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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Silberbesteck glitzerte,
das Licht der Kerzenhalter flackerte und an der Decke brannten abgedimmte Halogenleuchten.
Gangolf hatte das heutige Treffen sofort festgelegt, nachdem der Termin für die
vorgezogenen Neuwahlen des Bundestages festgestanden war. Der Vorschlag, das neue
Hotel Staufeneck dafür auszuwählen, war von dem Stuttgarter Stefan Beierlein gekommen.
Dass sich jedoch in der Zwischenzeit die Ereignisse überschlagen würden, hatten
sie damals nicht voraussehen können. Doch nun, da war sich der Ministerialdirektor
ziemlich sicher, schien man die Lage wieder im Griff zu haben. Und was die ungeklärten
Verbrechen in der Provinz anbelangte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis selbst
dieser ehrgeizige Kommissar das Handtuch werfen würde. Vielleicht auch unter dem
sanften Druck von oben.
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe
Freunde«, begann der Berliner, nachdem die Suppe eingenommen war, die mehrere Männer
in akkurater Kellner-Kleidung serviert hatten, »gestatten Sie mir ein paar Worte
zur Begrüßung. Es freut mich außerordentlich, dass trotz der Ereignisse der vergangenen
Wochen alle von Ihnen gekommen sind.« Er blickte zufrieden in die Runde. »Wir sind
zusammengekommen, Weichen zu stellen und uns möglicherweise neu auszurichten.« Gangolf
senkte die Stimme und ertappte sich dabei, wie sein Blick an Evchens gewagtem Ausschnitt
hängen blieb. »Was geschehen ist, darf nicht noch einmal geschehen.«
     
    Linkohr hatte sich ganz professionell einen Vollbart ankleben lassen.
Obwohl allein schon der schwarze Kellnerkittel und sein seriöses Auftreten keinerlei
Zweifel daran aufkommen ließen, dass er Hotelangestellter sein würde, war es eine
Vorsichtsmaßnahme gewesen. Schließlich hatte er den Kommissar bei einigen Vernehmungen
begleitet. Routiniert servierten Linkohr und die Kollegen des SEK das Essen, dessen
fantasievoller Name allein schon schwer auszusprechen war. Sie entkorkten Weinflaschen,
schenkten ein und ließen die hohe Schule des Servierens erkennen.
    Linkohr hatte sich von dem Tisch fern gehalten,
an dem Beierlein saß, denn mit ihm hatte er im Zuge der Ermittlungen direkten Kontakt
gehabt. Dann aber war er erschrocken, als er beim Abtragen des Suppengeschirrs plötzlich
einen Mann vor sich stehen sah, der viel zu spät den Versammlungsraum betreten hatte.
Eine sportliche Erscheinung, braun gebrannt. Mit jedem hätte er gerechnet, nur nicht
mit ihm. Linkohr hatte sofort beiseite geschaut und war mit seinem voll beladenen
Tablett aus dem Saal gestürmt. Von einem Nebenraum aus wählte er Häberles hausinterne
Nummer. »Haben Sie schon gesehen?«, flüsterte er, als ob es jemand hätte hören können,
»Meckenbach ist auch da. Er ist zu spät gekommen, sitzt ganz hinten.«
     
    Als das Essen beendet war und Gangolf entschieden hatte, dass das Dessert
erst später aufgefahren werden sollte, trat er an das filigrane Rednerpult, um die
Gäste zu informieren. Unter ihnen waren die engeren Mitarbeiter der Organisation,
aber auch Vertreter aus der Wirtschaft, die als große Sponsoren Wert darauf gelegt
hatten, aus erster Hand informiert zu werden. Außerdem waren Sportfunktionäre gekommen,
von denen einigen die Angelegenheit inzwischen zu heiß erschien, wie sie Beierlein
unverblümt mitgeteilt hatten.
    Gangolf hatte für einen kurzen Moment überlegt,
ob er sein Statement hinter verschlossenen Türen halten sollte, dann aber war er
mit sich einig, dass seine Formulierungen keinen der überaus seriösen und diskreten
Kellner in irgendeiner Weise würden hellhörig werden lassen.
    »Wir haben Erfreuliches zu berichten«, kam
der Ministerialdirektor schließlich zur Sache, »dreiundachtzig Komma fünf Millionen
Euro hat unser … ja, unser Förderverein
mit Stichtag einunddreißigster August zusammengetrommelt. Ein wahrlich stolzes Ergebnis.«
Häberle hörte über versteckte Funkmikrofone mit. »Es lief grandios – und es läuft
weiter, meine Damen und Herren, auch wenn wir aufgrund höchst unerfreulicher Umstände,
auf die ich nachher noch zu sprechen kommen werde, vier Millionen …« Er rang noch einer Formulierung, »… abzwacken
mussten. Dafür aber – und da sind wir sehr glücklich – können wir heute Abend auch
wieder unseren Freund und Gönner, unseren Mäzen und Kontaktmann Matthias Nullenbruch
unter uns begrüßen.« Der Mann, der sich an der Rezeption mit ›Pfullinger‹ angemeldet
hatte, erhob sich und winkte mit der rechten Hand huldvoll in die Menge.

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