Schule der Lüfte wolkenreiter1
vertrieben haben. Sie führen etwas im Schilde, und wie ich Sie kenne, ist es etwas Gemeines.«
Er kniff die Augen zusammen. »Vorsicht, Philippa.«
»Verflucht sei die Vorsicht!«, erwiderte sie gefährlich ruhig. »Wieso sollten Sie den weiten Weg ins Hochland in ein Dorf auf sich nehmen, von dem Sie vorher vermutlich noch nie gehört haben?«
Wilhelm stieß sich vom Kamin ab, ging auf sie zu und baute sich dicht vor ihr auf. Er beugte sich vor, so dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. Merkwürdig, dass sie sich als junges Mädchen nach dieser Nähe gesehnt hatte. Jetzt drehte sich ihr dabei fast der Magen um.
»Reizen Sie mich nicht, Philippa. Das wäre nicht klug.«
Sie trat einen Schritt zurück und starrte ihn an. »Sie können mich nicht wie so viele andere einschüchtern, Wilhelm. Sie haben keine Macht über mich.«
»Oh, das denke ich doch.« Er lächelte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dieses Mädchen, das mit dem kleinen schwarzen Fohlen an die Akademie gekommen ist – wie heißt sie noch gleich? Larkyn, glaube ich. Ja, genau, Larkyn Hammloh. Ihr und ihren Brüdern gehört ein wunderschöner Hof im Hochland … ein Hof mit langer Tradition. Es wäre doch eine Schande, wenn sie ihn nach all der Zeit verlieren würden.«
»Das würden Sie nicht wagen!« Philippa stemmte die Hände in die Hüften. »Das würde Friedrich nicht zulassen.«
»Mein Vater ist viel zu krank, um etwas zu unternehmen.«
»Aber der Rat der Edlen würde die Familie einer Fliegerin beschützen.«
»Diese Göre ist es nicht wert, an ein geflügeltes Pferd gebunden zu werden«, zischte er.
»Da bin ich anderer Ansicht, aber das spielt auch keine Rolle, denn sie ist bereits an das Fohlen gebunden.«
Wilhelm lächelte sie höhnisch an. »Sie spricht Hochland-Dialekt und benimmt sich wie ein Bauernmädchen.«
»Außerdem versteht sie es, auf eine Art mit Pferden umzugehen, die Sie nie begreifen werden!«
Wilhelm errötete so stark, dass die dunkelroten Flecken auf seinen Wangen selbst im dämmrigen Kerzenschein deutlich zu erkennen waren. »Sie haben überhaupt keine Ahnung, Philippa!«, stieß er schrill hervor.
»Aber, Wilhelm«, sagte Philippa sanft und lächelte unwillkürlich. »Sie sind ja eifersüchtig. Eifersüchtig auf ein einfaches Bauernmädchen.«
»Ich warne Sie, Philippa!«
»Ach was! Unsinn. Sie können mir nichts anhaben, und das wissen Sie! Denn ich bin die Reiterin eines geflügelten Pferdes, etwas, das Sie niemals werden können, und das macht den Unterschied, richtig? Darum ist es schon immer gegangen!«
Er richtete sich auf, und seine Augen funkelten wie schwarze Diamanten. »Sie gehen zu weit, Philippa. Daran werde ich mich erinnern, wenn ich erst Fürst bin. Natürlich werde ich einiges verändern, und diese Veränderungen werden auch die Akademie betreffen.«
»Warum haben Sie diesen Sattel gekauft, Wilhelm?«
Er starrte sie an. Sie erwiderte seinen Blick ungerührt, und eine ganze Weile standen sie so reglos voreinander. Schließlich richtete er den Blick zur Decke und sagte mit geheuchelter
Gleichgültigkeit: »Sie wären gut beraten, sich aus dieser Angelegenheit herauszuhalten, Pferdemeisterin.«
»Der Stammbaum eines geflügelten Pferdes ist Sache der Akademie«, erklärte sie mit Nachdruck. »Wie alles, was mit den Tieren zu tun hat.«
Wilhelm hob spöttisch die Brauen. »Also wirklich.« Er wedelte schlaff mit der Hand. »Wir interessieren uns einfach nur für unser Volk. Selbst für das aus dem Hochland.«
»Sie wollen es mir also nicht verraten?«
Statt zu antworten, ging Wilhelm zur Tür, öffnete sie, hielt sie auf und sagte dann eisig: »Vielen Dank für Ihren Besuch, Meisterin Winter. Ich werde meiner Gemahlin Ihre Grüße übermitteln.«
Philippa warf einen Blick durch die Tür und sah den Diener in der Halle stehen und neben ihm die gebeugte Gestalt von Slathan, Wilhelms persönlichem Diener, der wie immer einen Kapuzenmantel trug. Als sie an Wilhelm vorbeitrat und von dem Diener Reitmantel und Mütze entgegennahm, verbeugte sich Slathan tief und musterte sie unter seinen buschigen Brauen. Sie kehrte ihm den Rücken zu und trat hinaus in die Nacht.
»Folge ihr«, sagte Wilhelm zu Slathan, nachdem sich die Türen hinter Philippa geschlossen hatten und der Diener verschwunden war. Slathan grinste und zeigte seine langen gelben Zähne. »Ich kann doch nicht fliegen, Ihre Hoheit.«
»Sei nicht albern. Du sollst aufpassen, dass sie sofort abfliegt
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