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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Lehm.
Festgestampfter Lehmboden, das ließen sich Weinkenner andernorts mühsam
einbauen, bei Jo gab es den umsonst. Eine gleichmäßige Temperatur um zehn Grad
herrschte hier, und das tat dem »Weißen Riesling« aus dem Burgenland wirklich
gut. Jo nahm sich eine Flasche. Dieser Griff saß, auch wenn sie sonst dem
kreativen Chaos anhing, der Weinkeller war picobello sortiert.
    Mit dem Wein ging
die Arbeit weit besser von der Hand, und Jo sank gegen Mitternacht todmüde ins
Bett. Sie lag noch nicht richtig, als die Tiere ebenfalls nachzogen. Diesmal
als Dreigestirn, auch Kaninchen lieben weiche Unterlagen.

9.
    Dank anhaltender
Schneestürme, die immer wieder den Himmel verdunkelten, hatte Moebi
beschlossen, den Donnerstag erst gegen halb acht Uhr zu begrüßen, und da wäre
Jo sowieso aufgestanden. Nach dem üblichen kurzen Cappuccino-Ritual entschloss
sich Jo, einen Abstecher zu Oma Kreszenzia zu machen.
    Sie war höchst
erstaunt darüber, fast gleichzeitig mit Volker Reiber vor dem Haus anzukommen.
Diesmal entstieg er in einem grauen Zwirn mit langen Rockschößen und
Mao-Stehkrägelchen seinem Auto. Jo hatte sich heute mal in einen S. Oliver
Hosenanzug geworfen, der immerhin vom Modehaus Wagner stammte. Einer ihrer
seltenen Shopping-Ausflüge. Aber selbst dieses gute Stück war vier Jahre alt
und hatte sicher nur ein Zehntel vom Designertraum ihres Gegenübers gekostet.
Ein Dressman wie Reiber ließ jeden anderen schlecht aussehen.
    »Wie kommen Sie
dazu, Herrn Obermaier aufzusuchen?«, fauchte er Jo statt einer Begrüßung an.
    »Wunderschönen guten
Morgen, Herr Reiber.« Jo setzte ihr Sonntagslächeln auf. »Und um auf Ihre Frage
zu antworten: Georg Obermaier hat mich angerufen. Das ist, glaub ich, in einem
Rechtsstaat so üblich, dass auch Mordverdächtige zum Telefon greifen dürfen.«
    Reibers Augen
blitzten. »Ich wusste nicht, dass Ihr Sozial-Doktor auch zur Juristerei
befähigt. Aber bitte: Was hat Ihnen dieser Obermaier erzählt?«
    Jo mahnte sich zur
Vorsicht. Jetzt nichts über die Ski erzählen. »Er sagte, dass er zu Unrecht
verdächtigt wird, dass er in seinem Zimmer im Erdgeschoss war und dass die Oma
leider so schwerhörig ist, dass sie ihm kein Alibi liefern kann. Er bat mich,
nach der Oma zu sehen, was ich hiermit tue. Und was tun Sie hier?«
    »Na, diese Frau
Kreszenzia zur Mordnacht befragen, vielleicht hat sie ja doch etwas gehört oder
gesehen. Diese alten Leutchen ändern ja ständig ihre Aussagen.«
    Jo sah ihn scharf
an. »Die Oma ist lediglich schwerhörig, aber nicht debil. Die hat mehr im Kopf
als …« Sie war schon versucht, »Sie« zu sagen, rettete sich aber gerade noch: »… als wir beide zusammen.«
    »Und wir werden da
jetzt nicht beide zusammen reingehen. Ich gehe da rein, Sie können gern später
wiederkommen. Sie können nicht einfach an einer Befragung partizipieren.«
Volker Reiber sah Jo dann mit seinen stahlgrauen, ins Grüne changierenden Augen
unverwandt an.
    »Oh, partizipieren
kann ich sehr wohl, und wenn’s nur ist, um die Oma schonend auf Sie
vorzubereiten.« Und auf seinen Fremdwort-Fimmel, dachte Jo und war schon in der
Tür. Volker Reiber ließ die Augen noch mal graugrün aufflackern, folgte ihr
aber ohne weiteren Kommentar.
    Die Oma hätte man
sicher nicht vorbereiten müssen. »So, hondr an Dischkurs ket do dussa? Des isch
aber keu Wetter für so eabas. Etzt trinket ihr erscht amol an Tee.«
    Sie setzte große
Henkelbecher vor den beiden ab, aus denen es kräutrig herausdampfte.
»Lindabliata mit dera Spezialmischung von mir. Guat bei dem Weattr. So, und du
bisch der, der mein Bua verhaft hot?«
    Volker Reiber
schluckte.
    Die Oma tätschelte
Jos Hand. »Mi hot do geschtern no so an Anwalt agrufa, Bruckner schreibt sich
der. Der hot gsagt, dass i mi it aufrega soll.« Sie schaute erst Jo, dann
Reiber an. »I reg mi nia auf. Und dr Schorsch au it.«
    »Aber als es um den
Hausverkauf ging, hat er sich ganz schön aufgeregt.« Reiber nippte vorsichtig
an seinem Tee. »Sehr gut, der Tee, Frau Obermaier! Sehr schön, aber Ihr Enkel
hat sich doch wirklich aufgeregt.«
    »Jo mei, der will
halt immer mei Beschts, dr Bua. Mir isch des gar it so arg gsi mit dem Heisle.
Aber mir isch es halt arg gsi um dia Leit, dia do den Baugrund kauft hond.
Lauter so Junge, die missat doch jedan Pfennig umdräha.«
    Reiber wollte wohl
gerade wieder eine Fragensalve herausschmettern, als Jo ihn mit einem Blick
stoppte. Vorsicht!
    »Kreszenz«, Jo sah
sie liebevoll an, »das ist ja

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