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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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vielen Eltern ist es heute verbreitet, sich auf das Niveau ihrer Kinder zu begeben. Sie leben nicht vor, sondern passen sich an. Auch ein heimlicher Lehrplan. Partnerschaft wird genannt, was Unterordnung aus dem Motiv der Unsicherheit, des Unwissens oder falsch verstandener Erziehungsideologie ist. Neben verzweifelten und ratlosen Eltern gibt es auch die Spezies der selbstzufriedenen, die trotz ihres Misserfolgs sich noch als erfolgreich empfinden, weil sie sich »so toll«mit ihren Kindern verstehen. Sie empfinden ihre Erziehung als richtig und über jeden Zweifel erhaben. Sie geißeln Schule und Lehrer dafür, dass sie mit ihren Sprösslingen nicht umgehen können. Wenn ein Schüler sich nicht konzentrieren kann, liegt es am Lehrer. Eltern mit solchen Vorurteilen sind schwer zugänglich und verbauen damit den Weg zur gemeinsamen, vielleicht sogar synergistischen Lösungssuche. Meine Erfahrung ist, dass bei diesen Eltern die Einsicht in die teuflische Konstellation »Verwöhnung einhergehend mit Überforderung« in der Regel scheitert. Man kann gemeinsam nicht einmal den ersten Schritt tun: die Erkenntnis des Problems, und bleibt mit der Lösung alleingelassen. Der zweite Schritt, das eigene Verhalten als Eltern verändern zu müssen, ist dann gar nicht mehr möglich. Wen wundert es noch, dass sich die Kinder solcher Eltern mit der Selbsterkenntnis und der Selbstdisziplin, die eine aktive Bewusstseins- und Verhaltensänderung erfordert, am schwersten tun.
     
    Die Geschichte, die ich jetzt erzähle, ist kein Einzelfall und steht stellvertretend für viele. Ein Schüler der 11.   Klasse kam nach der Unterrichtsstunde, in der ich den Notenstand bekannt gegeben hatte, wütend auf mich zu und verlangte, dass ich ihm statt der angekündigten mangelhaften eine ausreichende Note geben müsse. Schließlich habe er nie geschwänzt, zwar oft gefehlt, aber immer entschuldigt. Seiner Ansicht nach reichte das aus, um ihn passieren zu lassen. Während des gesamten Halbjahres hatte er nie, auch nicht nach freundlicher Aufforderung, nur ein einziges Wort gesagt, nie Hausaufgaben gemacht. Das ausgeteilte Arbeitsmaterial besaß er nicht. Einen chronologisch strukturierten Ordner zwecks Klausurvorbereitung hatte er nie angelegt. Ich fragte ihn, ob das in seiner ehemaligen Schule so üblich gewesen sei, woraufhin er heftig nickte. »Das hier ist doch unglaublich!«, stieß er noch hervor.
    Offensichtlich hatte ich ihn aus sämtlichen Träumen und aus der Realität in seiner ehemaligen Realschule gerissen. Es war selbstverständlich für ihn, dass er bei bloßer Anwesenheit ohne jegliche Beteiligung am Unterricht und häufigem entschuldigtem Fehlen eine ausreichende Note bekam. »Sie sollten sich schleunigst umorientieren«, riet ich ihm, »je eher Sie hier bei uns ankommen,desto besser für Sie.« Er hatte keine Chance, er musste die Norm erfüllen. Er sah aus, als würde er vor Wut und Empörung platzen, drehte sich auf dem Absatz herum und verließ mit hochrotem Kopf den Unterrichtsraum. Draußen hörte ich ihn weiter lautstark über die »Unverschämtheit« schimpfen. Die Geschichte ging so aus, dass ich keinen Zweifel an den gesetzten Normen ließ: Beteiligung im Unterricht, Vorbereitung des Unterrichts, schriftliche Unterlagen zur Unterrichts- und Klausurvorbereitung. In der übernächsten Stunde kam er sehr höflich auf mich zu und fragte mich, wie er seine Note noch so kurz vor den Zeugnissen, die über das Bestehen des Schuljahres entschieden, verbessern könne. Er hatte einen sehr schlechten Leistungsstand in vielen Fächern und war gefährdet. Ich bot ihm einen Vortrag an, der mindestens mit einer Drei bewertet werden müsse. Wie hart er dafür arbeiten musste, konnte ich mir unschwer vorstellen; er hatte den gesamten Stoff der letzten Wochen aufzuarbeiten, denn er besaß nicht die geringste Vorstellung davon, um was es überhaupt ging. Seine Fünf war eine Gnadenfünf. Das sagte ich ihm auch. Er hatte ein Anrecht darauf, seiner wahren Situation ins Auge zu sehen. Er nutzte die Chance, die ich ihm gab, änderte sich aber nicht nachhaltig und verließ später die Schule.
    Man kann eben nicht als ewiger Säugling durchs Leben gehen. Viele Schüler kamen in der Sekundarstufe II so an. Sie machten den Mund auf und erwarteten, dass gute Noten wie gebratene Tauben hineinflogen. Und dieser Mund war nicht hungrig. Als mein Sohn seinen akademischen Sprachtest für das Studium in Australien absolvierte, traf er auf junge Chinesen, die

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