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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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war ich bereits fertig.«
    Eingetroffen waren wir am späten Nachmittag, also zur Rush-hour, wenn die Tagesausflügler zu den Anlegestellen hasten, ein halbes Dutzend Dampfer die Bummelanten zusammentuten und man vor lauter Menschen nicht mal mehr die Steine vom Trottoir erkennen kann.
    »Venedig sehen und sterben«, murmelte Irene. »Ich weiß nicht, wer das gesagt oder geschrieben hat, wahrscheinlich sind es seine letzten Worte gewesen, bevor er totgetreten wurde.«
    »Eigentlich bezieht sich das auf Neapel«, sagte ich sofort. Endlich wusste ich mal etwas, das Irene nicht wusste. Sie stritt es auch sofort ab. »Dann muss es sich um einen Übersetzungsfehler handeln. In Neapel bin ich schon gewesen. Da war es nie so voll!«
    Eine Stunde später sah alles schon ganz anders aus. Immer noch wimmelte die Stadt von Besuchern, doch die mussten Venedig nicht an einem einzigen Tag besichtigen und ließen sich Zeit. Ohnehin hatten wir uns vorgenommen, die üblichen Touristenpfade zu meiden, um Museen und Katalogempfehlungen einen Bogen zu machen, uns stattdessen einfach treiben zu lassen und abzuwarten, wohin wir gelangen und was wir entdecken würden.
    Als erstes entdeckten wir den Markusplatz, weil er nur wenige Schritte von unserem Hotel entfernt war. Außerdem gehört er nun wirklich zum Pflichtprogramm, und wenn man vorher noch nie in Venedig gewesen ist,
muss
man in einem der Cafés seinen Cappuccino trinken, die schwarzgrauen Fassaden der Alten Bibliothek bewundern und sich vorstellen, wie phantastisch sie ausgesehen haben müssen, als sie noch weiß gewesen sind. Man sollte jedoch darauf achten, an welchem Tisch man sich niederlässt. Wären wir ein paar Schritte weiter nach rechts zum nächsten Café gegangen, dann hätten wir die Geige etwas leiser und das Klavier pianissimo gehört und uns sogar unterhalten können; billiger wäre es auch gewesen, aber in Venedig muss man sowieso aufhören, seine Lire zu zählen, sie verschwinden von allein aus dem Geldbeutel. Es gibt nur eine Möglichkeit, sie zu retten: Man lässt sich von einem vertrauenswürdigen Ortskundigen auf kürzestem Wege aus der Gefahrenzone bringen, und das mit verbundenen Augen, sonst erwischt es einen doch! Ich rede nicht von Taschendieben, sondern von der Shopping-Meile.
    Außer dem Kellner hatten wir noch keinen Venezianer kennengelernt, und der hatte uns nicht gewarnt. Genützt hätte es sowieso nichts, denn die Arkaden rund um den Markusplatz beherbergen die wohl schönsten Geschäfte von Venedig. Leider auch die teuersten!
    Den Souvenirläden konnte ich am leichtesten widerstehen, schwieriger wurde es schon bei den Schaufenstern mit den verspielten, völlig überflüssigen und gerade deshalb so reizvollen modischen Accessoires. Von den Auslagen mit in allen Farben leuchtenden Erzeugnissen venezianischer Glasbläserkunst musste Irene mich mit Gewalt wegziehen.
    »Lass doch mal! Was, glaubst du, wird diese grüne Schale kosten? Ist die nicht herrlich?«
    Sie warf einen abschätzenden Blick auf das Objekt. »Viel zu zerbrechlich, die kriegst du nie heil nach Hause!«
    Also gut, keine Schale, aber wenigstens die hübsche Kette aus Murano-Glasperlen, irgendwas muss man ja zur Erinnerung an Venedig mitnehmen.
    Mein Wunsch nach einer gründlicheren Inspizierung der Boutiquen wurde von Irene ebenfalls abgelehnt. »Warum darf ich nicht? Immerhin hast du uns in diesem Nobelschuppen untergebracht! Da genügen die Bügelfalten in der Leinenhose nun wirklich nicht mehr!«
    »Zum Frühstück allemal, und sonst sollten wir auf die gastronomischen Angebote des Hauses verzichten. Oder bist du gewillt, dreiundzwanzig Mark nur für eine Tasse Hühnerbrühe auszugeben?«
    »Sie werden für jedes Huhn einen eigenen Betreuer haben, und Personal ist nun mal nicht billig.«
    In einer Seitenstraße entdeckten wir ein kleines Restaurant mit nur fünf Tischen davor. Sofort steuerte Irene den einzigen noch freien an. »Hier sind wir richtig! Keine viersprachige Speisekarte, keine Schunkellieder im Hintergrund, kein sogenanntes Touristen-Menü mit Schnitzel, Pommes und Salat, stattdessen nur italienische Gäste. Komm, wir gucken mal, was es an Vorspeisen gibt.«
    Diese ganz versteckt liegende Trattoria wurde unser Stammlokal. Jeden Abend haben wir dort gegessen, jedes Mal etwas anderes, und immer hat es phantastisch geschmeckt. Dass die Rechnung wesentlich niedriger ausfiel als an den Futterstellen der Touristenmeile, war eine angenehme Überraschung.
    Es war schon nach

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