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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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gewesen.
    Da begreift der Verwalter, dass er Herr der Situation werden muss.
    »Ich kümmere mich um das hier, Frau Nilsson«, sagt er. Er versucht, so gebieterisch wie möglich zu klingen.
    »Es ist wohl das Beste, wenn Sie in Ihre Wohnung hinuntergehen.«
    Dafür erhält er einen beleidigten Blick, Frau Nilsson beißt die Zähne zusammen, sagt aber nichts und rührt sich auch nicht von der Stelle. Der Verwalter sieht ein, dass sie nicht daran denkt, freiwillig zu gehen.
    In Martins Wohnung herrscht das Chaos. Überall liegen Flaschen herum, und alle scheinen leer zu sein. Als der Verwalter einige Schritte in die Diele macht, stolpert er über eine Bierdose. Es riecht sauer, und der Gestank ist widerlich. Die Tür zum Badezimmer steht weit offen. Jemand hat ins Waschbecken gekotzt, und überall finden sich Spuren von Erbrochenem. Im Wohnzimmer sind die Jalousien heruntergelassen, und die Luft zittert von Zigarettenrauch, Alkoholmief und menschlichen Ausdünstungen. Man kann nur schwer atmen.
    Anfangs hat der Verwalter Mühe, etwas im Halbdunkel zu erkennen, aber die Augen gewöhnen sich schnell. Schockiert sieht er sich um. Etwas Derartiges ist ihm noch nie zu Gesicht gekommen. Das ist keine Wohnung mehr, die zivilisierte Menschen beherbergt. Das ist eine unsägliche Drecksbude, bis obenhin voller Abfall, und die Männer, die sich hier aufhalten, sind lebender Abschaum. Den Verwalter schaudert es. Er will weg von hier.
    Plötzlich beginnt sich ein Bündel, das auf dem Sofa in der Ecke des Zimmers liegt, zu bewegen. Es ist Leonard. Er stützt sich auf den Ellbogen und blickt verwirrt umher.
    »Haben wir Gesellschaft bekommen?«, grunzt er. »Ist es das Wiesel? Kommt er mit Nachschub?«
    »Halt den Mund«, brüllt Martin. »Es ist der Hausverwalter.«
    Leonard sinkt aufs Sofa zurück. Dann wendet er ihnen enttäuscht den Rücken zu.
    Der Spatz ist auch zu Bewusstsein gekommen und kriecht aus einer Decke, die er um sich gewickelt hat. Er liegt an der Heizung, dort ist es am wärmsten.
    »Der Verwalter«, piepst er, und man hört, wie die Stimmbänder Widerstand leisten. »Was zum Teufel will der hier?«
    Die Frage bleibt in der abgestandenen Luft hängen. Es gibt nichts mehr zu sagen. Der Verwalter dreht sich voller Ekel um. Dann erblickt er Frau Nilsson, die sich bis zur Zimmertür vorgewagt hat. Ihre Augen leuchten. Das ist mehr, als sie zu hoffen gewagt hat. Obwohl sie ihre Augen verdreht und sich in jeder Art empört, kann sie nicht verhindern, dass die Schadenfreude hervorleuchtet.
    Der Verwalter schüttelt angewidert den Kopf. Was sind das denn für Menschen, die er in eine seiner Wohnungen gelassen hat? Wenn die Häuser einen schlechten Ruf bekommen, fallen sie im Wert. Der Verwalter räuspert sich, und alle im Zimmer spitzen die Ohren.
    »Dies ist ein klarer Vertragsbruch«, beginnt er entrüstet. »Es handelt sich um grobe Verwahrlosung.«
    Die Obrigkeit und die Macht haben gesprochen. Deshalb vergehen die Worte nicht in dem folgenden Schweigen, sondern gewinnen an Stärke. Alle verstehen mehr oder weniger, was die Äußerung bedeutet. Sogar Leonard bewegt sich unruhig auf dem Sofa. Der Spatz hustet hohl, sagt aber nichts. Frau Nilsson ist bemüht, das Gefühl des Triumphs zu verbergen.
    Nur Martin lächelt. Er ist immer noch ungekämmt und genauso schlampig gekleidet, er wirkt aber nicht mehr verwirrt und hat plötzlich eine aufrechte Haltung. Sein Rücken ist gerade und nichts an ihm deutet darauf hin, dass er sich geschlagen oder eingeschüchtert fühlt. Im Gegenteil. Wider aller Vernunft, sieht es so aus, als fühlte er sich erleichtert.
    Der Verwalter blickt ihn erstaunt an.
    »Da gibt es nichts zu lachen«, sagt er.
    Martin schüttelt amüsiert den Kopf. Dann zeigt er dem Verwalter und Frau Nilsson ein noch breiteres Lächeln.
    »Das Fest ist zu Ende. Ich lache, weil es eigentlich gar nicht so nett war.«
    Das klingt wie eine Unverschämtheit. Das Gesicht des Verwalters erstarrt zu Eis. So ein widerspenstiges Benehmen braucht er nicht zu schlucken. Der Kerl muss aus dem Haus.
    »Sie sind hiermit gekündigt.« Dem Verwalter gelingt es mit Mühe, der Stimme den richtigen formellen Ton zu geben. »Aufgrund von Beschädigung und Verwahrlosung. Mit augenblicklicher Wirkung.«
    Jetzt kommt auch der Spatz langsam zur Besinnung. Als die Decke, in die er sich gewickelt hat, halb zu Boden rutscht, wird ein von Unterernährung gekennzeichneter, eingefallener Brustkorb sichtbar.
    »Quatsch«, piepst der Spatz. »Du

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