Schule der Leidenschaft. Ein erotischer Roman
dunkelblauen Strickjacke schien sie keine andere Kleidung zu besitzen. Ob es regnete oder ein strahlend schöner Sommertag war: Silvana erschien in ihren „adidas“-Gummischlappen und einem Exemplar aus ihrer Schürzensammlung. Sie besaß Kittelschürzen mit Streifen, mit geometrischen und floralen Mustern, unifarbene und sogar eine besonders neckische fliederfarbene mit Polyacrylrüschen.
So unmöglich man ihr Alter schätzen konnte, so unmöglich war es zu entscheiden, ob sie schön oder hässlich war. Die schwarzen Haare wiesen keine Spur von Grau auf, und die Haut spannte sich faltenlos über dem unbewegten Gesicht, dessen Züge kaum erinnerbar waren.
Obwohl sie Silvana beinahe täglich zu Gesicht bekamen, würden sie vermutlich an ihr vorbeigehen, sobald sie sie in anderer Umgebung und anderer Aufmachung träfen, hatte Fabrizio einmal in einem Moment der Nachdenklichkeit festgestellt.
Ernesto selbst erschien unregelmäßig, meist um die Mittagszeit und schlug nie die Einladung zum Essen aus. Er erledigte alle Einkäufe und kleinere Reparaturen, die anfielen. Das Geld, das Fabrizio jede Woche in die festen braunen Briefumschläge für Silvana und Ernesto steckte, die Unterhaltskosten für die Locanda und die Lebensmittel ließen genug von den Kursgebühren übrig, um sich inzwischen zu einem erfreulichen Stapel Banknoten in dem kleinen, antiquierten Safe in Onkel Ugos Büro angesammelt zu haben.
Demnächst müssten sie sich endlich um ein Bankkonto bei einer Bank ihres Vertrauens kümmern, aber Angelina hatte diese Entscheidung immer wieder aufgeschoben.
„Es beruhigt mich zu wissen, dass unser Geld ganz real und in greifbarer Nähe ist“, meinte sie und strich liebevoll über das dunkle Metall des Geldschranks.
Nach dem ersten Erfolg hatten sie ihr Angebot ausgeweitet. Es gab inzwischen auch zweitägige Kochkurse und solche „Nur für Frauen“, die erstaunlich gefragt waren. Offenbar versprachen sich viele frustrierte Ehefrauen und Freundinnen wahre Wunder von der Cucina erotica .
„Wenn wir nach dem Ferragosto mit Trüffelkochkursen beginnen, können wir die Teilnehmergebühren noch weiter anheben. Jeder weiß, dass Trüffel eine teure Angelegenheit sind. Da werden alle bereit sein, den Luxus entsprechend zu bezahlen“, schlug Angelina vor.
Fabrizio zog ein Gesicht, widersprach aber nicht. Er musste ja nicht mitessen, und sie hatte Recht: Ihre Klientel zahlte die exorbitanten Preise, ohne mit der Wimper zu zucken.
Draußen knirschte der Kies unter Autoreifen. Ein fremder Wagen mit leise schnurrendem Motor. Selbst die Autotüren, die gerade zugeschlagen wurden, gaben nur ein leises Plopp von sich. Harte Absätze auf den Steinstufen, dann die Türglocke.
Fabrizio runzelte fragend die Stirn. „Erwartest du jemanden?“
„Nein, du?“
„Nicht dass ich wüsste.“
Neugierig folgte sie ihm zur Tür. Das gut gekleidete Paar auf den Stufen hatten sie noch nie gesehen. Journalisten? Oder Touristen, die noch nicht wussten, dass Onkel Ugos Locanda inzwischen nur noch Kursteilnehmer beherbergte. Neben denen der mehrtägigen Kurse gab es auch immer mehr Abendkursgäste, die es vorzogen, erst am nächsten Morgen abzureisen.
Silvana kam an solchen Tagen früher und bereitete inzwischen selbständig das Frühstücksbüfett vor.
„Hallo, wir sind Sandra und Pietro Caselli. Das ist wirklich eine wunderbare Lage hier. Sie sind zu beneiden.“ Die träge Stimme mit dem kaum merklichen kalabrischen Akzent klang angenehm kultiviert.
Angelina starrte gebannt auf den Mann, der gerade seine Sonnenbrille abnahm und beiläufig in die Brusttasche seines dunkelroten Freizeithemds steckte. Dazu trug er Sommerjeans und helle Ledermokassins. Das schwarze Haar war eine Spur zu lang, aber die glänzenden Wellen betonten eher die skulpturenhafte Härte seiner Züge, die durch ein Netz von Lachfältchen um die Augen gemildert wurde.
Sein schläfriger Gesichtsausdruck täuschte nicht darüber hinweg, dass die dunklen Raubtieraugen unter den schweren Lidern hellwach jedes Detail seiner Umgebung musterten. Er entdeckte sie hinter Fabrizios Schulter in der Dämmerung des Hausflurs, und augenblicklich fixierte sein Blick sie, glitt über sie, erst automatisch, dann mit erwachendem Interesse.
Der klassisch geschnittene Mund verzog sich zu einem charmanten Lächeln, das perfekte Zähne sehen ließ. Es spiegelte sich auch in den dunklen Augen wider.
„Sie sind sicher die berühmte Angelina Ceretti, die Erfinderin der
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