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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Zirkusdirektor trat unter tosendem Applaus in die Manege. »Ladys und Gentlemen, leider habe ich eine traurige Mitteilung zu machen. Unsere Elefantendame Tika ist krank und kann nicht auftreten. Aber freuen Sie sich mit mir auf eine Künstlerin aus dem fernen Madagaskar … Florence und ihre fabelhaften tanzenden Tauben!«
    Eine kleine Frau, auf deren Schultern Vögel hockten, kam in einem Flamencorock herein. Daniel sah Cane an. »Musste der Elefant denn ausgerechnet heute krank werden?«
    Â»Ja«, sagte Cane. »Echt blöd.«
    Einer der Yupik-Jungen versetzte ihm einen Stoß. »Genau wie du.«
    Sein ganzes Leben lang war Daniel von den Dorfkindern verspottet worden – weil er keinen Vater hatte, weil er ein kass’aq war, weil er nicht wie sie fischen und jagen konnte. Cane spielte oft mit ihm, doch das ließen die Yupik-Jungen in der Schule durchgehen, weil Cane schließlich einer von ihnen war.
    Aber die Jungen hier waren nicht aus seinem Dorf.
    Daniel sah den Ausdruck in Canes Gesicht und spürte, wie irgendwas in ihm nachgab. Daniel stand auf, wollte nur noch raus aus dem Zelt. »Moment, ich komm mit«, sagte Cane.
    Daniel versuchte, ihn möglichst gleichgültig anzusehen. »Ich komm schon allein klar«, sagte er und wandte sich ab.
    Er brauchte nicht lange, um den Elefanten zu finden, der allein an einem Pflock stand. Daniel hatte noch nie einen Elefanten aus der Nähe gesehen. Der Elefant humpelte und warf mit dem Rüssel Heu in die Luft. Daniel ging langsam auf das Tier zu. Er berührte seine Haut, sie war warm und zerfurcht, und er drückte seine Wange daran.
    Das Schönste an seiner Freundschaft zu Cane war, dass Cane ein Insider war, einer, der dazugehörte, und solange er zu Daniel stand, gehörte zwangsläufig auch Daniel dazu. Er hatte sich nie überlegt, dass es auch umgekehrt laufen könnte, dass ihre Kameradschaft Cane zum Außenseiter machen würde. Und wenn er Cane nur davor schützen konnte, ausgestoßen zu werden, indem er sich von ihm fernhielt, dann würde Daniel das tun.
    Für die Menschen, die man liebte, tat man, was getan werden musste.
    Der Elefant schwang seinen massigen Kopf zu Daniel herum. Seine dunklen Augen zwinkerten, und die weich hängenden Lippen seines Mauls bewegten sich geräuschlos. Aber Daniel verstand das Tier vollkommen, und deshalb antwortete er: Ich gehöre auch nicht hierher .

    Am nächsten Morgen war es noch dunkel, als das Frachtflugzeug erwartet wurde, das von Dorf zu Dorf flog, um die von den Mushern entlang der Rennstrecke zurückgelassenen Hunde einzusammeln. Sie wurden zurück nach Bethel geflogen, wo sie dann abgeholt werden würden.
    Willie fuhr den Pick-up seines Vetters zur Landebahn, und Trixie saß auf dem Beifahrersitz. Über den Zwischenraum hinweg hielten sie Händchen.
    Auf der Ladefläche waren alle Hunde von Alex Edmonds, Juno und Kingurauten Joseph, der zum Ärztezentrum gebracht werden sollte. Willie parkte den Pick-up und reichte dann die Hunde zu Trixie hinunter, die sie zu einem Drahtzaun führte und anband. Jedes Mal, wenn sie zurückkam, um den Nächsten zu holen, lächelte er sie an, und sie schmolz dahin, als wäre sie wieder in der Dampfhütte.
    Willie hatte sie gestern Abend, nachdem kein Dampf mehr aufgestiegen war, mit einem warmen, feuchten Lappen gewaschen. Er war mit dem Schwammersatz einfach über ihren BH und ihren Slip gefahren. Dann waren sie zurück in den kalten Raum gegangen, und er hatte sie abgetrocknet, sich vor sie hingekniet, um auch ihre Kniekehlen und die Zwischenräume zwischen den Zehen zu erreichen, ehe sie sich gegenseitig anzogen. Das Überstreifen und Zuknöpfen der Kleidung war ihr viel intimer erschienen, als Knöpfe und Reißverschlüsse zu öffnen, als könnte man so einen Menschen wieder heil und ganz machen. »Ich muss meinem Onkel die Jacke zurückbringen«, hatte Willie gesagt, aber dann hatte er ihr seine eigene gefütterte Jeansjacke gegeben.
    Sie roch nach ihm, jedes Mal wenn Trixie ihre Nase im Kragen vergrub.
    Plötzlich flammten die Lichter auf der Landebahn wie von Geisterhand auf. Trixie wirbelte herum, aber weit und breit war kein Kontrollturm zu sehen. »Die Piloten haben in den Flugzeugen eine Fernbedienung für die Beleuchtung«, sagte Willie lachend, und wirklich, kurz darauf hörte Trixie ein Motorengeräusch.
    Das landende Flugzeug

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