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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Kontakte zu Ihren Landsleuten. Sie beherrschen die Sprache und waren für Herrn
Nullenbruch gleich in doppelter Weise wertvoll: als Betthäschen und als Dolmetscherin.
So gesehen, hatten Sie einen super Job hier – bis der Lapsus geschehen ist und Frau
Siller dummerweise gemerkt hat, wohin der Hase läuft – im wahrsten Sinne des Wortes
also, wohin das Betthäschen läuft. Dort in der Slowakei geht es um mehr, als um
Nullenbruchs neue Firma«, dozierte Häberle weiter. »Nullenbruch hat dubiose Kapitalanlagegeschäfte
eingefädelt, hat Geldgeber gelockt und ihnen phänomenale Verzinsung versprochen …« Häberle drehte sich wieder um und ging fast
drohend auf Anna zu, »… woher das Geld auch immer kam … ja, und dann ist etwas schief gegangen. Was
auch immer … aber Ihr Jano,
Ihr Freund Jano muss das wissen und Sie auch. Es ist etwas schief gelaufen, weshalb
ein dubioser Amerikaner aufgetaucht ist – angeblich der wohltätige Schwager von
Jano. Und es muss noch mehr laufen, viel mehr … etwas, das über Nullenbruch und seine abgezockten Freunde Striebel
und Kromer auch zu Lanski spielt …« Häberle liefen Schweißperlen von der Stirn, »… und damit zu Klinsmann,
falls Sie mir folgen können.«
    Anna atmete schwer. Sie schloss mehrfach hintereinander
für zwei, drei Sekunden die Augen. Häberle war sich absolut sicher, auf der richtigen
Fährte zu sein. »Ich sage Ihnen eines, gnädige Frau«, machte er weiter und setzte
sich ihr wieder gegenüber, um einen versöhnlichen Eindruck zu hinterlassen, »… wenn
Nullenbruch etwas zugestoßen ist oder gar Klinsmann nicht mehr auftauchen sollte,
dann gnade Ihnen Gott.« Er lehnte sich selbstgefällig zurück, verschränkte die Arme
und warf Linkohr ein kurzes Grinsen zu. »Sie sind so tief in der Scheiße drin, dass
Ihnen nur eines noch helfen kann: Mit uns zusammenzuarbeiten. Und noch eines, gnädige
Frau: Ich könnte Sie auf der Stelle festnehmen lassen. Verdacht der Beihilfe zu
Entführung und Anlagebetrug, vielleicht auch unerlaubte Förderung der Prostitution,
möglicherweise Zuhälterei – alles in allem können locker zehn Jahre Knast zusammenkommen.«
Häberle stand wieder auf und deutete Linkohr an, es ihm nachzutun. »Ich würd mir’s
bis morgen früh überlegen«, gab sich der Kommissar wieder freundlich. »… Sie kennen
meine Telefonnummer. Ein Geständnis wird sicher kolossalen Eindruck auf Staatsanwaltschaft
und Richter machen.« Anna schien weiterhin wie versteinert zu sein.

60
     
    Auch am zweiten Tag nach Klinsmanns Verschwinden beherrschte das Thema
die Titelseiten der Zeitungen. Bruhn zeigte gesteigerte Nervosität. In aller Frühe
hatte er Häberle angerufen, der schon wieder kurz nach sieben bei der Frühschicht
der Sonderkommission eintraf. Er fühlte sich schlecht, hatte abgenommen und die
Grenzen der Belastbarkeit erreicht. Zwar hielt die Aufbauorganisation alle Anfragen
von außen von der Sonderkommission fern. Doch allein die Gewissheit, bundesweit
von den Medien, der Politik und sogar der Wirtschaft kritisch beäugt zu werden,
war eine ungeheure Belastung. Häberle war kein Feind der Medien, aber er mied es,
so gut es ging, Nachrichten über diesen Fall zu hören oder sie im Fernsehen zu verfolgen.
Eigentlich las er nur die Artikel in den beiden Lokalzeitungen des Kreisgebiets
und, leider nicht zu vermeiden, im Vorbeifahren an den Kiosken die Schlagzeile der
›Bild‹-Zeitung. Er wusste genau, dass er spätestens nach vier, fünf Tagen der Buhmann
sein würde, falls sich von Klinsmann weiterhin keine Spur fand. Das Bundesinnenministerium
hatte bereits anfragen lassen, wie sich die weiteren Ermittlungen gestalteten und
ob zu befürchten sei, dass die WM gefährdet sei. Offenbar tobte ›MV‹ ebenso wie
weite Kreise, die in die Organisation der Fußballweltmeisterschaft bereits Unsummen
Geld gesteckt hatten. Laufend wurden Interview-Wünsche an die Polizeidirektion herangetragen,
doch Pressesprecher Uli Stock wehrte die Bitten, Häberle vor die Kamera zu holen,
mannhaft ab und stellte sich selbst vor die Linsen. Er war im Umgang mit den Medien
geübt, vor allem aber in den Formulierungen, mit denen viele Minuten Sendezeit ausgefüllt
werden konnten, ohne Substanzielles zu sagen.
    Auch in Häberles Leben gab es noch Momente,
die dazu angetan waren, ihn zu schockieren. Gerade, als er Linkohr zu einer Wette
herausfordern wollte, ob Anna wohl auspacken würde, hatte der schrille elektronische
Ton des Telefons das Büro erfüllt. Der

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