Schule der Liebe
eine natürliche Gabe, die Augen niederzuschlagen und kokette Belanglosigkeiten von sich zu geben?
Sloane lehnte sich wieder zurück. „Ich werde von Orgien und anderen Ausschweifungen Abstand nehmen - ist das passabel genug?"
Morgana wollte darauf antworten, doch er fuhr fort: „Und von Ihnen erwarte ich, dass Sie sich wie eine Dame verhalten. Ich möchte nicht, dass man mir die Schuld in die Schuhe schiebt, wenn Sie sich in Schwierigkeiten bringen."
Lucy entfuhr ein gequältes Wimmern.
„Ihnen?", rief Morgana. „Ich versichere Ihnen, was ich tue, betrifft Sie nicht im Geringsten!"
„Sobald in meiner Umgebung Probleme auftreten, werden sie in der Regel mir zur Last gelegt. Ich habe keine Lust, für irgendwelche tollkühnen Pläne, die Sie im Schilde führen, verantwortlich gemacht zu werden."
Es ärgerte Morgana, dass Sloane solch eine geringe Meinung von ihr hatte. Dennoch musste sie sich eingestehen, dass ein Körnchen Wahrheit in seinen Worten steckte. Sie warf ihm einen äußerst kühlen Blick zu, obwohl er dies wegen ihres Schleiers ohnehin nicht sehen konnte. „Ich will mich bemühen, Sie zufriedenzustellen, Sir."
Er lächelte wieder, und Morgana konnte nicht verhindern, dass ihr Herzschlag für eine Sekunde aussetzte. „Sehen Sie zu, dass es Ihnen gelingt, Miss Hart", murmelte er so leise, dass sie seine Stimme eher spürte, als dass sie sie hörte.
Zwei Tage später stand Sloane vor der Tür des grauen Backsteinhauses, das äußerlich den Nachbarhäusern zu beiden Seiten bis aufs Haar glich. Bei Gott, er durfte niemals in allzu berauschtem Zustand nach Hause kommen, sonst lief er Gefahr, das falsche Haus zu betreten! Die heikle Situation, dass er direkt neben Morgana Hart wohnte, würde nicht gerade besser werden, wenn er weinselig bei ihr hereinplatzte.
Er schmunzelte, während er sich ausmalte, wie er ihre Treppe hinauftorkelte und sich versehentlich in ihr Bett fallen ließ. Doch da bestand keine Gefahr. Laster wie Spielen, Unzucht und Trinken hatte er schon seit Langem besiegt. Es mochte gelegentlich vorkommen, dass er sich betrank, aber nur, wenn er in seinen eigenen vier Wänden allein war.
Seine eigenen vier Wände. Bei diesem Gedanken hätte er am liebsten einen Freudentanz aufgeführt.
Er fragte sich, ob der Earl of Dorton schon erfahren hatte, dass sein nichtswürdiger Sohn nach Mayfair gezogen war, in sein Viertel. Sloane wünschte, er könnte das Gesicht des Earls sehen, wenn man es ihm mitteilte. Vielleicht hatte David seinem Großvater davon berichtet. Sloane hoffte, dass der junge Mann diesen Fehler nicht begangen hatte.
Je öfter Sloane seinen Neffen sah, desto sympathischer wurde er ihm. Vergangenen Abend hatten er und David sich bei Lady Beltinghams Abendgesellschaft angenehm unterhalten. Unter den Gästen waren auch Lady Hannah und ihre Eltern gewesen. Und Miss Hart.
Er und Miss Hart hatten einander höflich behandelt. Sie schien sich im Gespräch mit anderen Herren gut zu amüsieren. Was würden diese Gentlemen denken, wenn sie von ihrem Ausflug in die Jermyn Street wüssten?
Sie ging zu viele Risiken ein. Sie kam in Berührung mit Zuhältern und anderen finsteren Gestalten, die jederzeit gewalttätig werden konnten. Sobald man in die Fänge der Unterwelt geriet, war es beinahe unmöglich, ihr wieder zu entkommen. Er musste es schließlich wissen.
Da öffnete sich die Tür des Nachbarhauses, und Miss Hart trat heraus. An ihrem Arm ging eine alte Dame, die nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen schien.
Miss Hart erblickte ihn sofort. „Guten Morgen, Mr. Sloane."
Sie war strahlend schön in ihrem gelben Kleid, und ein sonniges Lächeln erhellte ihr Antlitz.
Sloane zog den Hut und verneigte sich. „Guten Morgen."
„Gestatten Sie, dass ich Sie mit meiner Großmutter bekannt mache", fuhr sie freundlich fort.
Die zerbrechliche alte Dame begann die Eingangsstufen hinabzusteigen und auf Sloane zuzugehen. Er eilte ihr entgegen, um ihr diese Anstrengung zu ersparen.
Feierlich, als befänden sie sich im Salon des Prinzregenten, sprach Morgana: „Großmama, darf ich dir Mr. Sloane vorstellen, der bald unser Nachbar sein wird?"
Miss Harts Großmutter lächelte. „Oh, wie reizend, Sie zu sehen, mein Lieber. Ist das Wetter heute nicht wunderschön?"
„Die Dowager Lady Hart, Sir", vollendete
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