Schule der Liebe
Sloane auf die Kreuzung zu, wo die Jermyn Street und die St. James's Street. aufeinandertrafen.
Morgana lehnte sich gegen die verriegelte Ladentür und stöhnte.
„Ich habe Sie schon wieder in Schwierigkeiten gebracht, nicht wahr, Miss Hart?", sagte Lucy kleinlaut. „Sie hätten nicht hierherkommen dürfen."
Für ihren Leichtsinn sollte Lucy sich nicht verantwortlich fühlen. Deshalb tätschelte Morgana dem Mädchen begütigend den Arm. „Mr. Sloane hat uns ja vor ernsten Schwierigkeiten bewahrt. Er wird eine Droschke finden, und dann werden wir bald zu Hause sein."
Sie widerstand der Versuchung, den Kopf aus dem Eingang zu strecken, um Sloane hinterherzuschauen. Eigentlich müsste sie sich schämen, weil er sie in dieser Gegend ertappt hatte. Was musste er nun von ihr denken? Erst der Kampf im Park, und nun zeigte sie sich auch noch an einem Ort, an den keine ehrbare Frau nachmittags einen Fuß setzen würde. Doch um ehrlich zu sein, war sie unsäglich erleichtert gewesen, ihn zu sehen.
Das Gespräch mit der Bordellbesitzerin war nicht gut verlaufen. Die Frau hatte die Frechheit besessen, Morgana Gewalt anzudrohen, wenn sie sich je wieder bei ihr blicken ließ. Mrs. Rice, wie die Leiterin des Etablissements hieß, glaubte, dass Morgana selbst ein Bordell eröffnen wollte. Wie entsetzlich! Die Aussicht, Konkurrenz zu bekommen, hatte die Frau sehr aufgebracht. Darüber hinaus hatte sie Morgana vorgeworfen, sie habe ihr Lucy, ihr neues Mädchen, abtrünnig gemacht. Nach diesem schrecklichen Gespräch hatte Morgana befürchtet, Mrs. Rice könnte ihre Drohung wahr machen und ihnen irgendeinen hünenhaften Mann fürs Grobe hinterherschicken.
Doch bei Sloanes Anblick waren ihre Ängste verflogen. Sie wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte. Er würde dafür sorgen, dass sie sicher nach Hause kamen, und den Vorfall keinem Menschen gegenüber erwähnen.
„Mr. Sloane ist doch der Herr aus dem Park, oder, Miss?"
„Ja. Haben wir nicht Glück, dass er uns nun schon zum zweiten Mal gerettet hat?"
Lucy nickte. Falls sie sich fragte, woher Morgana seinen Namen kannte, so ließ sie es sich nicht anmerken.
Kurz danach fuhr eine schwarze Droschke vor, und Sloane sprang heraus, um beiden jungen Frauen hineinzuhelfen.
Sobald sie sich auf der zerrissenen Lederbank niedergelassen hatten, klopfte Sloane an die Decke, und die Droschke setzte sich schlingernd in Bewegung.
„Ich möchte Ihnen nochmals dafür danken, dass Sie uns geholfen haben", sagte Morgana und meinte es diesmal ernst.
Er warf ihr unter seiner Hutkrempe hervor einen Blick zu. „Es wird mir allmählich zur Gewohnheit."
Sie konnte nicht umhin, zu lächeln, unterließ es jedoch rasch, da seine Miene streng blieb.
Er beugte sich zu ihr vor. „Wissen Sie überhaupt, welches Risiko Sie für Ihre geheimnisvolle Besorgung eingegangen sind?" Sein Blick wanderte kurz zu Lucy, die ganz in die Ecke des Fahrzeugs zurückwich.
„Es konnte mich niemand erkennen", protestierte Morgana.
Sloane hob ihren Schleier. „Sehen Sie, wie einfach es ist, Ihre Tarnung zu lüften?"
Sie zog den Schleier wieder herab und tat, als schaue sie aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Straßenhändler und Kutschen.
„Falls Sie in irgendwelche fragwürdigen Angelegenheiten verwickelt sind, Miss Hart, mochte ich es gerne wissen." Sloane machte eine Pause. „Da wir bald Nachbarn sein werden."
Rasch drehte sich Morgana wieder zu ihm uni. Sogar Lucy setzte sich etwas aufrechter hin. „Nachbarn?"
Langsam trat ein Lächeln auf Sloanes Gesicht, sodass Morganas Herz einen Sprung machte. „Ich habe das Haus neben Ihrem Anwesen gekauft."
Sie unterdrückte einen Laut der Verblüffung. Dann stimmte es also! Die Begegnung mit Sloanes Sekretär hatte in ihr die Befürchtung - oder eher die Hoffnung? - geweckt, dass Sloane neben ihr einziehen würde. Morgana schloss für eine Sekunde die Augen, dann bemerkte sie mit einem angespannten Lächeln: „Wie schön für Sie."
Sein Lachen klang nicht liebenswürdig und offen wie in der Oper, sondern geheimnisvoll. Er neigte sich nah an sie heran und senkte die Stimme. „Missfällt Ihnen diese Aussicht denn so sehr?"
Morganas Herz klopfte immer schneller. „Ich bin sicher, Sie werden einen passablen Nachbarn abgeben." Eigentlich scherzhaft gemeint, kamen ihr die Worte steif und spröde über die Lippen. Wieso besaß sie nicht wie ihre Cousine
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