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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Überfälle von Gratulanten auszuschließen. »Wie wäre es mit Italien?«, hatte sie gemeint.
    »Um diese Jahreszeit kann man im Mittelmeer doch noch nicht baden.« Was soll man sonst in Italien machen außer Chianti trinken?
    »Ich hatte eigentlich mehr an den Norden gedacht, Toskana oder das Veneto. Ein bisschen Kultur, ein bisschen Shopping … Warst du schon mal in Venedig?«
    »Nein.«
    »Siehste, ich auch nicht. Als ich geheiratet habe, hatten wir für eine Hochzeitsreise kein Geld, da sind Kochtöpfe und Bettbezüge wichtiger gewesen. Später wollten wir immer mal hin, doch irgendwie ist nie etwas daraus geworden.«
    »Bei uns auch nicht. Zweimal sind wir schon dicht dran gewesen, haben quasi vor den Toren Venedigs gestanden, aber reingekommen bin ich nicht. Frag mich nicht, warum, ich weiß es nicht mehr. Allerdings bin ich nie den Verdacht losgeworden, dass Rolf nur deshalb immer einen Bogen drumherum gemacht hat, weil er nicht mit dem Wagen hinfahren durfte.«
    Schweigen. Dann ein verhaltenes Glucksen. »Auf den Gedanken bin ich noch gar nicht gekommen, dabei ist er doch so naheliegend. Was hältst du davon, wenn wir beide Venedig einfach nachholen?«
    Ich hielt das für eine glänzende Idee.
    »Wir fliegen nach Mailand, mieten uns dort einen Wagen und gondeln gemütlich durch die Gegend. Vicenza, Padua und was sonst noch so am Wege liegt. Als Abschluss dann Venedig. Könntest du dich mit dieser Route anfreunden?«
    »Und ob!«
    »Dann ist ja alles klar«, sagte Irene und versprach, die ganze Sache in die Hand zu nehmen. »Du brauchst nur mit deinem Koffer pünktlich am Flugplatz zu sein.«
    Jetzt musste ich lediglich den günstigsten Zeitpunkt abpassen, um Sippe nebst Anhang von meiner »feigen Flucht« (Kommentar Hannes) zu unterrichten; früh genug, um kulinarische Vorbereitungen zu verhindern, aber doch so spät, dass ich mir die zu erwartenden Proteste nicht wochenlang anhören musste. Sechs Tage vor dem Abflug ließ ich die Bombe platzen. Die Wirkung war durchschlagend.
    Das sei nicht fair, ich könnte ihnen allen doch nicht die ganze Freude verderben, was ich mir eigentlich dabei gedacht hätte, und so weiter. Offenbar hatte niemand berücksichtigt, dass es ja mein Geburtstag war. Jedes Jahr hatte ich einen Teil meines Ehrentags in der Küche verbracht, literweise Kaffee gekocht, kalte Platten fabriziert, Sonderwünsche nach Pfefferminztee oder Weizenbier erfüllt, am Tag vorher Kuchen gebacken, am Tag danach die Spuren der Fete beseitigt, und nun nahm man es mir regelrecht übel, dass ich diesmal einfach nicht wollte. Nur Steffi brachte ein bisschen Verständnis auf. »Dann lasst sie doch ziehen! Wenn sie uns nicht haben will … Irgendwie ist es ja begreiflich. So’n Geburtstag mit ’ner Null hintendran ist wirklich ätzend. Wenn ich mir vorstelle, dass ich in ein paar Monaten dreißig werde … Es ist schon ein komisches Gefühl, dass man vom nächsten Tag an auf die Vierzig zugeht!«
    Richtig einverstanden waren sie nicht, doch sie sicherten mir zu, sich abwechselnd um ihren Vater zu kümmern. »Sonst holt er sich ja doch wieder jeden Tag so’n Gummiadler vom Hähnchenwagen.«
    Noch zehn Minuten länger diese versteckten Anklagen, und ich bekäme ein schlechtes Gewissen. Bis jetzt hatte ich noch keins. »Wenn ich zwei Wochen lang auf ›Dichterlesung‹ bin, macht ihr nie solch einen Aufstand. Nun will ich nur sechs Tage weg, und schon stellt ihr euch an, als würde ich die Ausrottung der gesamten Familie planen.«
    »Das ist ja auch ganz was anderes«, kam es im Chor zurück.
    Wieso eigentlich?
     
    Italienisches Wetter ist auch nicht mehr das, was es mal gewesen war! Als wir aus dem Flieger stiegen, regnete es. Kalt war es außerdem. In Erwartung südlicher Temperaturen hatte ich aber nur eine Jacke mit und fror erbärmlich. Zu allem Überfluss funktionierte die Heizung im Wagen nicht richtig. »Hättest du nicht ein anderes Auto mieten können?«
    »Einen Panda klaut wenigstens niemand«, sagte Irene gleichmütig. »Du musst auch höchstens noch zwei Stunden durchhalten, dann kannst du dich im Thermalbad aufwärmen.«
    Drei Tage lang würden wir in einem Kurort wohnen, nach ihrer Ansicht der strategisch günstigste Ausgangspunkt für die geplanten Besichtigungen. Dass ein Botanischer Garten dazugehörte, war einleuchtend, nicht umsonst beschäftigt sich Irene mit Blumenzwiebeln.
    Nur als sie wissen wollte, ob ich mit Palladio etwas anfangen könnte, war ich erst mal überfragt. Maler?

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