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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Geländerstangen. Zitternd richtete ich den Lichtstrahl erneut auf das Motiv am Scheitelpunkt der Pyramidendecke …
    Ich hatte mich nicht getäuscht: Eines der Krakensymbole befand sich in unmittelbarer Nähe einer Küstenlinie, die ich augenblicklich erkannte.
    Es war die Südküste Javas.

9
     
    CILACAP, 24. SEPTEMBER 201 3
     
    »Was ist? Willst du etwa noch ein Root Beer?«
    Der lockige Junge stellte das leere Glas vor sich ab und erwiderte Beccas fragenden Blick mit einem strahlenden Lächeln. Seufzend sah sich das Mädchen in der überfüllten Kneipe nach der Bedienung um. Unglücklicherweise war der Laden nicht nur gerammelt voll, die beiden jungen Indonesierinnen, die die Bestellungen aufnahmen, machten obendrein keinen sehr aufgeweckten Eindruck.
    Henry amüsierte sich dagegen nicht schlecht. Robbie mochte aussehen, als könnte er kein Wässerchen trüben, dabei hatte er es faustdick hinter den Ohren. Er hatte genau gewusst, wie er Becca und ihn ködern musste, um zu bekommen, was er wollte: einen Tisch in einer Kneipe, aus der er ohne Begleitung vermutlich umgehend hinausgeworfen worden wäre, dazu einen nicht abreißenden Strom von Gratisgetränken. Denn natürlich waren sowohl Becca als auch Henry sofort auf die geheimnisvolle Bemerkung des Jungen eingestiegen. Sie wollten wissen, was Robbies Vater unter Wasser gesehen hatte. Robbie hatte daraufhin in kinoreifer Manier einmal nach rechts und links gespäht und verschwörerisch geflüstert: »Hier ist kein guter Ort zum Reden. Ich weiß einen Platz, wo wir uns besser unterhalten können.«
    Dieser Platz hatte sich als das Sukarno’s herausgestellt, eine von bunter Leuchtreklame beworbene Kneipe kaum zwanzig Schritte die Nebenstraße hinunter. Laute Musik, Stimmengewirr und Schwaden von Tabakrauch schlugen Henry entgegen, als er die bunten Kunststoffketten vor der Eingangstür beiseiteschob. Mit Mühe erkämpften sie sich einen winzigen Tisch in einer Ecke und setzten sich. Als Henry den Jungen daraufhin zum Erzählen aufforderte, schaute dieser sich erneut misstrauisch nach allen Seiten um. Dann zog ein listiges Grinsen über sein rundes, von der Sonne gerötetes Gesicht. »Ich hab Durst«, erklärte er mit einem sehnsüchtigen Blick in Richtung Theke. »Und mit trockenem Hals erzählt es sich so schlecht …«
    Notgedrungen hatte Becca eine Bedienung herangewunken und für Robbie ein Cool Mountain Soda bestellt – Root Beer, eine penetrant süße Mischung aus Malzbier und Limonade. Henry entschied sich für eine Coke, Becca bestellte Coke Light.
    Während sie auf ihre Getränke warteten, sah sich Henry im Sukarno’s um. Es war eine typische Feierabendkneipe, wie man sie in subtropischen Regionen überall auf dem Erdball antraf: Schwitzende Männer in Unterhemden saßen an der Theke und tranken Bier oder spielten Karten. Altertümliche Deckenventilatoren durchschnitten in einschläferndem Rhythmus die stickige Luft, aus dem Hintergrund drang das ewig fröhliche Piepsen bunt leuchtender Geldspielautomaten. Es wurde gelacht und gehustet, und an einer Dartscheibe im hinteren Teil des Ladens trugen einige Angetrunkene einen lautstarken Streit aus.
    Robbie schien sich trotz seines jungen Alters in dieser Umgebung ausgesprochen wohlzufühlen. Nachdem er sein drittes Root Beer ohne abzusetzen in sich hineingeschüttet hatte, saß er zurückgelehnt in seinem Stuhl, die Hände über dem Bauch gefaltet, und grinste frech. Maximal ein weiteres Glas, beschloss Henry, dann würde der Sohn des Schatzsuchers mit der Sprache herausrücken müssen. Sollte das, was er zu erzählen hatte, interessant sein, konnte er anschließend noch eine Portion Pommes bekommen. Aber erst nach erbrachter Leistung.
    Ein Mädchen kam an den Tisch und stellte ein weiteres Cool Mountain vor Robbie ab. Der Junge griff mit glänzenden Augen danach und setzte an. Diesmal trank er nur das halbe Glas, dann ließ er es mit einem Seufzer auf den Bierdeckel zurücksinken. Offenbar war der Punkt erreicht, ab dem er selbst mit Gewalt nicht mehr vortäuschen konnte, am Verdursten zu sein.
    »Bist du nun endlich zufrieden?« Beccas Stimme bebte vor unterdrückter Ungeduld. Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie sich in der Kneipe nicht wohlfühlte, was Henry nicht weiter verwunderte. Wenn ihre Eltern tatsächlich wohlhabend waren, verkehrte sie vermutlich eher selten in Läden wie dem Sukarno’s. Ihr angewiderter Blick, als sie vor ein paar Minuten von der Damentoilette zurückgekehrt war, hatte

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