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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Golitzin zog die Kapuze seines Parkas über den Kopf und ging zur Tür. »Sie verschießen pyrotechnische Leuchtkugeln. Nicht tödlich, aber Treffer aus geringer Entfernung können ausgesprochen schmerzhaft sein.«
    »Wollen Sie etwa behaupten, in keiner dieser Kisten befindet sich ein anständiger Revolver?«, vergewisserte sich Eileen ungläubig. »Was für eine beschissene Expedition ist das hier?«
    »Sie vergessen, wo wir uns befinden, Gnädigste.« Ein eisiger Windstoß pfiff durch den Innenraum, als der Russe die Tür aufzog. »Wie ich Ihnen bereits erklärt habe, gibt es in der Antarktis keinerlei Raubtiere. Die Wahrscheinlichkeit, hier auf andere Menschen zu stoßen – ausgenommen in einer der Stationen –, geht ebenfalls gegen null. Wozu also eine Waffe mit in die Antarktis bringen?« Er wies hinaus in die Kälte. »Abgesehen davon ist die Einfuhr von Waffen und militärischem Gerät durch den Antarktisvertrag von 1959 gesetzlich verboten.«
    Eileen erwiderte nichts mehr. Die Signalpistole in der einen, die Taschenlampe in der anderen Hand, sprang sie aus dem Gefährt. Henry folgte dichtauf.
    Draußen trafen sie auf Lamont, Morten Gray und Lincoln, die sich ebenfalls mit Taschenlampen bewaffnet hatten. Mittlerweile war es ziemlich dämmrig, wenngleich noch nicht völlig finster. Die Ränder der östlichen Berggipfel glommen in einem orangefarbenen Schimmer, der erahnen ließ, wohin sich die Sonne für die nächsten siebzehn oder mehr Stunden verkrochen hatte.
    Ein unheimliches Heulen lag in der Luft. Es klang, als bliese ein Chor verstimmter Flöten einen endlosen, auf- und abschwellenden Winselton. Der Laut trieb Henry eine Gänsehaut über den Rücken.
    »Das ist bloß der Wind, der sich in den Ruinen im Talkessel fängt«, erklärte Professor Albrecht zögernd.
    »Der Wind interessiert uns nicht.« Dr. Golitzin schaltete seine Taschenlampe ein und ließ den starken Strahl hin und her gleiten. »Wir durchsuchen das Lager.« Er warf einen prüfenden Blick in die Runde. »Lamont, Sie gehen mit Gray und dem Professor. Dr. Cavanaugh und die beiden Jungs kommen mit mir.«
    Getrennt setzten sie sich in Marsch.
    Der Boden zwischen den Zelten war bedeckt von einer dünnen, festgetrampelten Schneeschicht. Bereits nach wenigen Schritten wurde der Kloß in Henrys Hals dicker. Wohin er den Lichtkegel seiner Lampe auch schweifen ließ, stets erhellte er wild verstreute, teilweise beschädigte Ausrüstungsgegenstände. Er sah Parkas und andere Teile von Polarkleidung, in Fetzen gerissen wie die Zelte; silberne Tüten mit Expeditionsnahrung, aufgeplatzt, ihr bröseliger Inhalt über das Eis verstreut; Seile, Taschenlampen, die metallischen Innereien technischer Apparate.
    Viele der Gegenstände sahen aus, als sei jemand darauf herumgetrampelt, ihre ursprüngliche Bestimmung ließ sich teilweise nur noch erahnen. Henry glaubte, ein komplett zerstörtes Zeltheizgerät sowie das gesplitterte Gehäuse eines Walkie-Talkies zu erkennen.
    Hin und wieder blieb Golitzin stehen, um sich etwas genauer anzusehen. Schließlich ging er in die Knie und begutachtete im Licht seiner Taschenlampe ein Stück Boden direkt vor seinen Füßen. Als Eileen, Henry und Lincoln sich näherten, schwenkte er den Strahl rasch in eine andere Richtung.
    Nicht schnell genug.
    »Blut! Da ist eine riesige Blutlache!« Entsetzt richtete Henry seine Lampe gen Boden.
    Vor Dr. Golitzins Füßen prangte ein leuchtend roter Fleck im Schnee, mindestens zwei Meter im Durchmesser. Lange Spritzer und Rinnsale schlängelten sich in alle Himmelsrichtungen davon.
    Henrys Nackenhaare stellten sich auf. Neben ihm stieß Eileen einen leisen Schreckenslaut aus.
    »Es ist gar nicht so viel, wie es aussieht«, erklärte Golitzin ruhig. »Flüssigkeitsmengen wirken immer viel größer, wenn man sie auf einer ebenen Fläche ausgießt.« Er räusperte sich. »Wer immer dieses Blut verloren hat, er muss nicht zwingend daran gestorben sein.«
    »Shit! Was ist hier nur passiert?« Lincoln gab sich keine Mühe, seine Furcht zu verbergen. Immer wieder zitterte der Strahl seiner Lampe kreuz und quer über die Zelte, dann hinüber zu der nachtschwarzen Mauer, die die Grenze der geheimnisvollen Stadt markierte. »Für mich sieht das so aus, als habe hier ein Kampf stattgefunden. Und ich meine keine Rauferei zwischen betrunkenen Professoren!«
    »Es hat tatsächlich den Anschein«, murmelte Golitzin.
    Hohl pfiff der Wind vor sich hin, als sie weitergingen. Urplötzlich ertönte eine

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