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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Kinder hatte sie hier Ski fahren
gelernt, auf unpräparierten Hängen, zwischen Grasbuckeln und Dreckbrocken,
beneidenswert gut Ski fahren gelernt! Für Jo war die Skischaukel – eine
liebenswerte Allgäuer Hochstapelei für die beiden Eingänge ins Skigebiet – das
Reizvollste im Allgäu: weitläufig und für Tiefschneefans ein Traum.
    Sie schnallte ihren Fischer
Slalom Carver an, den vom letzten Jahr überdies, und grüßte mal hier, mal da.
Die Leute kannten Jo, und natürlich war Rümmele das Thema. Sie erzählte die
Story, wie sie den toten Rümmele gefunden hatte, bestimmt zehnmal, so wie jetzt
gerade im NTC , der
Skiverleihstation an der Talstation des neuen »Weltcup Express«.
    »Stimmt das, dass
der bloß Socken angehabt hat?«, fragte Martha mit verschwörerischem Blick –
eine ehemalige Nachbarin, die Jo zufällig vor dem NTC getroffen hatte.
    »Sorry, ich darf
dazu nichts sagen, die Polizei lässt nur ganz gezielt Informationen raus.«
    »Och komm«, Martha
drängelte, »das sollen Skisocken gewesen sein.«
    Jo schüttelte den
Kopf. »Ehrlich, geht nicht.« Sie machte eine Kunstpause und gab vor, so ins
Blaue reinzureden: »Ja, Ski gefahren ist der Rümmele gar nicht mal so schlecht.
Hast du ihn eigentlich gesehen, die letzten Tage? Du bist doch mit deinen
Skischülern fast täglich hier.«
    »Den Rümmele hab ich
hier nie gesehen. Aber die High Society war eigentlich auch mehr am Nebelhorn
oder am Fellhorn unterwegs, nicht hier bei uns.« Martha grinste.
    Jo runzelte die
Stirn: Das stimmte, und es sprach gegen diese ganze Skigeschichte. Verdammt! Jo
plauderte noch etwas mit Martha, versuchte sich im Smalltalk und verabschiedete
sich schließlich. Sie führte noch einige ähnlich ergebnislose Gespräche. Sie
fand, dass sie ungeheuer unauffällig gefragt hatte. Gerhard wäre da vielleicht
anderer Meinung gewesen.
    Am Ende war Jo
bitter enttäuscht, sie hatte sich das leichter vorgestellt. Sie hatte sich eine
Lösung so sehr herbeigewünscht, dass sie der Stillstand wütend machte. Weder in
Gunzesried noch auf der Ofterschwanger Seite der Skischaukel war auch nur ein
Hauch von Rümmele gesehen worden. Und wenn er doch mit Fellen gegangen war? Die
Hörner waren schließlich legendäre Skitourenberge, und lange bevor es hier
Lifte gegeben hatte, führte die Hörnertour auf den Weiherkopf, über
Rangiswanger Horn, Sigiswanger Horn und Ofterschwanger Horn hinunter nach
Ofterschwang oder Gunzesried.
    Lieber Aktionismus
als gar nichts zu tun, lautete Jos Devise. Also beschloss sie, auf die andere
Seite des Skibergs zu fahren. Ihr Justy schepperte durch das gemütliche
Gunzesried, vorbei am Anwander Hof. War das alles wirklich nur vier Tage her?
Sie folgte der Straße bergan und weiter hinein in ein Tal, das gerade im Winter
wie verwunschen dalag. Nein – keiner wäre auf die Idee gekommen, ein
Mörderspiel hier anzusiedeln. Sie redete mit einigen der Tourenfexe, die am
Parkplatz nun gegen Mittag ihre Siebensachen zusammenpackten. Sie erfuhr zwar,
dass der Firn dieses Jahr Weltklasse sei – von Rümmele aber nichts.
    Verdammt noch mal,
er musste gesehen worden sein! Jo war noch immer vom Jagdfieber infiziert,
obwohl ihr das alles schon sehr konstruiert vorkam. Unlogisch! Aber wann war
schon jemals Logik Jos Ratgeber gewesen! Sie entschied, sich eine Denkpause zu
gönnen, und fuhr ins Kamineck, ein uriges Gasthaus hier an diesem liebenswerten
Ende der Allgäuer Welt.
    »Nett, dass Sie mal
wieder reinschauen«, ließ sich die Wirtin vernehmen. »Trinken Sie was?«
    »Ja bitte, machen
Sie mir eine kleine Weinschorle, heute ist eh schon alles egal.« Jo zuckte
genervt die Achseln.
    »Ärger mit dem
Datschiburger? Nachdem Sie ja direkt dabei gewesen sind?« Die Wirtin war
neugierig.
    »Ach, der schöne Herr
Reiber, nein, der ist mein geringstes Problem. Ich sage Ihnen, der hat doch
allen Ernstes auch mein Alibi gecheckt. Aber wieso kennen Sie den?«, wollte Jo
wissen.
    »Die haben uns hier
alle stundenlang gelöchert. Die waren einen ganzen Tag im Tal unterwegs und
haben von sämtlichen Leuten die Autos überprüft. Sie wollten alle Fahrzeuge
wissen, die im Tal gesehen worden sind. Stellen Sie sich das mal vor! Sie haben
sich vor allem aber für Rümmeles Wagen interessiert, wollten immer wieder
wissen, ob wir nicht doch sein Auto gesehen hätten.«
    »Und, haben Sie? Mit
Ihnen hatte es Rümmele doch immer ganz wichtig!« Jo grinste anzüglich.
    Rümmele hatte jede
attraktive Frau angebaggert und immer gleich die

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