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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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ihrer Wertehierarchie eingeordnet haben, wesentlich konzentrierter. Schulerfolg nicht verstanden als Wert an sich, sondern als Lebenschance, als Chance, das im Leben zu machen bzw. zu erreichen, was ich aus mir selbst heraus möchte. Und aus sich selbst heraus Ziele zu setzen und ihre Umsetzung zu forcieren, schließt eine hedonistische Grundhaltung aus.
    Paradoxerweise spielt heute neben der Reizüberflutung die Langeweile im Leben der Schüler eine dominierende Rolle. Auf die Frage: »Was machen Sie denn, wenn Ihnen so langweilig ist?« bekam ich oft Antworten wie: »Dann zieh ich mir was rein. Glotze, Zigarette, Bier, Computerspiel   …« oder »Ich häng so rum   …« Die Aussagen, die ich hier wiedergebe, korrelieren mit offiziellen Zahlen. So haben z.   B. die stationären Behandlungen alkoholisierter Kinder und Jugendlicher im Alter von 10 bis 20   Jahren zwischen dem Jahr 2000 und 2007 von 9514 auf 23   165   Fälle zugenommen. 1 Traurig daran ist nicht nur die Zahl an sich. Man versucht, sich den Kick zu verschaffen, die Zeit totzuschlagen, sich zu berauschen, anstatt etwas Produktives zu schaffen. Die Unfähigkeit zur Kreativität ist das Ergebnis verfehlter Erziehung und Bildungspolitik.
    Als Lehrer versucht man Konzentrationsschwierigkeiten dadurch abzubauen, dass man Methodenwechsel in den Ablauf des Unterrichts einbaut. Teamarbeit wechselt sich ab mit dem Vortragen und der Diskussion der Arbeitsergebnisse im Plenum; kurze Lehrervorträge mit Stillarbeit; kreative Phasen mit analytischen usw. Das ist auch wegen des damit verbundenen Methodentrainings sinnvoll. Dennoch ist die Einstimmung der Gruppe auf diese Norm oft schwierig. Es gibt immer irgendeinen, der Unterricht als Fun Party versteht. Das ist meist kein bewusster Vorgang. Ich habe allerdings auch bewusste Verhinderungsstrategien erlebt. Meist sind es vollkommen frustrierte, ängstliche und dabei aggressiveSchüler, die sie zu praktizieren versuchen. Nicht immer helfen Gespräche. Oft fallen solche Fälle letztlich in den Aufgabenbereich der Schulpsychologen. Der Weg dahin ist manchmal lang, sodass zunächst Lehrer und Mitschüler leiden.
    Bei der unbewusst ablaufenden Variante sitzt in der Regel ein pubertierender Teenager auf irgendeinem der Plätze in der Klasse und stillt seinen Geltungsdrang durch provokantes Auftreten. Er möchte Spaß haben, ohne aggressiv zu sein, auch auf Kosten des Lehrers, der sein Unterrichtsziel gegen diese Widerstände zu erreichen versucht. Spaß haben zu wollen ist ein häufiges Rechtfertigungsmotiv für mangelnde Konzentrationsfähigkeit und all die wirklichen Probleme, die sich hinter der Verhaltensauffälligkeit verbergen.
    Die häufigste Antwort, die auf Ermahnungen gegeben wird, lautet: »Ist doch langweilig!« Darin wird eine Grundhaltung deutlich, die angesichts des Ziels der Selbstständigkeit und der Proaktivität erschreckend ist, denn sie impliziert ein Rollenverständnis, das Selbstständigkeit und Proaktivität, das heißt Initiative statt Abwarten und Konsumieren, ausschließt. Die Eigendefinition der Schülerrolle lautet in diesem Fall: »Nun mach mal da vorne! Wir beurteilen dann, ob es uns interessiert und ob deine Bemühungen, uns etwas beizubringen, erfolgreich waren.« Die Eigendefinition der Lehrerrolle lautet: »Ich muss jeden Tag eine Vorstellung geben, von der ich hoffe, dass sie nachhaltig rezipiert wird.«
    Kein Wunder, dass Burnouts bei Lehrern so häufig sind. Ich habe die Englischlehrerin meines Sohnes erwähnt, die dieses Rollenverständnis derart internalisiert hatte, dass sie es nicht mehr hinterfragte. Ihre Bemühungen, da vorne »vorzutanzen«, wurden immer intensiver und anstrengender. Die Schüler werden bei dieser Konstellation, so weit es um die Erarbeitung der Inhalte geht, in die Passivität gedrängt. Aus dieser Passivität heraus werden sie aggressiv, drehen bei der Beurteilung des Vortanzens den Daumen nach unten und werden an der Entfaltung eigener Aktivität gehindert. Die Folge ist Frustration bei beiden Partnern, bei Lehrern und Schülern. So weit ist der Prozess nachvollziehbar. Die Konsequenz ist zunächst die Notwendigkeit, diese Rollenmuster aufzugeben.
    »Ihr müsst denken! Ihr müsst handeln! Ihr müsst begründen!Ihr müsst argumentieren! Ihr müsst euch der Kritik stellen!«, so sollte die Definition der »Schülerrolle« lauten, wenn sie der Gesellschaft der Zukunft gemäß sein soll. Dazu ist aktives konzentriertes Arbeiten notwendig. Der Lehrer wird

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