Schuld war nur die Badewanne
reimt er sich den Rest zusammen. Drei Mannsbilder nachts in unserem Garten ließen ja genügend Raum für Spekulationen.
»Eigentlich mag ich Kinder«, sinnierte Hannes und schälte sich aus seinem Schlafsack, »nur nicht am Sonntagmorgen um sieben. Gibt es denn hier keinen Sportplatz?«
»Doch«, sagte Steffi, »gleich oben am Wald. Aber da tut sich erst heute Nachmittag was.«
»Eben! Weshalb also müssen die Kids in aller Herrgottsfrühe vor den Garagen Elfmeterschießen üben?«
»Weil sie da niemand hört!« Nur mühsam konnte ich mir das Lachen verbeißen. Wenn ein Ball gegen die schon etwas ausgeleierten metallenen Kipptüren donnert, macht das nämlich einen Höllenspektakel, aber in den zurückliegenden Häusern bekommt man davon nichts mehr mit. Schorsch hatte sein mobiles Schlafzimmer allerdings auf dem Parkplatz direkt neben den Garagen abgestellt.
Während Steffi die unfreiwilligen Frühaufsteher mit Kaffee versorgte, verschwand ich ins Bad. Ich hatte gerade die Dusche abgestellt, als Katja vor der Tür jammerte. »Mach auf, ich muss dringend aufs Klo!«
»Dann geh doch nach unten!«
»Da sitzt Sven.«
Wenigstens waren jetzt alle wach! Und alle wollten auf die Toilette. Wir haben aber nur zwei, und wir haben auch nur ein Badezimmer. Amerika, du hast es gut! Wenn man nämlich den Hollywood-Filmen glauben kann, dann gibt es dort in jedem Haus mindestens drei Bäder, die immer wie geleckt aussehen. In fast jedem Film wohnt die Familie in einem weiß getünchten Eigenheim mit gepflegtem Rasen davor und 200 Quadratmeter großem Garten dahinter. Der Hausherr ist zwar nur Versicherungsvertreter und kann sich keine Zugehfrau leisten, allerdings hantiert die Hausfrau meistens in der immer aufgeräumten Küche oder hängt am Telefon, sofern sie nicht gerade eins der drei Kinder zu einer Schulveranstaltung fährt. Also stellt sich die Frage:
Wann schrubbt sie die drei Badezimmer???
Im Moment hätten wir sogar vier gebraucht. Jeder, der die Zähne geputzt und geduscht hatte, wurde sofort vertrieben. Überall, wo ein Spiegel hing, stand jemand mit Fön und/oder Rasierapparat. Steffi hatte sogar die Flaschen aus dem Barfach geräumt, das ist ebenfalls verspiegelt.
Nach ungefähr anderthalb Stunden waren alle sonntagsfein im Garten verteilt. Ich holte mir eine Tasse Kaffee und setzte mich dazu. Wortlos starrten sie mich an. Endlich kam die zaghafte Frage von Katja: »Wann gibt’s denn Frühstück?«
»Gar nicht. Ihr wollt ja brunchen, und zwar frühestens um halb zwölf. Bis dahin haben wir noch viel Zeit.«
Schweigen. Schließlich erneuter Anlauf. »Wenn wir alle mithelfen, geht’s dann auch früher?«
Ich merkte sofort, dass sämtliche Männer trainierte Junggesellen waren – ausgenommen Nickis Thomas, aber einer musste ja ohnehin auf der Terrasse den Tisch decken. Hannes kümmerte sich um die Rühreier und verbrannte nicht mal den Speck, Schorsch schnippelte Äpfel, Birnen, Kiwis und was sich sonst noch fand, für den Obstsalat, Tom nahm sich der Quarkpackungen an, aus denen er allerlei zusammenrührte, was hinterher sogar ausgezeichnet schmeckte, und Sven saß in der Essdiele, wo er mit Hilfe von drei Weckeruhren die Aufbackzeiten der verschiedenen Brötchensorten überwachte. »Die Laugenstangen sind genau zehn Minuten drin. Wenn ihr jetzt die Croissants in den Ofen schiebt, werden beide zusammen fertig. Das Baguette muss aber schon in vier Minuten raus!«
Die Mädchen unterstützten den Arbeitseifer der Herren mit mehr oder weniger guten Ratschlägen, fütterten die Spülmaschine mit benutztem Geschirr und stapelten das, was nicht mehr reinging, auf dem noch freien Teil des Herdes. Ich werde nie begreifen, weshalb kochende Männer fünf Töpfe, ebenso viele Schüsseln und drei elektrische Küchenhilfen brauchen, um Eierkuchenteig anzurühren. Ich wurde übrigens rausgeworfen. Meine Bemerkung, in einem Gourmet-Restaurant hätte ich zwar schon mal Erdbeeren mit grünem Pfeffer essen müssen, aber noch niemals mit Schnittlauch garniert, hatte den Schöpfer dieser Kreation zu sehr getroffen. Ohnedies musste jemand zum Telefondienst abgestellt werden. Der Apparat klingelte im Zehnminutenabstand. Zuerst wollte Claudia von Katja wissen, wie denn der Herr Studienrat Heimreich so sei, den habe sie nämlich am Dienstag als Unterrichtsbesucher, und soviel sie wisse, habe Katja den auch schon gehabt. Kaum hatte Katja ihre keineswegs schmeichelhafte Meinung über Herrn Heimreichs fachliche Kompetenz
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