Schuldig

saßen ein paar Jungs mit runtergelassener Hose und versteinerter Miene an einem Tisch, während ein Mädchen unter dem Tisch kauerte und einem von ihnen einen blies – und alle mussten raten, wer der Glückliche war.
    Â»Regenbogen« war eine Kombination. Etliche Mädchen bekamen verschiedenfarbige Lippenstifte, ehe sie Oralsex mit den Jungs hatten. Derjenige, der am Ende die meisten Farben vorweisen konnte, hatte gewonnen.
    Es hat nichts zu bedeuten , hatte Zephyr gesagt, nachdem einer der älteren Schüler sie mit sich zur Couch gezogen hatte.
    Ein Junge kann dir nicht wehtun, wenn du es nicht zulässt.
    Â»Hi.«
    Trixie wandte sich um, und ein Junge stand dicht vor ihr. Ȁhm«, sagte sie. »Hi.«
    Â»Hast du Lust … dass wir uns hinsetzen?«
    Er war blond, wo doch Jason so dunkel gewesen war. Er hatte braune Augen, keine blauen. Sie merkte, dass sie ihn nach dem beurteilte, was er nicht hatte.
    Sie stellte sich vor, was passieren würde, wenn Jason hereinkam und sah, wie sie es irgendwem besorgte. Sie fragte sich, ob er sie auf Anhieb erkennen würde. Ob der Pflock durch sein Herz genauso schmerzen würde wie der, den Trixie jedes Mal spürte, wenn sie ihn mit Jessica Ridgeley zusammen sah.
    Sie atmete tief durch und führte den Jungen – wie hieß er, und spielte das überhaupt eine Rolle? – zu einer Couch. Sie griff nach einem Bier auf dem Tisch neben ihnen und trank die Flasche auf ex. Dann kniete sie sich zwischen die Beine des Jungen und küsste ihn. Ihre Zähne stießen gegeneinander.
    Sie öffnete ihm den Gürtel und blickte lange genug nach unten, um zu sehen, dass er Boxershorts trug. Sie schloss die Augen und versuchte, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn der Bass der Musik durch die Poren ihrer Haut dröhnen könnte.
    Seine Hand griff ihr ins Haar, zog sie nach unten, Kopf auf den Richtblock. Sie roch ihn und hörte irgendwen woanders im Raum stöhnen, und dann war er in ihrem Mund, und sie stellte sich vor, dass die Goldsprenkel auf ihren Lippen ringförmig an ihm kleben blieben wie Feenstaub.
    Trixie würgte, riss sich los und wich zurück. Sie hatte noch seinen Geschmack im Mund, und sie stürmte durch das tosende Wohnzimmer hinaus nach draußen, gerade noch rechtzeitig, ehe sie sich in Mrs. Santorelli-Weinsteins Hortensien erbrach.
    Vielleicht bedeutete es wirklich nichts, wenn man rumknutschte, ohne dass dabei Gefühle im Spiel waren … aber dann warst du selbst auch bedeutungslos. Trixie fragte sich, ob mit ihr etwas nicht stimmte, weil sie nicht wie Zephyr sein konnte – so cool und unbekümmert, als wäre sowieso alles egal. Wollten Jungs das wirklich so? Oder dachten die Mädchen nur, dass Jungs es so wollten?
    Trixie wischte sich mit zitternder Hand den Mund ab und setzte sich auf die Verandastufen. Ein Stück entfernt wurde eine Autotür zugeknallt. Sie hörte die Stimme, die sie ununterbrochen verfolgte, bis sie abends einschlief. »Mensch, Moss. Die ist vierzehn . Komm, wir fahren nach Hause.«
    Trixie starrte auf den Bürgersteig, bis Jason auftauchte, vom Lichtschein einer Straßenlampe umhüllt, während er neben Moss auf Zephyrs Haus zuging.
    Sie fuhr herum, holte den Lippenstift aus der Tasche und trug ihn frisch auf. Er glitzerte im Dunkeln. Er fühlte sich an wie eine wächserne Maske, als wäre nichts von all dem real.

    Laura hatte angerufen und gesagt, da sie ohnehin am College war, würde sie länger bleiben und längst fällige Hausarbeiten korrigieren. Vielleicht würde sie sogar im Büro übernachten.
    Du kannst doch auch zu Hause arbeiten, sagte Daniel, wo er doch eigentlich fragen wollte: Wieso klingst du so, als hättest du geweint?
    Nein, hier schaff ich einfach mehr , antwortete Laura, wo sie doch eigentlich sagen wollte: Bitte stell keine Fragen .
    Ich liebe dich , sagte Daniel, aber Laura antwortete nicht.
    Wenn dein Lebenspartner fehlte, war das Bett nicht mehr dasselbe. Auf der anderen Seite war ein kosmisches schwarzes Loch, an das man sich nicht zu nah heranrollen durfte, sonst stürzte man in einen Abgrund der Erinnerungen.
    Daniel hatte immer geglaubt, wenn einer in dieser Ehe fremdgehen würde, dann er. Laura hatte nie irgendetwas Ungehöriges getan. Er dagegen konnte auf eine lange Reihe rebellischer Geschichten zurückblicken, von denen eine ihn ganz sicher irgendwann ins Gefängnis gebracht