Schummeln fuer die Liebe
über gemeinsame Kinder reden und davon, wohin unsere Hochzeitsreise mal gehen soll. Venedig, ist ja logisch. Und da wollen wir natürlich bei Vollmond Gondel fahren. Und der Gondoliere kann nicht nur italienische Schmalzlieder, sondern auch alles von Bon Jovi.
Ich verrate auch, wie toll Raoul meine blonden Haare findet und dass er noch nie so wunderschöne grüne Augen gesehen hat wie meine.
Na ja, so was erzähle ich vor allem an Tagen, wenn Teresa ihre Haare frisch gewaschen hat, sodass sie eine einzige glänzende Pracht sind, oder wenn sie ein neues Top trägt, in dem ihr perfekter Busen nicht zu übersehen ist. Das Blöde ist nur, dass Flo sich weder für meine grünen Augen noch für Teresas perfekten Busen zu interessieren scheint, vor allem seitdie Schule wieder angefangen und er einen neuen Biolehrer bekommen hat.
»Manchmal wünschte ich, ich könnte mich in einen Ochsenfrosch verwandeln oder noch besser in einen Axolotl«, seufzt Teresa, als wir an einem verregneten Donnerstagnachmittag bei mir im Zimmer sitzen. Der Axolotl ist Flos neuestes Lieblingstier. Er sieht aus wie ein Wesen vom anderen Stern und lebt in einem mexikanischen Gewässer. »Lene, was soll ich bloß machen?«
Oh nein, sie wird doch jetzt nicht anfangen zu heulen. Eine heulende Teresa halte ich nicht aus. Sie hockt zusammengekauert in meinem Sitzsack und hält ein dunkelrotes Kissen in den Armen. Sie tunkt ihre Nase in den Samt und seufzt herzzerreißend.
»Lene!«, sagt sie noch mal und es klingt so kläglich, dass mir ganz komisch wird. So habe ich sie noch nie erlebt. Dieser verzweifelte Blick, mit dem sie mich ansieht … Ich schlucke. »Was soll ich denn machen?«, jammert sie.
»Du fängst an, dich zu wiederholen«, sage ich und versuche zu grinsen. Aber Teresa hört mir gar nicht zu. Sie redet weiter und mit jedem Wort wächst die Gefahr, dass sie in Tränen ausbricht.
»Du weißt gar nicht, wie gut du es hast mit deinem Raoul.« Sie guckt mich jetzt voll an. »Es ist einfach die Hölle, jemanden zu lieben, den das nicht die Bohne interessiert. Und ich kann nicht anders. Tausendmal habe ich versucht, ihn mir aus dem Kopf zu schlagen.Ich habe sogar Julian gefragt, wie man das macht. Er hat das schließlich schon ein paar Mal geschafft.« Sie schnieft und wischt sich mit dem Handrücken über die Nase. »Aber es hat nichts genützt, nicht das Geringste. Was, wenn das ewig so weitergeht?« Sie schüttelt ihre Locken. »Dann sitze ich noch als Großmutter mit grauen Haaren und Falten da und höre mir Froschgeschichten an, ohne dass ich in meinem Leben auch nur einziges Mal geküsst worden bin.«
»Vielleicht solltest du es wirklich mal mit jemand anderem versuchen?«, sage ich und komme mir sofort total gemein vor. Dabei habe ich es wirklich nur deshalb gesagt, weil Teresa so verzweifelt ist, und nicht, damit ich bei Flo freie Bahn habe.
Teresa schluchzt auf und jetzt laufen ihr tatsächlich dicke Tränen über die Wangen. »Es geht nicht«, jault sie. »Ich liebe diesen Deppen, obwohl ich weiß, dass er ein Depp ist.«
»Flo ist kein Depp!«, protestiere ich.
»In Liebesdingen schon!«, erwidert Teresa. Hektisch sucht sie in ihrer Hosentasche herum.
»Hier!«, sage ich und werfe ihr eine Packung Taschentücher zu. Sie putzt sich geräuschvoll die Nase und währenddessen fällt mir ein, dass ich ganz genauso viel Grund habe, verzweifelt zu sein. Ich könnte auch völlig ungeküsst alt werden und dürfte es nicht mal sagen, denn offiziell bin ich ja die Knutschkönigin von der Alp. Das glauben jedenfalls alle, nach dem, was ich so erzähle. »Scheiße!«, sage ich leise.
»Das kannst du ruhig laut sagen!«, wimmert Teresaund dann rollt sie sich zusammen. Jetzt fängt sie richtig an zu weinen. Das darf nicht wahr sein. Sie ist doch sonst nicht so empfindlich. Ich nehme sie in den Arm und versuche sie zu trösten. Aber wie tröstet man jemanden, der den gleichen Kummer hat wie man selber?
Es dauert eine ganze Weile, bis sie endlich aufhört. Sie schluchzt noch ein letztes Mal auf und fährt sich mit den Händen durchs Gesicht. Es ist verquollen von der Heulerei und ihre Nase glänzt knallrot wie ein Kirmesluftballon. Ich hasse mich dafür, dass ich so eine kleine fiese Freude fühle, weil sie endlich mal nicht zum Niederknien hübsch aussieht.
Sie greift nach meiner Hand. »Erzähl mir von Raoul!«, bittet sie. Ihre Stimme hört sich noch ganz schwächlich an. Ich halte ihre Hand fest. Der blöde Freudenfunken hat
Weitere Kostenlose Bücher