Schule der Lüfte wolkenreiter1
weit rutschte. Lark versuchte zu erspüren, was das Pferd vorhatte, als es das Gewicht auf die Hinterbeine verlagerte und die Richtung änderte. Für sie lag die größte Schwierigkeit darin, das Gleichgewicht zu halten, sich auf die Bewegung zu konzentrieren und durch die Schichten von Leder, Holz und Eisen noch das Pferd zu spüren.
Doch obwohl sie noch nicht einmal zwei Jahre alt war, war Goldie bereits gut geschult. Als hätte sie Larks Angst gespürt, drosselte sie das Tempo und fiel ganz ruhig zurück in den Schritt.
»Du gutes, liebes Mädchen«, flüsterte Lark, während die Hufe auf den kahlen Boden trommelten. »Braves Mädchen!« Sie begann sich zu entspannen und bemerkte den kalt glitzernden Sonnenschein, die ersten zarten Grashalme, den ersten grünen Frühlingsflaum auf den Hecken. Vor ihr stand ihre Freundin Hester und hielt Tups Halfterleine. Goldie lief schneller, und als sie in einen langgestreckten Galopp wechselte, beugte sich Lark nach vorn über ihren Hals.
Sie drehte den Kopf und lächelte Hester zu, als sie an ihr vorbeikamen. Hester grinste zurück und winkte.
Just in dem Moment bäumte Tup sich auf und riss sich von Hester los. Mit einem Quieken, das Lark noch nie bei ihm gehört hatte, brach er aus und preschte hinter Goldie her. Lark schrie auf, und Goldie, die die Hufschläge hinter sich hörte, wurde schneller. Lark krallte sich an den Sattelknauf und rief über die Schulter: »Nein, Tup! Nein!«
Auch Hester schrie etwas, das Lark jedoch nicht verstehen konnte. Tup raste mit angelegten Ohren und wehendem Schweif hinter Goldie her. Lark hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Das Ende der Koppel lag vor ihr, dort, wo das Wäldchen auf die Hecke traf. Sie wusste nicht, ob sie mehr Angst haben sollte, unter die galoppierenden Hufe zu geraten, oder davor, was Tup täte, wenn er Goldie erreichte. Sie hielt sich verzweifelt fest und schrie: »Brrrr!«
Goldie hörte die Not in ihrer Stimme, schlidderte und hielt abrupt an. Lark verlor den Sattelknauf und die Zügel, flog in hohem Bogen über Goldies Kopf hinweg und landete rücklings mit den Füßen in der Hecke. Der Aufprall nahm ihr den Atem. Sie hörte Tups schrilles Wiehern und kniff fest die Augen zu, aus Angst, was sie wohl zu sehen bekäme, wenn sie sie aufschlug.
Selbst als sie nach Luft rang, konnte sie nur daran denken, was Meisterin Stark ihr über das Verhalten von Hengsten erzählt hatte. Wenn Tup Goldie jetzt verletzen würde? Wenn er versuchte, sie zu decken, was Kalla verhüten mochte? Oder wenn Goldie ihn trat, ihm den Flügel brach oder die Rippen oder …
Weicher, lebendiger Samt berührte erst ihre Stirn, dann ihre Wange. Sie spürte warmen, nach Hafer duftenden
Atem und hörte Tups vertrautes, tröstendes Schnauben. Sie bekam wieder Luft und öffnete die Augen.
Ihr Fohlen stand über ihr, leckte ihr Gesicht und wimmerte, damit sie aufstand und ihm zeigte, dass es ihr gut ging. Hinter ihm stand mit hängenden Zügeln Goldie. Ihre Ohren verrieten, dass sie verwirrt war.
Hester kam zu ihr gerannt und schrie atemlos Larks Namen. »Bist du in Ordnung? Sag doch was, Lark! Bist du verletzt?«
Lark verdrehte ihre Schultern. Sie hob den Arm zu Tup und stellte fest, dass wohl alles heil geblieben war. Mit einigen Schwierigkeiten befreite sie ihren Fuß aus der Hecke. »Oh, verdammt. Sieh dir meine Stiefel an!«
Bleich vor Schreck beugte Hester sich nach vorn und half ihr hoch. »Bei Kallas Fersen, Schwarz, es tut mir so leid! Er ist einfach ausgerissen! Eigentlich weiß ich doch, dass man mit einem Hengst … Aber ich … Oh, sag mir, dass du in Ordnung bist!«
Lark fing an zu lachen, auch wenn sie sich noch ein wenig schwach fühlte. »Mir geht es gut, auch wenn ich den halben Abend die Kratzer von meinen Stiefeln polieren muss … aber Tup, du böser, böser Junge, was soll ich bloß mit dir machen?«
Tup wieherte und stupste mit der Nase gegen ihre Haare.
Als Lark wieder auf den Beinen stand und beide Pferde unter Kontrolle waren, kehrte die Farbe in Hesters Gesicht zurück. Sie lehnte sich gegen Goldie und schüttelte den Kopf: »Deine Kappe ist weg, und du hast dir wohl den Rock zerrissen.«
»Das ist mir egal«, erklärte Lark. »Weder ich noch die Pferde sind verletzt.«
»Er war eifersüchtig, stimmt’s?«
Lark legte den Arm um Tups Hals. »Ja, das war er. Ich hätte es wissen müssen.«
»Wieso hättest du das wissen müssen? Ich habe lange Zeit andere Pferde geritten, bevor ich auf Goldie aufsitzen
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