Schule für höhere Töchter
schon etwas ist. Das Etikett stammt aus einem recht exklusiven Hemdengeschäft auf der Madison Avenue, wo recherchiert werden wird.
In dem Raum war nichts in Unordnung. Sie ist nicht zurückgewichen, hat keine Möbelstücke umgerissen und hat sich nicht den Kopf angeschlagen wie ihr Sohn; es bleibt wirklich alles offen.«
»Einschließlich der Tatsache, daß sie bereits tot war, als sie in dem Zimmer landete, nachdem die Hunde dort fertig waren.«
»Das sagst du immer wieder. Aber wenn du jemanden in den dritten Stock eines Gebäudes schaffen willst, ohne eine Spur zu hinterlassen, ist es wahrscheinlich leichter, wenn du ihn dorthin bekommst, solange er noch lebt, und ganz bestimmt ist es einfacher, wenn es dir gelingt, ihn mit irgendeiner fadenscheinigen Geschichte dazu zu bewegen, die drei Stockwerke zu Fuße zu gehen, als daß du die Leiche den ganzen Weg schleppen mußt.«
»War sie schwer?«
»Fünfundsechzig Kilo, grob geschätzt. Man hätte sie tragen können, aber leicht wäre es nicht gewesen. Und man hätte sie auch mindestens ein Stück weit durch die Straßen tragen müssen, aber das habe ich ja schon gesagt. Wir fangen an, uns im Kreis zu drehen, was im Fall einer Krise normal ist.«
»Könnte nicht spät in der Nacht eine relativ sichere Zeit sein, um eine Leiche herumzutransportieren?« fragte Julia.
»Könnte sein, aber in New York kann man da nie sicher sein. Viele Kater schleichen sich zu jeder Tages-und Nachtzeit herum, von den Katzen ganz zu schweigen. Und dann all die Leute, die nachts arbeiten.«
»Weißt du etwas über den Zeitpunkt des Todes?«
»Nicht sehr viel. Die Autopsie wird uns darüber Auskunft geben, wenn wir Glück haben. Wenn die Leichenstarre schon eingesetzt hat, wie Dr. Green meinte, muß der Tod eine gewisse Zeit zurückliegen und sicherlich eingetreten sein, bevor die Hunde durch waren, das heißt, mindestens fünf Stunden vorher; aber ich habe noch keinen medizinischen Gutachter im Zeugenstand erlebt, der sich über die gute alte Leichenstarre absolut sicher war, und wenn doch, dann findet sich immer jemand, der ihm widerspricht. Die Räume sind geheizt, das hat Einfluß auf die Leichenstarre, wie so viele Dinge mehr.«
»Wird die Polizei zulassen, daß wir morgen wieder unterrichten?« fragte Julia.
»Das glaube ich schon. Und da es ohnehin so viele Gerüchte und Geflüster und Vermutungen geben wird, meine ich, ist es gut, so schnell wie möglich zu einer Situation zurückzukehren, die dem Normalzustand möglichst nahe kommt. Sollen wir zu Miss Tyringham gehen und mit ihr reden, wenn sie bereit ist?«
Während sie sich der Treppe und Miss Tyringhams Büro näherten, kam die Maschinerie des Morddezernats Ost in Gang. Ein Kriminalbeamter machte sich auf den Weg zu dem Hemdengeschäft, dessen Name auf dem Etikett stand, das man in der Tasche der toten Frau gefunden hatte.
Acht
D etective George Young stellte fest, daß der Name des Hemdengeschäftes, »Der Herr der Herren«, diskret über der Tür angebracht war. Als er hineinging, befand sich ein Kunde im Laden, und er wartete geduldig, bis dieser eine Young schier endlos erscheinende Diskussion über Hemdenstoffe, Streifen, Manschetten und Farben abgeschlossen hatte. Young selbst ging in irgendein Kaufhaus, wenn er ein Hemd brauchte, nannte Kragenweite und Ärmellänge und verließ es mit dem ersten Hemd, das man ihm zeigte. Die Reichen hatten wohl mehr Zeit und nichts dagegen, sie auf diese Weise zu verbringen, vom Geld ganz zu schweigen, aber Geld war zwischen dem »Herrn der Herren« und seinem Kunden ohnehin kein Thema. Der Geschäftsinhaber unterbrach seine höchst bedeutsamen Verhandlungen, musterte Young, kam offensichtlich zu der Erkenntnis, daß mit ihm kein besonders gutes Geschäft zu machen sei, und fragte, ob er etwas für ihn tun könne. »Ich warte«, sagte Young mit einer Stimme, die erkennen ließ, daß er das tatsächlich vorhatte.
Nachdem der Kunde endlich alle Alternativen bezüglich seiner Hemden ausgeschöpft hatte und gegangen war, ging Young zur Theke und ließ das Etui aufschnappen, in dem sich seine Dienstmarke befand. »Wir haben ein Etikett Ihres Geschäftes unter Gegebenheiten gefunden, die für die Polizei von Interesse sind. Vielleicht können Sie uns helfen. Der Geschäftsinhaber ist ein Mann namens Sam Meyer. Sind Sie das?«
»Ja, aber ich wüßte nicht, wie ich Ihnen helfen könnte. Ich habe viele Kunden. Da die meisten von ihnen wohlhabend sind, verschenken sie ihre
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