Schule der Lüfte wolkenreiter1
Fohlen leise etwas in das kleine Ohr.
Genau wie Lark erwartet hatte, überschüttete Petra Süß sie mit Hohn und Spott wegen ihrer geschorenen Haare. Aber der Tutorin blieb nur wenig Zeit, sie zu quälen. Denn die
Mädchen würden jetzt alle, bis auf Lark, ihren ersten Flugversuch unternehmen.
Meisterin Stark blieb an Tups Stall stehen und schlug Lark vor, auf die Flugkoppel zu kommen und das große Ereignis mit anzusehen. »Es dauert noch etwas, bis Sie selbst dran sind, Larkyn«, erklärte sie ungerührt. »Ihr Fohlen ist jetzt … wie alt? Elf Monate? Er darf erst mit achtzehn Monaten mit einer Reiterin in die Luft aufsteigen. Aber Sie sollten trotzdem den anderen zusehen. Vielleicht verstehen Sie dann, warum Ihre Übungen mit dem Pony so wichtig sind.«
»Ja, Meisterin Stark«, antwortete Lark demütig. Rosella stand im Gang vor Tups Stall, und Lark vermied tunlichst, sie anzusehen.
In ihrer Freizeit waren sie und Rosella mit Schweinchen über die hintere Koppel galoppiert. Jede hatte eine Runde gedreht, während die andere aufgepasst hatte, dass kein Mädchen oder eine Lehrerin in die Nähe kamen. Herbert wusste natürlich Bescheid und verdrehte Rosella gegenüber die Augen. Aber Schweinchen gefiel es sehr. Allmählich konnte man seine Muskeln unter dem Fett sehen, seine Beine wurden kräftiger und der Hals schlanker.
»Niemand hier ist stolz auf ein fettes Pony«, hatte Herbert genuschelt. »Also behalte ich Ihr Geheimnis für mich. Sollte Meisterin Stark es jedoch herausfinden, werde ich Sie nicht verteidigen.«
Natürlich würde Meisterin Stark Larks Reitstil kritisieren. Denn sobald die Lehrerin die Koppel verließ, nahmen die Mädchen Schweinchen den Sattel ab.
Ohne den knallharten Sattel, von dem Lark ein ums andere Mal hinuntergeschleudert wurde, fühlte sich Lark wie ein anderer Mensch. Sie drückte die Hacken fest an
Schweinchens Flanken, und ihr Gesäß schmiegte sich perfekt auf die Krümmung seines Rückens. Sie hatte es sogar geschafft, Schweinchen zu einer besonderen Figur zu überreden. Doch wenn Rosella wissen wollte, wie sie das gemacht hatte, konnte Lark es nicht erklären. Sie folgte ihrem Instinkt; es war für sie so natürlich, wie eine Herde Ziegen zu hüten oder eine entflohene Henne in den Stall zurückzulocken. So leicht es ihr auch fiel, das Pony ohne Sattel zu reiten, so unmöglich schien es ihr mit diesem sperrigen Ding.
Besorgt, dass die Klasse vielleicht starten könnte, bevor sie an der Koppel angelangt war, beeilte sie sich, Tup sein neues Halfter anzulegen. Jenes, mit dem sie in der Akademie angekommen waren, war ihm zu klein geworden, selbst wenn man die Riemen auf das letzte Loch stellte. Tup maß jetzt zwölf Handbreit bis zum Widerrist, und Beine und Brust waren sehr gut ausgebildet. Er war immer noch klein, aber er sah schon mehr wie das reife Pferd aus, das er eines Tages sein würde. Der Fall seiner Mähne und seines Schweifs war lang und dicht, und seine Augen blitzten intelligent und übermütig. Voller Zuneigung streichelte Lark seine Nase, als sie das Halfter über seinen Kopf schob. »Tup«, flüsterte sie. »Du bist das schönste Pferd der ganzen Akademie, keine Frage!« Er warf den Kopf hoch, dass das Halfter klingelte, und sie lachte.
Mit der kurzen Leine in der Hand führte Lark ihn aus dem Stall zur Flugkoppel. Kaum schnupperte Tup frische Luft, bockte er übermütig. Lark ermahnte ihn, sich zusammenzureißen. Treu wie ein Oc-Hund trottete Molly hinter ihnen her. Die anderen Fohlen waren der Gesellschaft der Hunde bereits entwachsen. Ein Oc-Hund nach dem anderen zog sich in seine Hütte zurück und wartete darauf, ein
neues Fohlen zu begleiten. Molly jedoch hatte kein Heim außerhalb von Tups Stall. Die kleine Ziege folgte Tup und Lark überallhin.
Auf dem Weg zur Flugkoppel begegneten die drei Petra Süß, die gerade zu den Stallungen ging. »Ach, sieh an«, sagte Petra zu ihrer Begleiterin, »die Ziegenhirtin und ihre Herde.«
Das andere Mädchen kicherte. Lark blickte starr auf den Boden und biss die Zähne zusammen, um die scharfe Bemerkung zurückzuhalten, die ihr auf der Zunge lag. Beere trottete zu ihr, und mit ihrer freien Hand strich sie über den schmalen Kopf des Oc-Hundes. »Ja, Beere. Du bist so klug«, flüsterte sie.
Der Hund sah sie hechelnd an und verdrehte dann fast den Hals, um Petra einen Blick zuzuwerfen.
Petra rief: »Hammloh! Passen Sie auf, dass Ihre Heulsuse ruhig ist! Heute ist ein wichtiger Tag.«
Lark antwortete
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