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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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könnte?«, wollte Dr. Lamont wissen.
    Golitzin schüttelte den Kopf. »Bis auf wenige Ausnahmen liegen alle Antarktis-Stationen an der Küste. Die nächsten im Inland wären die russische Wostok-Station am Ufer des gleichnamigen Sees sowie Dome Concordia auf dem antarktischen Hochplateau.« Er deutete mit seinem Stock auf zwei rote Punkte, die auf der rechten Hälfte der Karte, inmitten der riesigen weißen Fläche lagen. »Beide befinden sich viele Hundert Kilometer vom letzten vermuteten Aufenthaltsort des Spyker-Teams entfernt.«
    Als habe er nur auf dieses Stichwort gewartet, erhob sich Thomas Lomac und trat vor das Whiteboard. »Trotz der großen Distanzen und der Unwägbarkeiten des Wetters hätten wir selbstverständlich längst einen Bodensuchtrupp auf den Weg gebracht«, behauptete er. »Bedauerlicherweise sind wir dafür personell momentan nicht gut genug besetzt. Darüber hinaus sind fast alle Fahrzeuge entweder für den Winter eingelagert oder andernorts im Einsatz. Die einzige Ausnahme bilden die beiden Mobile, die Professor Albrecht von Toronto aus reserviert hat. Sie stehen bereit, also wenn Sie wollen, können Sie morgen aufbrechen.« Er warf einen Beifall heischenden Blick in die Runde. »Dr. Golitzin kann wie geplant die Führung Ihres Teams übernehmen. Mr Gray hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, Sie als Funker und Kommunikationsfachmann zu begleiten. Und einen Techniker für die Fahrzeuge, den wir hier für einige Tage entbehren könnten, hätte ich auch schon im Auge. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden? Ich habe noch zu arbeiten.« Er nickte unverbindlich in die Runde und verließ den Besprechungsraum.
    »Sie dürfen es Mr Lomac nicht übel nehmen«, murmelte Dr. Golitzin und schob seinen Zeigestock zusammen. »Er ist sehr beschäftigt …«
    Henry sah dem Stationsleiter verständnislos nach. Was konnte es Wichtigeres geben, als eine Gruppe Menschen zu retten, die im antarktischen Winter verschollen waren?
    In diesem Moment spürte er erneut Eileens Hand auf seinem Arm. Sie sagte nichts, aber als er sie ansah, bemerkte Henry ihre säuerliche Miene. Augenscheinlich hielt auch sie Lomac für einen aufgeblasenen Lackaffen.
    Alles Weitere war rasch besprochen und bedurfte zum Glück keinerlei Diskussion: Sie würden am nächsten Tag aufbrechen und nach den Verschollenen suchen.
    Bei der Vorstellung, noch eine ganze Nacht lang untätig herumzusitzen, während sein Vater möglicherweise in Schwierigkeiten war, begannen Henrys Innereien vor Nervosität zu kribbeln. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie sich sofort auf den Weg gemacht, ungeachtet der anstrengenden Reise, die hinter ihnen lag. Aber natürlich war das Unsinn. Erstens dämmerte es bereits, und zweitens waren gewiss noch diverse Vorkehrungen zu treffen, bevor man sich hinaus ins ewige Eis wagen durfte.
    Sie verabschiedeten sich von Morten Gray und verließen das Crary-Labor. Golitzin chauffierte sie mit dem SnoCat zu einem lang gestreckten Wohngebäude, wo er ihnen Quartiere für die Nacht zuwies.
    Henry teilte sich ein Zimmer mit Professor Albrecht. Es lag in einem verwinkelten Schlaftrakt mit braun gestrichenen Wänden und verfügte über zwei Betten, zwei Schreibtische und ein paar Aktenschränke. Dusche und Toilette befanden sich auf dem Flur. Sie waren mit Hinweisschildern gepflastert, dass man sparsam mit dem aufwendig entsalzten Trinkwasser umgehen sollte; geduscht werden durfte nur zweimal pro Woche, und dann nur zwei Minuten lang.
    »Mach dir keine Sorgen, Henry«, ließ sich der Professor vernehmen, als er wenig später das Licht löschte. Seine Stimme klang dünn und weit entfernt, obwohl er nur zwei Meter neben Henry in seinem Bett lag. »Ich bin sicher, Donald und den anderen geht es gut. Unsere kleine Rettungsexpedition wird ihn bald aufgespürt haben, und dann erfahren wir, was es mit seiner großartigen Entdeckung auf sich hat. Wir werden vielleicht ein paar Tage länger brauchen, bis wir wissen, wo er steckt, das ist alles. Keine Bange, das schaffen wir schon.«
    Henry brummte etwas Unverständliches und schloss die Augen. Professor Albrechts gut gemeinte Worte verfehlten ihre Wirkung völlig, allen voran das Wort »Rettungsexpedition«. Henry war eigentlich in die Antarktis gekommen, um seinem Vater bei dessen neuester Entdeckung über die Schulter zu schauen und seine Freude mit ihm zu teilen. Jetzt musste er aufbrechen, um nach dem Verbleib von Donald Wilkins zu forschen – ohne zu wissen, ob er

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