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Schulden ohne Suehne

Schulden ohne Suehne

Titel: Schulden ohne Suehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai A. Konrad , Holger Zschaepitz
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erlauben es dem Gläubiger also nicht, die Schulden fällig zu stellen, wenn Griechenland gegenüber anderen Kreditgebern säumig wird. Und sie enthalten keine »Negativerklärungen«; Griechenland kann also an den aufgenommenen Krediten vorbei neue Kredite gegen konkrete Sicherheiten aufnehmen und die Kreditgeber der bestehenden Verträge damit zu nachrangigen Gläubigern machen. 159 Mit der Ablösung der Kreditverpflichtungen gegenüber privaten Gläubigern durch Kredite aus dem europäischen Rettungsschirm für Griechenland verändert sich das Bild. Bereits Anfang 2012 waren öffentliche Gläubiger, darunter die EZB, der IWF und die europäischen Staaten, mit 147   Milliarden Euro in griechischen Schuldtiteln engagiert, hielten also über 40   Prozent der Schulden des Landes (siehe Abbildung 11).
     
    Diese Kreditverträge vereinbaren einen stärkeren Gläubigerschutz gegenüber Griechenland. Eine Entscheidung über eine Zahlungsverweigerung für diese Kredite ist keine rein griechische Staatsangelegenheit mehr. Der amerikanische Konfliktexperte an der University of California, Stergios Skaperdas, rät Griechenland im Oktober 2011 deshalb zu einem Staatsbankrott so schnell wie möglich. 160
    Diese Konfliktlinie ist auch berührt, wenn es um die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und dem Europäischen Rat oder der Eurogruppe geht, oder bei der Überwachung des Reformprogramms und der Freigabe von Geldern aus dem Rettungsfonds auf Basis der Berichte der »Troika«. Dass die Forderungen von EZB, Kommission und IWF, die diese Dreier-Gruppe bilden, die griechischen Bürger auf die Straße treiben, ist ein Indiz dafür, dass die Troika-Berichte nicht komplett bedeutungslos sind. Die Alternativen seitens der Eurogruppe, was die Auszahlung der Hilfsgelder angeht, sind indes sehr beschränkt.

    Abb. 11: Griechenlands Gläubiger
Quelle: Spiegel Online, 10.   Januar 2012
    Auch der erzwungene Schuldenerlass von über 100   Milliarden Euro, zu dem es im März 2012 kam, kann nicht darüber hinwegtäuschen. Es wäre interessant gewesen zu sehen, welche Entscheidungen die europäische Staatengemeinschaft getroffen hätte, wenn der Schuldenschnitt nicht erfolgt wäre. Die Umschuldung ging einher mit einem erneut über 100   Milliarden Euro schweren Hilfspaket für Griechenland, das unmittelbar nach der Umschuldung bewilligt wurde. In großen Teilen hat dieses Paket dazu gedient, die Finanzmarktauswirkungen der Umschuldung abzufedern.

Eurostaaten gegen Eurostaaten
    Eine dritte Konfliktlinie verläuft zwischen den Staaten, die sich an der Rettung der Krisenstaaten beteiligen.
    Die finanziellen Hilfen und Garantien im Rahmen der Aktionendes großen Rettungsschirms werden von einem Konsortium von Staaten gegeben. Welcher Staat sich in welchem Umfang an den Hilfsmaßnahmen beteiligt, war von Anfang an ein heißes Eisen. So waren beispielsweise Länder, die selbst vor dem finanziellen Kollaps stehen, im Mai 2010 besorgt, dass ihr Engagement bei der Rettung ihre eigene Krisensituation verschlechtern könnte. Der EFS F-Vertrag enthält deshalb eine Klausel, die Mitglieder aus den Verpflichtungen entlässt, wenn sie selbst hilfsbedürftig werden. Aber auch innerhalb der zunächst gesünderen Retterstaaten gab es Streit. Finnland beispielsweise wollte bereits im Sommer 2011 gern die Notbremse ziehen und ließ sich eine Versicherung dagegen zurechtzimmern. Dabei sollte die Restgruppe der Retterstaaten Finnland entschädigen, wenn die Garantien aus dem Rettungsfonds angefordert würden. Das rief ähnliche Begehrlichkeiten anderer Retterstaaten auf den Plan. Es drohte das Ende der Rettergemeinschaft.
    Konflikte unter den Rettern entstehen auch dann, wenn es um die Verteilung der Risiken geht. Große Unterschiede ergeben sich beispielsweise zwischen einer Rettung von Krisenstaaten durch den Aufkauf der Staatsschulden durch die EZB und einer Rettung durch eine gemeinschuldnerische Haftung für Kredite. Letztere könnte ein Gestaltungselement der bereits genannten, von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen europäischen »Stabilitätsbonds« sein. Fallen die Kredite in den geretteten Krisenstaaten aus, dann beteiligen sich die Mitgliedsländer an diesen Verlusten anteilig, und zwar im Umfang ihrer Anteile an den Geldschöpfungsgewinnen der EZB.   Bei einer gemeinschuldnerischen Haftung lasten die Kosten überproportional auf den Staaten mit der höchsten Bonität. Deutschland haftet also im einen Fall in Höhe von

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