Schule der Lüfte wolkenreiter1
mit Fragen und ließ dann alles wieder zurückgehen. Gelegentlich probierte sie eine Spange an Larks Lockenmähne aus, legte dann verächtlich den unpassenden Tand auf den Tresen zurück und führte ihre kleine Gruppe in das nächste Geschäft.
Hester blinzelte Lark hinter dem Rücken ihrer Mutter zu, als sie ein Geschäft verließen und die Straße in Richtung des nächsten überquerten. »Ich habe es dir ja gesagt«, flüsterte sie, »Mamá liebt so etwas. Es ist für sie eine ähnlich große Herausforderung, wie Papá genau zu erklären, was er im Rat der Edlen zu sagen hat. Oder wie für einen Krieger, gegen einen der Alten zu kämpfen!«
»Ich fürchte nur, vor meinen Haaren muss sogar deine Mutter kapitulieren!«
Wie sich herausstellte, war Anabel ähnlich unermüdlich wie Baronin Beeht, entzückte sich lautstark über Schals und Nadeln und schlug alle möglichen Methoden vor, um Larks widerspenstige Locken zu bändigen.
Nach zwei Stunden hatte Lark das Gefühl, dass sie kein Stück weiter gekommen waren. Alles, was sie ausprobiert hatten, war wirkungslos geblieben. Hätten Anabel und die Baronin nicht etliche Kostbarkeiten für sich selbst erstanden, hätte Lark wegen des Ausflugs ein schlechtes Gewissen gehabt. Hester verdrehte die Augen, als Anabel und Mamá das nächste Geschäft anvisierten. »Auf ein Neues«, grummelte sie.
Lark wollte Hester über die Straße zum nächsten Geschäft folgen und hatte einen Fuß auf die Straße gesetzt, als ihr Blick an einem Kräuterladen hängen blieb. Im Schaufenster hing ein kleiner Fetisch, der sie an den an ihrem Wäscheschlegel auf dem Unteren Hof erinnerte. Hatte der auch so einen leuchtend gelben Rand und so strahlende Kulleraugen gehabt, als er neu gewesen war? Der ihre war abgenutzt und verblasst, doch der Anblick dieses Fetischs beschwor ein lebhaftes Bild ihrer alten Küche mit den verbeulten Töpfen, den verschlissenen Vorhängen und den intensiven Gerüchen herauf.
»Kommst du, Hammloh?«, rief Hester. »Ich komme gleich nach.« Lark winkte ihrer Freundin zu und betrat aus einer Eingebung heraus den Laden.
Der winzige Raum war bis unter die Decke mit Ware vollgestopft. Es gab Dutzende von Fetischen, deren Namen sie nicht einmal kannte. Ein Regal war ausschließlich den Götterfiguren vorbehalten; sogar ein tönerner Zito mit seinen großen, bemalten Ohren und dem ebenfalls bemalten Phallus befand sich darunter. Lark sah mindestens ein Dutzend Bilder der Zwillingsgötter Erd und Estia, die sich, wie es die Tradition vorschrieb, eng umschlungen hielten. In einer Glasvitrine fanden sich Fläschchen, Gläser und getrocknete Kräutersträußchen. Der Laden vibrierte förmlich
vor magischer Energie. Lark nahm einen Fetisch mit einem Fuchskopf in die Hand und spürte ein angenehmes Kribbeln in ihren Fingern.
Als die Besitzerin durch einen Vorhang aus dem hinteren Teil des Ladens kam, stellte Lark den Fetisch schnell wieder zurück in das Regal. Die Inhaberin war eine große, dürre Frau mit einer langen Nase, die ihre grauen Haare streng zurückgekämmt trug. Als sie Lark sah, legte sie den Kopf schief, was ihr das Aussehen eines Vogels verlieh. Selbst ihr Mund erinnerte an einen Schnabel.
»Willkommen, junge Dame«, sagte sie. »Ich freue mich immer, eine Fliegerin in meinem Laden zu empfangen. Brauchen Sie vielleicht ein Bild von Kalla für Ihren Pferdestall?« Lark schüttelte den Kopf. »Etwas Einfaches vielleicht?«
»Oh, nein«, erwiderte Lark. Sie blickte verlegen auf ihre Stiefel. »Ich wollte nur …«
Die Kräuterfrau legte den Kopf schief und senkte die Stimme. »Ah, verstehe. Brauchen Sie vielleicht ein Mittel gegen Schwierigkeiten, die Sie gerade haben?«
Lark hob ruckartig den Kopf. »Nein, natürlich brauche ich dafür kein Mittel!«, fuhr sie die Frau an.
Die Frau hob abwehrend die Hand. »Schon gut, ich habe ja nur gefragt.« Sie strich über ihre fleckige Schürze. »Au ßerdem würde Ihnen das auch nichts nützen, Kindchen. Ich habe gehört, dass die geflügelten Pferde genauso empfindlich auf solche Mittel reagieren wie auf Männer.«
Lark machte einen Schritt auf die Tür zu und wünschte, sie wäre niemals hereingekommen. »Ich war nur neugierig«, sagte sie steif. »Sie haben einen Fetisch für einen Wäscheschlegel im Fenster. Es hat mich an zu Hause erinnert.«
»Einen Schlegelfetisch?« Die Frau hob die schmalen
Brauen. »Ein Wäscheschlegel. So etwas wird hier in Oscham selten verlangt. Sind Sie vielleicht aus dem
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