Schule der Lüfte wolkenreiter1
Kampf mit Bürsten und Kämmen.«
Philippa verzog zwar die Lippen, aber sie verstand, was Margret meinte. Larks schwarze Locken lagen jetzt dicht am Kopf an, reichten gerade bis zur Spitze der Ohrmuscheln und umrahmten Stirn und Wangen. Die schmale Silhouette betonte ihre Augen und vollen Lippen. Dennoch …
»Wir brauchen eine Regelung, bevor irgendein anderes Mädchen auf die Idee kommt, es ihr gleichzutun«, erklärte Philippa streng.
Lark lachte kurz auf. »Niemand wird versuchen, mir etwas nachzumachen, Meisterin Winter. Meine widerspens tigen Haare entfernen mich nur noch mehr von den anderen, als es sowieso schon der Fall ist.«
Philippa lag es auf der Zunge, das Mädchen zurechtzuweisen, aber sie behielt den Tadel für sich. Sie wusste, wie es war, sich anders zu fühlen. In Larkyns zartem Alter musste dieses Gefühl noch schmerzhafter sein.
»Sind Sie nur hergekommen, um mir Ihre Haare zu zeigen, Larkyn?«, erkundigte sich Margret. Sie klang weit freundlicher als die Pferdemeisterin. »Oder haben Sie noch etwas anderes auf dem Herzen?«
Die Augen des Mädchens leuchteten, und sie fuhr sich mit der Hand durch die frisch frisierten Haare. Philippa konnte sich sehr gut vorstellen, dass diese Geste für sie schnell zur Gewohnheit werden würde. »Ja, Leiterin, es gibt noch etwas anderes.« Sie sah schüchtern zu Philippa
und dann wieder zurück zu Margret. »Ja«, wiederholte sie. »Es geht um Tup. Meisterin Stark findet das zwar nicht, aber ich – ich glaube, er ist so weit, dass er fliegen kann!«
Auf Lark hatten die Stallungen immer eine beruhigende Wirkung. Der tröstliche Geruch von Stroh und Pferd stieg ihr in die Nase, und als sie zu Tups Stall lief, begrüßte er sie mit einem leisen Wiehern und trat mit dem Huf gegen die Wand seines Stalls. »Tup! Hör auf!«, schalt sie ihn. Er hatte bereits ein Brett zertrümmert, und Herbert hatte sie deshalb ausgeschimpft. Es war keine Boshaftigkeit, das wusste sie, sondern Tup war einfach nur rastlos, auch wenn sie ihn jeden Tag auf die Weide für die Jährlinge brachte, wo er mit den anderen Fohlen auf und ab galoppieren konnte. Doch das genügte ihm offenbar nicht.
Sie schlüpfte in den Stall, legte einen Arm um seinen Hals und tätschelte mit der anderen Hand Molly. Tup war so viel gewachsen, dass Molly den Kopf leicht unter sein Kinn schieben konnte.
»Bei Kallas Zähnen, ich könnte schwören, dass er seit gestern schon wieder gewachsen ist«, erklärte Meisterin Winter. Sie und Margret Morghen standen im Gang und beobachteten Tup über die Stallmauer hinweg.
»Wie alt ist er jetzt, Larkyn?«, erkundigte sich die Lei terin.
Lark streichelte stolz über Tups glänzende Schulter. »Zehn Monate.« Sie drängte Molly zur Seite, damit die Leiterin Tups elegante gerade Beine, den gebogenen Hals und seinen seidigen, wundervoll fallenden Schweif bewundern konnte. »Der Herbst ist jetzt einen Monat alt, und Tup wurde einen Monat vor dem Tag nach dem Erdfest geboren.«
Meisterin Winter beugte sich über die niedrige Stallwand und musterte Tup prüfend. »Wie ich sehe, hat Eduard immer noch keine Entscheidung getroffen.«
»Ihm sind die Hände gebunden«, erwiderte die Leiterin.
Lark fuhr mit der Hand über Tups Hals und kitzelte ihn an der Stelle zwischen Flügel und Brust. Gehorsam hob er den Flügel, öffnete die Spitze und zeigte die seidige Membrane dazwischen.
»Ah«, murmelte die Leiterin.
Meisterin Winter sah Lark streng an. Lark wusste, dass die Pferdemeisterin verstand, was sie heimlich gemacht hatte. Aber Tup war so weit! Es war schon längst Zeit, dass er lernte, wie es sich anfühlte zu fliegen, dass er anfing, seine Flügel zu trainieren, und dass er sich darauf vorbereitete, seine Reiterin zu tragen.
»Sie müssen sich in diesen Dingen auf unser Urteil verlassen, Larkyn«, erklärte Meisterin Winter scharf. »Unsere Fohlen fliegen mit zwölf Monaten. Wenn Sie nach dem Erdfest zurückkommen, werde ich ihn mit Soni hinaufnehmen.«
»Aber Meisterin Winter! Er ist beinahe so groß wie die Jährlinge bei den Boten, und er …«
»Noch nicht«, schnitt die Pferdemeisterin ihr das Wort ab. Meisterin Winter und die Leiterin tauschten einen bedeutungsvollen Blick, den Lark nicht verstand. Sie hätte am liebsten mit dem Fuß aufgestampft und ihnen erklärt, dass sie sich irrten … Aber die beiden Frauen hatten ihr bereits den Rücken zugekehrt.
Lark fuhr zu Tup herum und legte die Stirn gegen seinen warmen Hals. Vor lauter Ungeduld
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