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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Aber meines Wissens erlebt der
Bauherr sein blaues Wunder. Er muss den Boden austauschen und eine Bodenwanne
einbauen, was natürlich die Kosten gut in die Höhe treibt.«
    Volker Reiber rührte
wieder mit abgespreiztem Finger im Tee und schrieb mit rechts seine Notizen. Er
schaute durch Jo hindurch. »Das wäre aber schon kühn von der Rümmele-Bau, den
Interessenten erst miese Bauplätze zu verkaufen und dann mittels der Mehrkosten
für Bodenwannen Geld zu scheffeln.«
    »Ja, ziemlich kühn
und doch wohl ein gutes Mordmotiv für den einen oder anderen Bauherrn!«, rief
Jo triumphierend.
    Volker Reiber drohte
ihr mit dem Zeigefinger. »Sie geben wohl nie auf.«
    »Selten, sehr
selten«, murmelte Jo.
    »Wann wurden denn
die ersten Baugruben ausgehoben?«
    »Ich glaube, erst
vor einigen Tagen, es ist ja noch ein bisschen früh im Jahr, aber ein solches
Loch habe ich gesehen. Mensch, da steht Wasser drin!« Jo schrie so laut, dass
die Leute am Nachbartisch herübersahen.
    Volker Reiber
grinste. »Gemach, gemach, Frau Doktor. Da werde ich jetzt mal recherchieren,
wer der Bauherr ist. Außerdem werde ich beim Wasserwirtschaftsamt vorfühlen.«
    »Und Schorsch?«
    »Wenn ich das alles
verifizieren kann, wäre ich geneigt, ihn bis auf Weiteres rauszulassen«, meinte
Reiber.
    Jo zählte innerlich
bis zehn. Nein – sie würde jetzt weder das Wort ›gemach‹ noch das Wort
›verifizieren‹ kommentieren.
    Reiber bezahlte und
gab Jo doch tatsächlich die Hand. »Wiedersehen, Frau Doktor«, er schluckte,
»und Danke.«
    »Bitte, gern!« Jo
erwiderte seinen Händedruck.
    Sie traten vor das
Lokal, das Wetter war noch immer saumäßig. Jo zog den Anorakkragen hoch. Gerade
fegte wieder so ein Schneeschauer ums Eck. Sie rettete sich in ihr Auto und
rief Gerhard an. Der unterbrach ihren Bericht mehrmals, weil Jo vor lauter
Überschwang leichte Probleme mit der Reihenfolge hatte.
    »Das lenkt Volker
Reiber zumindest erst mal ab, wunderbar«, sagte Gerhard.
    »Was heißt, lenkt
ab, wir müssen uns die Bauherrn ansehen«, meinte Jo.
    »Ach Jo, das tut der
Reiber schon, wir haben Wichtigeres zu tun. Denk an die Skirennen. Darauf
sollten wir uns konzentrieren. Das ist unser Trumpf. Oder hast du Reiber etwa
davon erzählt? Jetzt, wo du schon ganz intim Kaffee mit ihm trinkst.«
    »Intim? Intim mit
Volkerchen im Lotus, da hast du nun aber meinen verwegensten Traum getroffen.
Ins Schwarze. Aber im Ernst: Wird das jetzt zum Wettkampf? Wer löst den Fall?
Wollt ihr da ein albernes Männlichkeitsritual daraus machen? Ganz so schlimm
ist der Reiber auch nicht. Aber natürlich habe ich ihm nichts von dem Skirennen
erzählt. Wieso auch? Weißt du denn was Neues?«
    »Zero, null. Kein
Rümmele gesehen worden, nirgends, von niemandem, nix, niente – auch nicht in
der VIP -Lounge beim Garmischer
Weltcup, da hatte ich noch die meisten Hoffnungen.«
    Jo überlegte: »Wenn
er nirgends offiziell gewesen ist, dann muss er eben ein Privatrennen
organisiert haben, mit seinen Spezis oder so. Aber wo und wann und warum? Und
wieso saß er da in diesem unzugänglichen Tal?«
    Das Wort »unzugänglich«
hing in der Luft, schwebte dort und senkte sich schwer in Jos angestrengtes
Hirn. Ein langes Schweigen entstand, und dann sagte sie vorsichtig: »Wenn er
auf Ski …?« Sie ließ vor Aufregung das Handy fallen, angelte es hinter der
Handbremse wieder hervor. »Gerhard, bist du noch da.«
    »Klar.« Auch ihm war
die Erregung anzuhören, als er fragte: »Auf Ski am Geißrückenalpweg? An der
Stelle? Obwohl! Wenn er von der Alpe durch den Wald und über die abgeholzten
Flächen gekommen wäre? Aber das tut doch keiner allen Ernstes. Es sei denn …«
    »Es sei denn, diese
Wahnsinnigen haben extra eine lebensgefährliche Route gewählt«, ergänzte Jo.
    »Selbst wenn die
Bäume dicht stehen und einige Tobel im Weg sind – er hätte maximal sehr enge
Freundschaft mit einem Baum geschlossen, schießen tun Bäume einfach nicht. Und
außerdem: Wo sind die Ski, die Stiefel?« Gerhard war offenbar nicht so
überzeugt.
    Jo konnte Gerhards
gerunzelte Stirn förmlich sehen und musste lächeln. Sie nannte das
»konzentrierter Dackel«, was Gerhard stets dazu brachte, sofort die
Gesichtszüge zu glätten.
    Aber Gerhard stieg
dennoch weiter ein in das Gedankenspiel. »Lassen wir das mal weg, trotzdem muss
ihn irgendwer gesehen haben. Er muss irgendwie auf den Berg gekommen sein. Ein
schweratmiger, übergewichtiger Lebemann wie Rümmele hat sicher keine

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