Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
würden, und über die BΘΠ-Party, für deren karibische Nacht eine Lkw-Ladung echten Sandes organisiert worden war. Sie zottelten gemächlich aus dem Raum, hatten Lauras Seminar schon fast vergessen.
    Laura musste sich nicht auf die nächste Sitzung vorbereiten. Sie lebte jede Veranstaltung, die sie gab. Sei vorsichtig mit deinen Wünschen , dachte sie. Es könnte sein, dass sie in Erfüllung gehen.
    Vor sechs Monaten war sie vollkommen sicher gewesen, dass sie das Richtige tat. Diese Liaison erschien ihr ganz natürlich, sie zu unterbinden wäre ein größeres Verbrechen, als sie auszuleben. Wenn seine Hände sie erkundeten, verwandelte sie sich: Aus der kopflastigen Professorin wurde eine Frau, bei der zuerst das Gefühl kam und dann das Denken. Doch wenn Laura sich jetzt klarmachte, was sie getan hatte, hätte sie die Schuld am liebsten auf einen Gehirntumor geschoben, auf einen Anfall von Wahnsinn, auf alles, nur nicht auf ihren Egoismus. Jetzt ging es ihr nur noch um Schadensbegrenzung: Sie wollte die Sache beenden und rasch wieder in den Schoß ihrer Lieben zurückkehren, ehe sie merkten, wie lange sie weg gewesen war.
    Als der Raum leer war, schaltete Laura das Deckenlicht aus. Sie tastete in ihrer Tasche nach den Büroschlüsseln. Verdammt, hatte sie sie in ihrer Computertasche gelassen?
    Â»Das Böse ist interessant.«
    Laura wandte sich um, hatte die weiche Südstaatenintonation von Seth Dummerstons Stimme sofort erkannt. Er stand auf und reckte sich. »Vielleicht weil es so oft heimlich geschieht.«
    Sie musterte ihn kühl. »Du bist während des Seminars eingeschlafen.«
    Â»Ist gestern spät geworden.«
    Â»Und wessen Schuld ist das?«, fragte Laura.
    Seth sah sie an, so wie sie ihn früher angesehen hatte, dann beugte er sich vor, und sein Mund glitt federleicht über ihre Lippen. »Verrat du’s mir«, flüsterte er.

    Trixie bog um die Ecke und sah sie: Jessica Ridgeley mit ihren langen blonden Haaren und der Haut einer Dermatologentochter stand an der Tür des Sprachlabors und küsste Jason.
    Trixie wurde zum Fels, um den herum sich das Schülermeer teilte. Sie beobachtete Jasons Hand, die in die Gesäßtasche von Jessicas Jeans glitt. Sie konnte das Grübchen in seinem linken Mundwinkel sehen, das nur erschien, wenn er aufrichtig war.
    Erzählte er Jessica gerade von seinem Lieblingsgeräusch, dem dumpfen Schlagen der Wäsche, wenn sie im Trockner herumwirbelte? Dass er manchmal am Telefon vorbeikam und dachte, wie schön es wäre, wenn sie anriefe, und es prompt geschah? Dass er einmal, mit zehn Jahren, einen Kaugummiautomaten aufgebrochen hatte, weil er wissen wollte, wo die eingeworfenen Münzen landeten?
    Hörte sie ihm überhaupt zu?
    Plötzlich fasste jemand Trixie am Arm und zog sie den Flur hinunter zur Tür hinaus auf den Schulhof. Sie roch den beißenden Schwefelgeruch eines Streichholzes, und sogleich klemmte eine brennende Zigarette zwischen ihren Lippen. »Inhalieren«, befahl Zephyr.
    Zephyr Santorelli-Weinstein war Trixies älteste Freundin. Sie hatte riesige Rehaugen und olivfarbene Haut und die coolste Mutter der Welt, die ihr Räucherstäbchen für ihr Zimmer kaufte und sogar mitging, als sich ihre Tochter ein Nabelpiercing machen ließ. Zephyr hatte auch einen Vater, aber der lebte in Kalifornien bei seiner neuen Familie, ein Thema, das Trixie geflissentlich mied. »Was hast du nächste Stunde?«
    Â»Französisch.«
    Â»Madame Wright ist doch total senil. Komm, wir machen blau.«
    Die Bethel High musste sich kaum Sorgen um Schulschwänzer machen, nicht etwa, weil das Lehrangebot so interessant war, sondern weil es außerhalb der Schule so gut wie nichts gab, was für die Schüler irgendwie verlockend gewesen wäre. Trixie ging neben Zephyr die Zufahrtstraße zur Schule hinunter, die Köpfe gegen den Wind geneigt, die Hände tief in den Taschen ihrer Jacken. Der Schnitt am Handgelenk blutete nicht mehr, tat aber in der Kälte weh. Trixie fing unwillkürlich an, durch den Mund zu atmen, weil sie selbst auf diese Entfernung den gasigen Geruch nach faulen Eiern roch, der von der Papiermühle im Norden herüberwehte, dem größten Arbeitgeber in Bethel. »Ich hab gehört, was in Psycho passiert ist«, sagte Zephyr.
    Â»Na toll«, murmelte Trixie. »Jetzt denken alle, ich bin ein Loser und ein Freak

Weitere Kostenlose Bücher