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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Enkel.«
    »Sicher muss er da
raus. Aber was erzählt der auch für einen konfusen Unsinn. Diese Sache mit dem
verschliffenen Ski ist doch wirklich ein merkwürdiges Ding, oder?« Gerhard sah
irritiert von seiner sahnigen Suppe hoch.
    »Ja und nein. Dass
er als Rache einen Ski verschleift, das ist Schorschis Stil. Was ich nicht
zusammenkriege: Rümmele wollte ein Rennen fahren und hat den Ski schleifen
lassen. Aber was hat das mit dem Mord oder Unfall zu tun?«, fragte Jo.
    Gerhard dachte lange
nach. »Nenn es männliche Intuition, ich glaube, der Ski ist eine
Schlüsselstelle in dem Ganzen.«
    Jo lachte laut
heraus: »Männliche Intuition, klasse – die erkennt meines Wissens nur, wann
›Ran‹ kommt oder wo das Bier billig ist. Aber eure Intuition scheitert ja schon
daran, zu merken, welche Tussi willig ist. Ihr überschätzt euch.«
    Gerhard ignorierte
Jo einfach. »Wenn der Rümmele ein Rennen fahren wollte, dann kann er das ja
schlecht allein getan haben«, hob er erneut an, nachdem er das letzte der roten
Pfefferkörner geknackt hatte, die sich mit der dicken Sahne und den herrlichen
Knoblauchzehen trefflich im Gaumen verbanden. Er setzte hinzu: »Wir müssen alle
Ski-Rennen checken, die am Sonntag stattgefunden haben. Vereinsmeisterschaften,
Firmenrennen, einfach alles.«
    »Ich ruf mal
Patrizia im Tourismusbüro an. Sie müsste noch da sein.« Jo wählte und
erläuterte ihr Anliegen: »Meinst du, du kriegst das heute noch hin?«
    Jo hatte noch ihren
halben Zander auf dem Teller, und Gerhard seine Bergler Schmankerlpfanne noch
nicht fertig, als das Handy wieder erklang. Jo hörte zu und kritzelte etwas auf
einen Bierfilz. »Danke, Patti, du bist ein Schatz.«
    Sie schaute Gerhard
zweifelnd an. »An dem Sonntag gab es ein Gästerennen am Grünten, einen
Kindercup in Thalkirchdorf und ein Mutter-und-Kind-Rennen der Grünen
Frauenliste in Ratholz und natürlich ein Weltcup-Rennen in Garmisch. Es wurde
nachgeholt und nach Garmisch verlegt, weil das Wetter mal wieder Kapriolen
geschlagen hat. Das ganze Berner Oberland hatte keinen Schnee, und Beschneien
war auch nicht, weil die Temperaturen penetrant um zehn Grad gelegen haben.
Also, das sind die Skirennen, aber die alle scheinen mir kaum Rümmeles
Betätigungsfeld gewesen zu sein. Obwohl die grünen Muttis …« Jo grinste.
    Gerhard wiegte den
Kopf hin und her. »Ich lass Markus die Teilnehmerlisten prüfen, mal rumfragen,
ob unser Freund HJ irgendwo aufgetaucht
ist. Was immer man ihm sonst nachsagen kann, unauffällig war der nicht!«
    »Bleibt die Frage,
was das Ganze bringen soll. Ich bin für einen rabiaten Naturschützer, der
durchgedreht ist«, maulte Jo.
    Gerhard setzte ein
überhebliches Sherlock-Holmes-Lächeln auf. »Polizeiarbeit hat mit Recherche und
unbestechlichem Verstand zu tun. Trau nie dem, was du siehst. Und sei geduldig.
Mit Geduld bist du nun leider gar nicht geschlagen.«
    Jo streckte ihm die
Zunge raus.
    Gerhard beschloss,
einen Abstecher zu seinen Eltern zu machen, und Jo fuhr nach Hause. Nachdem sie
nun entgegen ihrem guten Vorsatz überhaupt nicht mit dem Prospekt
weitergekommen war, sah das schwer nach Nachtschicht aus. Die Weichpfoten waren
schon da, akkurat nebeneinander auf die Couch hingegossen. Moebius hob
wenigstens ein Augenlid zu ihrer Begrüßung, Mümmi zuckte nicht mal mit der
Pfote.
    Jo trollte sich in
die Küche. Sie lagerte ihre diversen Multifunktionsstapel ein wenig um und
rollte mit den Augen. Der Bürgermeister hatte das Budget für die neuen
Prospekte an eine neue Agentur vergeben. Ein Vorschlag war gekommen, und die
Texte trieben Jo rote Wutflecken ins Gesicht: »Der Berg und Du. Sehnsucht.
Schneewirbel. Im Auf und Ab. In der Wollust der winterlichen Gedanken. Der Berg
und Du.« Daneben hatten sie ein Foto platziert, das unscharf drei Bergbauern
zeigte, die im Nebelgrau auf einen Berghang blickten und aussahen wie die
letzten Überlebenden eines Murenabgangs.
    »Wollust, oh weh!
Damit werden wir kaum Gäste anlocken, höchstens wollüstige Suizidkandidaten –
bei dem Bild«, stöhnte Jo und überlegte sich eine etwas tauglichere
Formulierung für das Bürgermeisterbüro: »Sehr geehrter, lieber … freue ich mich
über das Engagement von Ihrer Seite … weiß immer um Ihr großes Interesse am
Tourismus, aber dennoch bla, fasel, bla.«
    Ein Scheißtag! Jo
schlappte in den Keller. Das zumindest war ein unschätzbarer Vorteil des
Häuschens. Der Keller war nur grob in den Fels gehauen, der Boden aus

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