Schummeln fuer die Liebe
sich zum Glück wieder verkrümelt und ich spüre nur, dass da meine beste Freundin sitzt, die Kummer hat.
»Hast du keinen Hunger?«, frage ich fast zärtlich und streichle durch ihre Haare. »Ich habe immer Hunger, wenn ich heulen musste.«
Teresa guckt mich an und grinst endlich wieder ein bisschen. »Jetzt, wo du es sagst, merke ich es auch!«
»Bleib hier!«, sage ich. »Ich schaue mal, was ich in der Küche auftreiben kann. Es ist wohl besser, wenn dich niemand so sieht.«
»Danke, Zuckerschnute!«, sagt Teresa und da nehme ich sie so fest in den Arm, dass ihre Rippen krachen.
Ich stehe in der Küche und warte, bis die Spaghetti, die noch von heute Mittag übrig sind, warm werden. Drüben bei Stadlers ist alles ganz ruhig. Flo lernt für eine Mathearbeit, den werden wir heute wohl nicht zu Gesicht bekommen. Ich gucke in den Kühlschrank, ob noch Schokoladenpudding da ist. Na bitte, eine halbe Schüssel voll. Das wird wohl reichen. »Erzähl mir von Raoul!«, hat Teresa gesagt. Aber ich will nicht von Raoul erzählen, heute nicht. Im Gegenteil. Für den Moment würde ich ihn am liebsten ins Pfefferland schicken.
Aber dazu habe ich keine Chance. Bereits eine Stunde später ist das Haus wieder voll. Tiki und Tonki toben durchs Treppenhaus, Teresa hat sich das Gesicht gewaschen und ist wieder obenauf.
Papa trägt Getränkekästen von draußen herein, singt »Grüezi wohl, Frau Stirnimaa« und ruft Mum, die gerade die restlichen Einkäufe in die Küche räumt, zu: »Wie war das noch mal mit der Zürcher Verlobung? Hat die Hauptdarstellerin eigentlich zum Schluss den gekriegt, in den sie in Wirklichkeit verliebt war?«
Oh Mann, Leute! Dieser Film ist mehr als ein halbes Jahrhundert alt. Könnt ihr wohl endlich mal damit aufhören?
»Manchmal wünsche ich mir einen Vater ohne einen Funken Humor«, knurre ich ihn an und hoffe bloß, dass Teresa nichts mitkriegt.
Papa verpasst mir einen Nasenstüber. »Das willst du nicht wirklich, meine kleine Alpenindianerin.«
»Will ich doch!«, sage ich böse. Aber er nimmt mich bloß grinsend in den Arm.
Axolotl und Apachen
Im Naturhistorischen Museum ist eine Ausstellung über das Leben der Prärie-Indianer. Klar, dass wir da hingehen, Flo und ich. Wir fahren mit Papa in die Stadt. Er will in der Zeit mit Tiki und Tonki ins Kino gehen. Es läuft ein Film über ein paar Kinder, die ein geklautes Pony retten wollen.
»Viel Spaß!«, ruft er uns nach, als wir vorm Eingang des Museums aus dem Auto steigen. Ich höre an seiner Stimme, dass er viel lieber mit uns in die Ausstellung gehen würde. Ich kann ihn verstehen, denn was wir zu sehen kriegen, ist wirklich toll.
»Hast du gewusst, dass die Indianer früher im Zoo gezeigt wurden?«, fragt Flo entsetzt, als wir an ein paar Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Jahr 1910 vorbeikommen.
Ich schüttle den Kopf und schaue genau hin. Da steht ein altes Oglala-Paar vor einer grasbewachsenen Holzhütte.
›Spotted Weasel und seine Frau Cedar Spotted Weasel, 1910 in Hagenbecks Tierpark‹, steht unter dem Bild. Auch die anderen Fotos zeigen Szenen mit Indianern im Tierpark. Flo deutet auf ein weiteres Paar: ›Der Oglalahäuptling Edward Two Two und seine Frau‹.
»Stell dir mal vor, die würden uns als altes Ehepaar in einen Zoo sperren, damit uns jeder begaffen kann.« Er schüttelt sich.
»Hast du vor, mich zu heiraten?«, frage ich. Es soll nach einer Neckerei klingen, aber ich glaube, es hört sich eher erschrocken an.
»Wieso?«, fragt Flo. Anscheinend merkt er jetzt erst, was er gerade gesagt hat. »Ach so! Nein, ich meine doch nur so als Beispiel.«
»Eh klar!«, sage ich und dann ist dieser Moment vorüber und wir unterhalten uns über das Leben der Indianer und das Verhalten der weißen Einwanderer, so wie wir es immer getan haben. Wir inspizieren das Tipi, das in der großen Halle aufgebaut ist, und vergleichen es mit unserem. Wir schauen uns den Film über ein Powwow der Sioux an, hören indianische Musik über Kopfhörer und versuchen, die auf einer großen Tafel gezeigten Behausungen einzelnen Stämmen zuzuordnen.
Die Zeit vergeht wie im Flug, und als wir wieder vor dem Eingang stehen, um darauf zu warten, dass Papa uns wieder einsammelt, sagt Flo: »Das war jetzt gut. Ich meine, nichts gegen Teresa, aber die Sachen, die uns interessieren, können wir doch echt besser zu zweit machen. Findest du nicht?«
»Stimmt!«, sage ich. Noch während ich es ausspreche, kriege ich ein rasend schlechtes Gewissen wegen
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