Ich habe gar nicht danach gesucht.«
»Musstest du auch nicht! Sie liegt nämlich in der Gästetoilette auf dem Fensterbrett. Da habe ich sie gestern aus der Hosentasche
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