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Schulden ohne Suehne

Schulden ohne Suehne

Titel: Schulden ohne Suehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai A. Konrad , Holger Zschaepitz
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eine ganze Reihe von Sondervermögen, darunter das
ER P-Sondervermögen , den Ausgleichsfonds für überregionale Vorhaben zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben, das Bundeseisenbahnvermögen, den Erblastentilgungsfonds, den Entschädigungsfonds, den Fonds zur Förderung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zwecken in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die Versorgungsrücklage des Bundes, das Sondervermögen »Deutscher Binnenschifffahrtsfonds, den Fonds nach §   1   Abs. 1 des Gesetzes über eine finanzielle Hilfe für Doping-Opfer der DDR, den nationalen Solidaritätsfonds Aufbauhilfe, das Sondervermögen »Ufi-Abwicklungserlös«, den Klärschlamm-Entschädigungsfonds oder das Sondervermögen Deutsche Bundespost.
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    Eines der vom Umfang her größten »Sondervermögen« ist der
Erblastentilgungsfonds
. In ihm wurden 1995 die Altschulden der DDR (aus dem »Kreditabwicklungsfonds«), die Finanzschulden der Treuhandanstalt (aus dem »Fonds Deutsche Einheit«), die Altschulden der ostdeutschen Wohnungswirtschaft und Altschulden gesellschaftlicher Einrichtungen zu einem Anfangsschuldenstand von über 170   Milliarden Euro zusammengefasst. 233

Warum auch Maastricht nicht hilft
    Nach der Verfassungsänderung von 1969 war der Abschluss des Vertrags über die Europäische Union in Maastricht 1992 (»Vertrag von Maastricht«) in Verbindung mit der späteren Verabschiedung des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts die nächste große Zäsur für die deutsche Finanzpolitik. Aus dieser Zeit stammt der heutige Artikel 126   AEUV, der bereits in Kapitel 3 beschrieben wurde. Er nennt zwei wichtige Referenzwerte für die Haushaltspolitik. Danach soll die angesammelte Staatsschuld einen Anteil von 60   Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht übersteigen, und wo sie es tut, soll sich die Schuldenquote über die Zeit in Richtung auf den Referenzwert von 60   Prozent zurückbewegen. Zweitens soll die Summe der Neuverschuldung eines Jahres als Anteil am Bruttoinlandsprodukt des Staats den Referenzwert von drei Prozent nicht überschreiten. Für die Wirksamkeit der Verschuldungsgrenzen ist diese zweite Kennziffer von größerer Bedeutung. Zeitweilige begründete Ausnahmen sind erlaubt. Als Begründungdienen »außergewöhnliche Ereignisse«, die sich der Kontrolle des betreffenden Staats entziehen. Gemeint sind beispielsweise Naturkatastrophen, die kurzfristig erheblichen öffentlichen Finanzbedarf auslösen, aber auch schwere wirtschaftliche Krisen.
    Abb. 15: Deutsche Staatsschulden (in Prozent des Bruttoinlandsprodukts)
Quelle: Richard Syllas Datenbank
    Dieses Regelwerk stand unabhängig neben den diskutierten Regelungen des Grundgesetzes (Artikel 109 und 115). 244 Formal zielen die Verschuldungsbeschränkungen aus dem Vertrag von Maastricht nicht auf den Bundeshaushalt im engeren Sinne ab, sondern vielmehr auf die Schulden des ganzen öffentlichen Sektors. Die Europäischen Verschuldungsregeln beziehen dadurch nicht nur Schulden der Sozialversicherung mit ein, sondern auch die Verschuldung von Ländern und Kommunen. Auch die Größen, die als Vergleichsmaßstäbe zur Beurteilung herangezogen werden, im Grundgesetz die Bruttoinvestitionen und im E U-Vertrag das Bruttoinlandsprodukt, sind voneinander unabhängig.
    Ein Konflikt kann trotzdem auftreten. Zum einen könnte eine Bundesregierung einmal zu der Überzeugung gelangen, dass die den Anforderungen der allgemeinen Konjunktur- und Wachstumspolitik entsprechende Neuverschuldung so hoch sein muss, dass sie im Widerspruch steht mit dem Referenzwert von drei Prozent aus dem Maastricht-Vertrag. Dann müssten im Grunde zwei Rechtsvorschriften mit Verfassungsrang gegeneinander abgewogen werden.
    Zum zweiten wurde mit dem E U-Vertrag eine Schuldengrenze für den Gesamtstaat festgelegt. Es blieb dabei offen, wie die Einhaltung dieser Vorschriften im politischen Prozess der nationalstaatlichen Ebene durchgesetzt wird, wie also zum Beispiel föderale Staaten wie Deutschland die Verschuldung der verschiedenen Gebietskörperschaften untereinander koordinieren. Die Aufteilung der möglichen Neuverschuldung von bis zu drei Prozent auf Bund, Länder und Gemeinden war nicht geregelt.
    Ungeklärt war auch die Frage der Verantwortlichkeit gegenüber der EU, falls es dem Gesamtstaat nicht gelingt, das Schuldenziel einzuhalten. Damit drohte Deutschland im Falle fiskalischer Verstöße in letzter Konsequenz eine Milliardenstrafe. Wer

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