Schule der Lüfte wolkenreiter1
und her, brachte Lark eine Schüssel Brühe mit Fleisch und Gemüse, half ihr, sich aufrechter hinzusetzen, und drückte ihr einen klobigen Holzlöffel in die Hand.
Lark aß die Suppe restlos auf. Wieder reichte Dorsa ihr den Blechbecher, und Lark trank ihn schnell leer. Dann hob sie die Decke an und betrachtete ihren rechten Knöchel. Er war geschient und mit einer dicken grauen Bandage umwickelt. »Wie schlimm ist es?«, wollte sie wissen.
Dorsa berührte vorsichtig die Bandage. »Scheint ziemlich schlimm«, erklärte sie. »Der Knöchel ist gebrochen.«
»Ich glaube, ich habe mir auch eine Rippe gebrochen.«
»Ja, ja«, bestätigte das Kräuterweib mit einem Nicken. Ihr dünnes graues Haar wehte um ihren Kopf. »Ich weiß auch welche, merken Sie das?« Sie bohrte Lark einen knochigen Finger in die Seite, woraufhin sie zusammenzuckte.
»Werde ich …?«, begann Lark, sank dann jedoch zurück, weil sie sich nicht traute, diese Frage zu stellen.
Dorsa grinste, und auf ihrem Gesicht bildete sich ein feines Netz von Falten. »Wieder gehen können, meinen Sie? Aber ja. Es ist nur ein gebrochener Knöchel.«
»Nein«, flüsterte Lark. Das Mittel tat bereits seine Wirkung, und ihre Augenlider wurden wieder schwer. »Nein, Dorsa, mir ist klar, dass ich wieder gehen kann. Aber kann ich auch reiten? Kann ich … werde ich wieder fliegen können?«
Dorsa legte behutsam ihre klauenartige Hand auf Larks Stirn und strich über ihre Augenlider, damit sie sie schloss. »Ja, Larkyn Hammloh, ja«, sagte sie sanft. »Sie haben doch noch Ihr kleine Figur, hm? Spüren Sie, wie warm sie auf Ihrer Haut liegt? Ihre Göttin hat Sie zu Dorsa gebracht. Sie werden wieder reiten. Ihre Gottheit beschützt Sie, aber das hat nichts mit Zauberei zu tun. Sie werden eine der größten Fliegerinnen von Oc werden, Larkyn Hammloh.«
Lark glaubte nicht wirklich an die Worte des Kräuterweibs, aber sie hörten sich wohltuend an, und die Vorstellung tröstete sie. Sie seufzte, als das Mittel, das Dorsa ihr verabreicht hatte, sie wie eine weiche Wolke umhüllte, auf der sie dahintrieb. Kurz bevor sie einschlief, sah sie Tup, der mit seiner weichen Schnauze ihre Stirn berührte und ihren Duft einsog. Diesmal gelang es ihr, ihn zu liebkosen, bevor sie das Bewusstsein verlor. Sie streichelte seine seidenweichen Lippen und wunderte sich kaum, dass die alte Dorsa ihm Zutritt in ihre Hütte gewährte.
Am Nachmittag erwachte Philippa durch das Rütteln der Kutsche aus einem tiefen Schlaf. Ihr war heiß. Hester lag immer noch zusammengerollt auf der schmalen Bank gegenüber. Das Gesicht hatte sie in einem Kissen vergraben, die Haare hatten sich aus ihrem Knoten gelöst und hingen ihr in die Stirn. Philippa verzog das Gesicht und streckte sich, um die Verspannung in ihrem Nacken zu lockern. Beneidenswert, diese jungen Leute, dachte sie. Sie können immer und überall schlafen.
Sie lupfte eine Ecke des Vorhangs. Die Farbenpracht draußen vor dem Fenster überraschte sie. Zweige mit grünen, roten und gelben Blüten hingen tief über der Stra ße. In den Hecken schwirrte es nur so von Leben, Vögel huschten durch das Astwerk, und braune Kaninchen suchten vor den trommelnden Hufen der Kutschpferde Schutz zwischen den Wurzeln der Bäume. Die Straße war schmaler und holperiger geworden. Sie mussten schon weit im Hochland sein. Der Lakai von Baronin Beeht sah die Bewegung des Vorhangs und rief dem Kutscher etwas zu. Einen Augenblick später hielt die Kutsche, der Diener öffnete die Tür und verbeugte sich vor Philippa.
Sie legte den Finger auf die Lippen. »Hester schläft noch«, flüsterte sie.
»Gewiss, Meisterin«, erwiderte der Diener. »Der Kutscher hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass wir Park Dikkers bereits passiert haben. Am Ende dieses Weges liegt der Ort Willakhiep. Vielleicht möchten Sie sich ein bisschen frisch machen, bevor wir ihn erreichen?«
Philippa warf einen Blick in den Himmel. Die Sonne hatte ihren Zenit bereits weit überschritten. »Was ist mit den Pferden?«, fragte sie.
»Sie hätten ebenfalls eine Pause verdient«, erklärte der
Mann. »Aber man hat uns gesagt, dass Sie es sehr eilig haben.«
»Das haben Sie richtig verstanden«, erwiderte Philippa. Sie kletterte aus der Kutsche, schloss vorsichtig die Tür hinter sich und streckte die Arme über den Kopf. »Ich glaube, bis zum Unteren Hof ist es noch eine Stunde von hier. Ist das zu lang für die Pferde?«
Der Kutscher blickte von seinem Sitz herunter. »Die Pferde
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