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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Tage zuvor erforscht hatten. Das Knattern der automatischen Waffe war, unterbrochen von kurzen Pausen, weiterhin zu hören. Es kam von links.
    Im Laufschritt setzten sie sich in Bewegung.
    Rasch tauchten die ersten Abzweigungen auf. Der Ursprung der Schüsse schien jedoch geradeaus vor ihnen zu liegen, daher folgten sie dem Hauptkorridor.
    Nach einer Weile, Henry schätzte, dass sie nicht mehr weit von der Halle mit den Reliefs entfernt sein konnten, kreuzte der Tunnel einen zweiten von identischer Größe. Das widerhallende Bellen der MP kam eindeutig von links. Golitzin brachte eine Markierung an und sie bogen ab.
    Der neue Korridor erwies sich als extrem kurvenreich. Nach einem guten Dutzend Biegungen hatte Henry jegliche Orientierung verloren. Befanden sie sich schon unter dem Lager mit ihren Zelten und dem S1? Oder hielten sie eher auf das Zentrum der gigantischen Stadt zu? Er wusste es nicht.
    Alle paar Schritte taten sich neue Kreuzungen auf. Manchmal bestanden sie aus kleinen fünfeckigen Räumen, die in jeder Wand eine neue Gangöffnung aufwiesen. Dadurch war die Fortsetzung des ursprünglichen Weges nicht immer klar zu erkennen. Mehr als einmal mussten sie stoppen und auf die nächste Schusssalve warten, bevor sie weiterlaufen konnten.
    Obwohl sie konsequent die Richtung einschlugen, aus der die Schüsse zu kommen schienen, befiel Henry bald ein unangenehmer Verdacht. »Kommt es mir nur so vor oder wird das Geballere immer leiser?«, erkundigte er sich flüsternd, als sie das nächste Mal haltmachten, um die Richtung zu bestimmen.
    Golitzin nickte grimmig. »Diese verdammten Tunnel – gewunden wie das Gehäuse einer Schnecke! Du denkst, du gehst nach links, und plötzlich kommst du einen halben Kilometer weiter rechts heraus.«
    Unvermittelt wehte ein einzelner, hallender Schlag durch die Korridore, verzerrt von lang nachhallenden Echos und offenbar aus weiter Ferne.
    Was folgte, war nur noch Stille.
    »Wieder eine Granate«, hauchte Eileen.
    Golitzin deutete auf eine Tunnelöffnung, die halbrechts vor ihnen lag. »Wenn ich mich nicht täusche, kam der Knall von da.«
    »Ich hatte eher den Eindruck, die Explosion kam von dort!« Lamont deutete auf einen Gang weiter zur Rechten.
    Nach kurzer Diskussion entschieden sie sich mit vier zu zwei Stimmen für den Gang, den Golitzin ausgewählt hatte. Im Laufschritt trabten sie weiter, während die Lichtkegel ihrer Helmlampen aufgeregt über Decke und Wände des Tunnels hüpften.
    An der nächsten Kreuzung mussten sie von Neuem anhalten.
    »Blin! Das war’s«, verkündete Golitzin nach kurzem Lauschen. »Es kommt nichts mehr.«
    »Der Kampf scheint endgültig vorbei zu sein«, bestätigte der Professor düster. »Wer wohl der Sieger ist?«
    »Wenn Spykers Ex-Marines gesiegt hätten, müsste man ihre Stimmen hören«, überlegte Henry.
    »Nicht unbedingt.« Eileen wiegte skeptisch den Kopf. »Gewehrschüsse tragen viel weiter als menschliche Stimmen. Selbst wenn die Soldaten einen Freudengesang anstimmen würden, könnte es sein, dass wir nichts davon mitbekämen.«
    »Und jetzt?« Morten Gray atmete keuchend. Wie die meisten hatte er seinen Parka geöffnet, ebenso die darunterliegende Jacke. In den Tiefen des Labyrinths war es etliche Grad wärmer als an der Oberfläche. »Wie geht es weiter?«
    Dr. Golitzin stützte sich schwer auf seine Krücke. Sein Gesicht war verkniffen und Henry vermutete, dass das Rennen ihm große Schmerzen bereitete.
    »Ohne Kampflärm oder eine andere Orientierungshilfe haben wir keine Chance, Spyker und seine Männer zu finden«, stellte der Russe klar. »Dieses Tunnelsystem ist riesig und wir sind zu wenige, um es systematisch zu durchkämmen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als den Rückweg anzutreten.«
    Vier Lichtkegel wippten synchron auf und ab, als alle außer Henry nickten.
    Er zögerte. Natürlich wusste er, dass jede weitere Suche sinnlos war – ebenso sinnlos wie seine anfängliche Hoffnung, hier unten auf eine Spur seines Vaters zu stoßen. Wie sollte er in einem Labyrinth, in dem man nicht einmal eine Gruppe wild um sich schießender Soldaten ausfindig machen konnte, einen einzelnen Menschen aufspüren? Falls sich Donald Wilkins überhaupt in die Tiefen des Tunnelsystems geflüchtet hatte, denn Beweise dafür gab es noch immer nicht.
    Er biss die Zähne zusammen und nickte ebenfalls.
    In gemäßigtem Tempo setzten sie sich wieder in Bewegung. Niemand sprach. Instinktiv hofften alle noch immer auf irgendein Lebenszeichen

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