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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Kommissar nahm ab, meldete sich und lauschte.
Sein Gesicht verfinsterte sich. »Das darf nicht wahr sein«, flüsterte er, doch es
war so laut, dass Linkohr, der am Türrahmen stand, es deutlich hören konnte. Er
befürchtete angesichts Häberles Reaktion eine Hiobsbotschaft. Die kam auch, nachdem
der Kommissar aufgelegt hatte.
    »Kollege«, sagte er tief betroffen, »wir haben
einen großen Fehler gemacht.«
    So hatte Linkohr seinen Chef noch nie erlebt.
     
    Bruhn schlug mit der Faust auf seinen Schreibtisch. »Zuerst dieses
Kaff in der Slowakei und jetzt Berlin«, entfuhr es ihm, obwohl er allein war. Den
Schlag auf die Tischplatte hatte niemand gehört, denn die Tür in das Vorzimmer des
Kripochefs war wie immer zu. Umso mehr ärgerte es ihn, dass er sich wehgetan hatte.
Häberle hatte die Frechheit besessen, einen Dienstreiseantrag nach Berlin zu stellen.
Ausgerechnet jetzt, wo in Geislingen der Teufel los war. Bruhn blätterte in den
Akten, rief am Computer Dateien auf und schmetterte schließlich einen Schnellhefter
im hohen Bogen gegen die gegenüberliegende Wand. Er konnte beim besten Willen nicht
erkennen, welchen Sinn Häberles Reise in dieses gottverlassne slowakische Nest gehabt
haben sollte. Was erlaubte der sich eigentlich? Er mochte zwar in Stuttgart beim
Landeskriminalamt mal erfolgreich gewesen sein, aber jetzt, zurückgekehrt nach Göppingen,
unterstand er ihm. Und hier galten, was die Auffassung des Dienstes anbelangte,
andere Sitten. Strengere jedenfalls. Mochten die in Stuttgart mit ihren Budgets
lockerer umgehen, hier auf dem Land wurde kein Geld sinnlos mit Lustreisen verpulvert,
wie er es zu formulieren pflegte. Verärgert warf Bruhn einen Blick auf die Akte,
die die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Häberle beinhaltete. Der Kerl war voriges
Jahr tatsächlich als Tourist in die Schweiz eingereist und hatte auf eigene Faust
ermittelt – und dabei diplomatische Verwicklungen zwischen der Schweiz und Amerika
ausgelöst. Und er, Bruhn, stand dazwischen und musste dies jetzt auf bürokratische
Weise ausbaden, denn letztlich war Häberle einem gewaltigen Trugschluss unterlegen.
Ganz sicher, absolut sicher sogar. Bruhn atmete tief durch, versuchte sich innerlich
zu beruhigen und spürte, wie sich seine Gedanken ordneten. Trugschluss, ja, wie
leicht konnte man einem Trugschluss unterliegen.
    Er blieb ein, zwei Minuten still sitzen und
runzelte die Stirn.
    Dann fasste er einen Entschluss, den er sogleich
in die Tat umsetzen wollte. Er suchte in seinen Unterlagen nach einer Telefonnummer
und tippte sie in das Gerät ein. Bereits nach dreimaligem Freizeichen hatte er den
gewünschten Gesprächspartner an die Strippe. »Beierlein«, meldete dieser sich.
    »Entschuldigen Sie«, begann Bruhn ungewöhnlich
vorsichtig und nannte seinen Namen, »Sie hatten sich neulich als … ja, als Berater angeboten.«
    »Sehr gerne, Herr Bruhn«, kam es zurück, »sehr
gerne. Ich hatte nach Lage der Dinge bereits vermutet, dass Sie sich melden würden.
Eine verdammt heiße Sache …«
    Der oberste Kripochef des Landkreises war sichtlich
froh, dass Beierlein sein Anliegen offenbar auf Anhieb erkannt hatte.
    »Es muss natürlich unter uns bleiben«, erwiderte
er kühl, »aber nun scheint es klar zu sein, dass wir’s mit einem Fall aus der Fußballszene
zu tun haben. Sie hatten ja angedeutet, dass Sie in einem solchen Falle behilflich
sein würden. Die Brisanz, die sich jetzt ergibt, will ich nicht untern Tisch kehren«,
fuhr er fort und spielte damit auf Lanskis Hotelzimmer-Buchung auf Beierleins Namen
an. »Ich brauche jetzt aber Ihren Rat.«
    »Nichts lieber als das«, hörte er die beruhigende
Männerstimme sagen und malte nervös Quadrate auf den Zeitungsrand der örtlichen
NWZ.
    »Ich frage Sie jetzt ganz direkt, Herr Beierlein«,
wurde Bruhn auf gewohnte Weise energisch, »halten Sie es für denkbar, dass der Schlüssel
zu unserem Fall in Berlin liegt –
genauer gesagt: Im Wirtschaftsministerium?«
    Durch den Hörer drang ein Laut der Empörung,
der gekünstelten Empörung, wie Bruhn es empfand. Man konnte ihm viel nachsagen,
ihn als Choleriker bezeichnen, aber wenn er sich in einen Fall hineinkniete, dann
war auch er mit Leib und Seele Kriminalist.
    Beierleins Stimme war aufgeregt, doch wurde
das Schrille durch den Versuch übertüncht, sachlich und nüchtern zu wirken. »Herr
Bruhn, ich kann Ihnen versichern, dass alles Hirngespinste sind, was Sie im Zusammenhang
mit Berlin hören. Mein Rat deshalb: Vergeuden Sie

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