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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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benommen hatte, wollte sie nur noch irgendwo hingehören. Alles an Jason war richtig , von der Temperatur seiner Haut bis hin zu ihrem Puls, der im Rhythmus mit seinem schlug. Als sie das Gesicht in seine Halsbeuge drehte und ihre Lippen auf sein Schlüsselbein presste, überlegte sie fieberhaft, ob sie ihm ihr Gesicht zuwenden sollte, ehe sie es tat. Sie erinnerte sich daran, was Moss gesagt hatte: Ich dachte, du wärst fertig mit ihr .
    Als Jason sie küsste, schmeckte er nach Rum und Unentschlossenheit. Sie erwiderte seinen Kuss, bis der Raum anfing, sich zu drehen, bis sie nicht mehr wusste, wie viel Zeit vergangen war. Sie wollte in alle Ewigkeit so bleiben. Sie wollte, dass die Welt um sie herum wuchs, ein Hügel in der Landschaft, auf dem nur Veilchen blühten, denn so etwas passierte, wenn die Erde fruchtbarer war, als ihr guttat.
    Trixie lehnte die Stirn an Jasons. »Ich kann noch ein Weilchen bleiben«, sagte sie.

    Daniel träumte von der Hölle. Da waren ein Eissee und ein Streifen Tundra. Ein Hund war an eine Eisenstange gebunden, hatte die Schnauze in einem Teller Fischsuppe. Da war ein schmelzender Schneeberg, aus dem Plastikverpackungen, leere Pepsidosen, ein kaputtes Kinderspielzeug lugten. Er hörte das hohle Klatschen eines Basketballs auf dem glitschigen Holzplankenweg und das Flattern einer grünen Plane über einem Snowmobil. Er sah einen Mond, der zu spät noch am Himmel hing, wie ein Betrunkener, der nicht bereit ist, den besten Platz an der Theke aufzugeben.
    Ein lauter Knall weckte ihn schlagartig, und er merkte, dass er noch immer allein im Bett lag. Es war drei Uhr zweiunddreißig. Er trat in den Flur und machte im Gehen überall Licht an. »Laura?«, rief er. »Bist du das?«
    Der Parkettboden unter seinen nackten Füßen war kalt. Im Erdgeschoss schien alles normal, doch als er in die Küche trat, rechnete er fast damit, einen Einbrecher zu überraschen. Eine alte Vorsicht stieg in ihm auf, eine instinktive Erinnerung an Angriff oder Flucht, von der er geglaubt hatte, sie längst vergessen zu haben.
    Es war niemand im Keller, im Gästebad oder Esszimmer. In der Diele merkte er, dass Trixie offenbar doch nach Hause gekommen war: Ihre Jacke war da, und ihre Stiefel lagen auf dem Steinboden.
    Â»Trixie?« rief er und ging wieder nach oben.
    Sie war nicht in ihrem Zimmer, aber als er im Bad nachsehen wollte, war die Tür verschlossen. Daniel rüttelte an der Klinke, aber niemand öffnete. Er warf sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen, bis die Tür schließlich aufsprang.
    Trixie kauerte zitternd in der Ecke zwischen Wand und Dusche. »Baby«, sagte er und kniete sich vor sie. »Bist du krank?« Trixie drehte sich in Zeitlupe um, als hätte sie ihn am wenigsten erwartet. Ihr Blick war leer, die Augen von Mascara verschmiert. Sie trug irgendwas Schwarzes, Durchsichtiges, das an der Schulter zerrissen war.
    Â»Oh, Daddy«, sagte sie und fing an zu weinen.
    Â»Trixie, was hast du denn?«
    Sie öffnete den Mund, presste die Lippen dann jedoch zusammen und schüttelte den Kopf.
    Â»Sag mir, was passiert ist«, sagte Daniel und nahm sie in die Arme, als wäre sie wieder ein kleines Kind.
    Trixies Hände waren ineinander verknotet, zuckten zwischen ihnen wie ein Herz, das sich losgerissen hat. »Daddy«, flüsterte sie. »Er hat mich vergewaltigt.«



2
    Sie hatte seinen Kuss erwidert. Offenbar waren sie beide kurz eingeschlafen, denn als Trixie erwachte, war er über sie gebeugt und küsste ihren Hals. Überall, wo er sie berührte, brannte ihre Haut lichterloh.
    Sie wurde zurück in die Gegenwart gerissen, als ihr Vater sich zum Heizungsregler am Armaturenbrett vorbeugte. »Ist dir zu warm?«
    Trixie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Alles in Ordnung.« Aber das stimmte nicht, nicht mehr, überhaupt nicht.
    Daniel fummelte noch einen Moment an dem Regler herum. Das war der Albtraum eines jeden Vaters, einer jeden Mutter. Dein Kind leidet. Wie schnell kannst du alles wiedergutmachen?
    Und was, wenn du es gar nicht kannst?
    Unter den Reifen hörte er den Namen, den er nicht mehr aus dem Kopf bekam, seit er Trixie im Bad gefunden hatte.
    Wer hat dir das angetan?
    Jason. Jason Underhill.
    In einem Anfall schierer Wut hatte Daniel eine Seifenschale gegen den Badezimmerspiegel geschleudert. Trixie hatte aufgeschrien und so heftig gezittert, dass er endlose

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