Schule für höhere Töchter
kennt unsere Regelungen und liebt die Schule sehr. Ihr war sofort klar, daß sie die Leiche nicht bewegen durfte, aber sie hat sich vergewissert, daß der Tod eingetreten war, etwas, das ich immer für ziemlich schwierig gehalten habe, es sei denn, man hielte dem Toten, wie König Lear, eine Feder an den Mund, und selbst das hat bei ihm nicht funktioniert. Aber Dr. Green bestätigte nicht nur den Tod, sondern auch, daß die Leichenstarre bereits eingesetzt hätte, die Frau also schon seit einigen Stunden tot war. ›Sie sollten lieber die Polizei rufen, damit sie die Sache übernehmen kann‹, sagte sie zu mir. ›Selbstverständlich unterschreibe ich den Totenschein nicht, selbst wenn ich wüßte, woran die Frau gestorben ist. Ich möchte die Leiche nicht bewegen, was jedoch offensichtlich der Polizei nicht mehr so wichtig ist, wenn die erst einmal ihren ersten sorglosen Begeisterungstaumel überstanden hat, aber ich glaube nicht, daß sie erschossen, erstochen oder erschlagen wurde. Sie könnte vergiftet worden sein, aber nicht mit einem ätzenden oder krampfauslösenden Mittel. Kopf hoch; wahrscheinlich hatte sie einen Anfall und ist eines natürlichen Todes gestorben‹, waren ihre abschließenden, freundlichen Worte.
Aber warum hier? habe ich natürlich gefragt. Dr. Green konnte mir verständlicherweise darauf keine Antwort geben. Dann kam die Polizei, und das ist der Stand der Dinge. Julia ist hergekommen und hat wie immer die Dinge in die Hand genommen. Ich weiß gar nicht, warum ich Kate um Hilfe gerufen habe, vielleicht nur, weil sie in letzter Zeit in engerem Kontakt mit Familie Jablon stand und – nun, ich weiß es nicht, jedenfalls bin ich froh, daß Sie hier sind.«
»Machen Sie sich nicht mehr Gedanken als notwendig«, hatte Reed geantwortet. »Das ist wie ein Ruf vom Berggipfel: Im ersten Moment schrecklich laut und aufmerksamkeiterregend, verebbt er dann aber zu einem unhörbaren Echo.«
»Die Zeit heilt alle Wunden, ich weiß, oder deckt sie wenigstens mit dem Narbengewebe des Vergessens zu. O Gott.«
Dann war Reed nach oben gegangen, um sich die Leiche anzusehen und mit der Polizei zu sprechen.
Nun nippte er an seinem Kaffee, lehnte sich noch weiter in seinem Sessel zurück und ging auf Julias Frage ein.
»Könnte die Leiche hierhergebracht worden sein? Ich weiß nicht, was der Gerichtsmediziner feststellen wird, aber die Antwort ist wahrscheinlich ›ja‹. Es könnte sein. Was nicht heißt, daß es so gewesen sein muß.«
»Kann man nicht feststellen, ob eine Leiche nach dem Tod bewegt worden ist?«
»Manchmal. Wenn es Blutungen gegeben hat und damit Blutflecken, die von den Wunden herrühren, wenn – ach, es gibt Hunderte von Möglichkeiten – kann man feststellen, ob eine Leiche bewegt wurde. Aber wenn ich dir über den Schädel schlagen würde, fest genug, um dich umzubringen, aber nicht so fest, daß die Kopfhaut aufplatzt, hier, zum Beispiel«, er zeigte auf Julias Kopf, »oder wenn ich dir eine Schlagader zudrückte, bis alles schwarz würde, oder andere makabre Dinge täte, und dich, wenn du tot bist, nähme und irgendwo deponierte, glaube ich nicht, daß eine medizinische Untersuchung das unbedingt nachweisen könnte, es sei denn, ich hätte den Körper nach dem Eintreten des Todes verletzt. Wunden, die nach dem Tod entstehen, sind als solche zu erkennen.
Man sollte hinzufügen«, sagte er, während er seine Kaffeetasse abstellte und sich mit einiger Schwierigkeit aus dem Sessel wand, »daß es ganz und gar nicht leicht ist, einen toten Körper zu bewegen. Im Gegenteil, es ist ausgesprochen schwierig. Abgesehen davon würde es sogar in New York, wo man sich im Laufe der Zeit an so ziemlich alles gewöhnt, auffallen, den Leuten in Erinnerung bleiben und kommentiert werden, wenn jemand eine Leiche oder auch nur eine bewußtlose Frau mit sich herumschleppt. Es bleibt also die Frage, ob sie hier umgebracht wurde oder, wie wir noch immer hoffen, hier gestorben ist.«
»Hat die Polizei irgendwelche ungewöhnlichen Hinweise entdeckt?« fragte Kate.
»Ein paar. Erstens hatte das Opfer das Etikett einer Krawatte in seiner Rocktasche.«
»Einer Krawatte?«
»So eine Art Halstuch, weißt du, wie wir Männer, die wir unseren Lebensunterhalt in der Welt der Konventionen verdienen, es tragen, wenn wir zur Arbeit gehen und manchmal auch bei anderen Gelegenheiten. Zumindest wissen wir nun, daß derjenige, nachdem sie griff, nicht auf Rollkragen als Abendgarderobe stand, was doch immerhin
Weitere Kostenlose Bücher