Schuld war nur die Badewanne
mir schlafen«, meldete Schorsch, schien jedoch entschlossen, sein mobiles Heim noch nicht aufzusuchen; vielmehr wollte er wissen, wo die Weingläser stünden.
»Ich habe zwei Flaschen ausgezeichneten Rosé im Wagen, die machen wir jetzt noch alle!«
»Diese lauwarme Brühe? Ein Rosé muss kalt sein!« Bis dato hatte Steffi nur zwischen weißem und rotem Wein unterscheiden können und sich aus beiden Sorten nicht viel gemacht. »Määm, haben wir noch welchen im Keller?«
»Weiß ich nicht, sieh selber nach!«
Hannes bot sofort seine Hilfe an. Gemeinsam stiegen sie in die Unterwelt und tauchten erst wieder auf, nachdem in den oberen Zimmern einigermaßen Ruhe eingekehrt war. Dann musste Steffi noch mal runter, weil sie den Wein vergessen hatte.
Wenig später saßen wir Übriggebliebenen auf der Terrasse, guckten in den Mond und zu den Nachtmotten, die dauernd gegen die Lampen flogen, redeten über Belangloses und gähnten um die Wette. Die Turmuhr schlug halb zwei.
»Macht, was ihr wollt, ich gehe jetzt ins Bett!« Erstens war ich hundemüde, und zweitens sprach keiner mehr mit mir. Tom und Schorsch waren endlich bei ihrem Lieblingsthema, den Motorrädern angekommen, von denen ich nur wusste, dass sie unbequem sind und Krach machen, während Steffi gebannt zuhörte, was Hannes von seinen Tauchgängen im Roten Meer erzählte. Ich kam mir nicht nur überflüssig vor, sondern wie ein regelrechter Störfaktor. Vor allem bei meiner Tochter.
Schorsch hatte wohl das gleiche Gefühl. Er trank sein Glas aus und packte Tom am Schlafittchen. »Komm, Bruder im Geiste, folge mir in unsere Koje!« Dann ermahnte er Hannes: »Wenn du nachher kommst, mach nicht so’n Radau! Dein Bett ist das ganz links. Und pass auf deine Finger auf, die Tür klemmt nämlich.«
»Wo schlafe ich denn?«, wollte Steffi von mir wissen. »Im Gästezimmer?«
»Nein, da liegt Thomas. Du musst zu den Zwillingen in die Mansarde.«
»Habe ich nicht eine reizende Familie?«, hörte ich sie noch sagen. »Jetzt werde ich sogar zu den Kleinen ins Kinderzimmer gesteckt.«
Pünktlich um acht Uhr bellte Otto. Normalerweise respektiert er die geheiligte Sonntagsruhe und rollt sich nach einigen vergeblichen Störversuchen noch mal zu einem Nickerchen zusammen. Sind Gäste da, wird er renitent. Nacheinander kratzt er an sämtlichen Türen, kassiert Schimpfwörter, Drohungen (»Morgen bringe ich dich zu McDonald’s, und ab übermorgen gibt es Big Ottos!«) oder auch mal einen Latschen, und wenn er oben in der Mansarde angekommen ist, stimmt er ein nervtötendes Gejaule an. Ein Dudelsack ist nichts dagegen! Otto läuft nämlich jede Treppe rauf, aber keine runter. Findet sich endlich jemand, der das Vieh im Halbschlaf wieder hinunterträgt, dann schmollt Otto fünf Minuten lang und beginnt anschließend seinen Rundgang aufs Neue. Sven hat schon mal ein solides Brett vor die Treppe gestellt, doch das hat auch nichts genützt. Otto hatte so lange an dem Hindernis gezerrt, bis er seitlich vorbeischlüpfen konnte.
»Mistvieh, elendes!«, hörte ich Steffi schimpfen. »Ich stecke dich in die Mikrowelle! Bei 600 Grad. Dann essen wir heute chinesisch!« Schritte tapsten abwärts, ich hörte, wie die Terrassentür geöffnet wurde, Otto jaulte los, und Steffi fragte erstaunt: »Habt ihr etwa hier geschlafen?«
Nichts wie raus aus dem Bett! Vom Fenster aus bot sich mir ein etwas ungewöhnlicher Anblick. In der Hängematte, eingerollt in einen Schlafsack, lag Hannes; die anderen zwei Männer hatten Liegen in die Sonne geschoben und dösten vor sich hin. »Wann gibt’s Kaffee?«, erklang es unisono.
Man sollte sie auf den Mond schießen! Trotzdem wickelte ich mich in meinen Bademantel, trabte in die Küche, fütterte die Maschine und begab mich nach draußen. »Morgen sind wir Stadtgespräch«, sagte ich zur Begrüßung.
»Warum?«, fragte Schorsch. »Etwa nur deshalb, weil wir uns sonnen?«
»Nein. Es ist nur unüblich, im Garten zu nächtigen. Das ist zum letzten Mal vor zwanzig Jahren geschehen, als die Jungs ihr Zelt aufgeschlagen hatten und Überleben in der Wildnis trainieren wollten. Als ein Gewitter aufzog, haben sie allerdings die Zivilisation dem freien Leben vorgezogen.«
»Wir sind ja erst seit ungefähr einer Stunde hier«, beruhigte mich Tom. Er gehört schon beinahe zur Familie, ist oft genug bei uns und kennt sämtliche Nachbarn. Deshalb weiß er auch, dass hier jeder (fast) alles über jeden weiß, und wenn er es nicht genau weiß, dann
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