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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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es mit keinem Einheimischen zu tun hatte.
In der Regel suchten ihn nur Bürger auf, die er persönlich kannte. Viel zu groß
war die Hemmschwelle, den Herrn Abgeordneten persönlich anzusprechen. Schon oft
hatte Riegert über diese Beobachtung nachgedacht. Wahrscheinlich waren Basis und
die Bundespolitiker schon viel zu weit auseinander.
    Er lächelte freundlich und ermunterte den Gast
mit einer Handbewegung, sein Anliegen vorzutragen. »Sie haben ausrichten lassen,
Sie hätten ein dringendes Anliegen.«
    »Es geht nicht um mich, sondern um den Sport«,
erklärte Liebenstein und ließ seinen Blick über die allgemeine Unordnung in dem
Raum schweifen. Hier sah es nach Hektik und Stress aus. »Vielleicht sollte ich mich
erst noch genauer vorstellen. Auch ich komme aus Berlin, vom Wirtschaftsministerium.
Dass ich Sie nicht in Ihrem Berliner Büro aufgesucht habe, hat einen ganz einfachen
Grund: Ich bin beauftragt, die Wahlkreise kennenzulernen.«
    Riegert stutzte. Wirtschaftsministerium? Eva
schoss ihm durch den Kopf. Eva Campe. Die Frau, die so viel Interesse an Fußball
gezeigt hatte. Der Abgeordnete fragte zurück: »In wessen Auftrag?«
    »Wie ich sagte. Wirtschaftsministerium. Interne
Studie. Über die Chancen der Fußballweltmeisterschaft und die daraus resultierenden
Möglichkeiten für strukturschwache Räume.« Er überlegte. »Ihrer zählt dazu, wenn
ich mich nicht irre. Zumindest dieser Bereich Geislingen. Und gerade der ist für
uns – wie übrigens eine ganze Reihe anderer auch – besonders von Interesse. Sie haben schließlich das Stuttgarter
Daimler-Stadion direkt vor der Haustür. Tja … und daraus gilt es Kapital zu schlagen, wenn sich dort die Welt
trifft.«
    Das klang plausibel, überlegte Riegert. Er
wusste aus vielen Gesprächen, welchen Impuls man sich bundesweit von der WM versprach.
    »Und welche Rolle spielen Sie dabei?«, fragte
Riegert.
    »Ich sondiere. Ich will eruieren, wie hoch
die Akzeptanz der jeweiligen Räume für diese WM ist. Und des jeweiligen Abgeordneten.«
    Riegert lächelte spöttisch. »Dass Sie ausgerechnet
mich von der Opposition aufsuchen, ehrt mich. Dann geht man wohl an allerhöchster
Stelle bereits von unserem Wahlsieg aus …?« Der Abgeordnete gab sich misstrauisch. »Wieso fragen Sie nicht
einfach Ihren Herrn Riester, der diesen Wahlkreis hier für Ihre Partei vertritt?«
    Liebenstein blieb gelassen und lehnte sich
zurück. Der Stuhl knarrte bedrohlich. »Sie übersehen, Herr Riegert, dass dies keine
parteipolitische Aufgabe ist, sondern eine Bundesangelegenheit, wenn ich das mal
so sagen darf. Das wird sich unter einer Frau Merkel als Kanzlerin nicht ändern.«
    Riegert gab sich geschlagen. Er kannte die
Kräfte, die im Hintergrund am Werk waren, die sich um Sponsoring und Werbung Grabenkämpfe
lieferten und streng darauf achteten, dass nur Firmenlogos ins rechte Bild gerückt
wurden, die vertraglich festgelegt waren. Unweigerlich musste Riegert an die Forderung
der FIFA denken, ihr die Stadien werbefrei zu übergeben. Beinahe hätte das Stuttgarter
›Gottlieb-Daimler-Stadion‹ während der WM nicht so heißen dürfen, weil der Name
mit Daimler-Chrysler in Verbindung gebracht wurde. Doch dann konnten die Verantwortlichen
davon überzeugt werden, dass das Stadion nach einem gewissen Gottlieb Daimler benannt
wurde, einem begnadeten, aber längst verblichenen Bastler, der quasi nebenbei das
Automobil miterfunden hat.
    »Wissen Sie«, machte Liebenstein weiter, nachdem
der in Gedanken versunkene Riegert nichts mehr gesagt hatte, »leider gibt es inzwischen
auch von verschiedenen Seiten Versuche, unser Bemühen zu torpedieren. Ob es nun
Globalisierungsgegner sind oder Öko-Freaks, Hooligans, linke Chaoten oder was auch
immer – wir befürchten, dass diese Gruppen die optimistische Feststimmung ins Gegenteil
verkehren wollen.«
    »Terroristen?«
    »Nein, davon ist, was diese Sache anbelangt,
nicht auszugehen. Uns geht es darum, dass diese Stimmung der Freundschaft, der Freude
und … ja, sagen wir es ruhig … der Liebe nicht zerstört wird. Deutschland
soll als Gastgeber der Welt ein sympathisches Bild abgeben. Und dass wir mit Jürgen
Klinsmann einen Bundestrainer haben, der dies alles verkörpert – diesen Optimismus,
diese Aufbruchstimmung, diese Sympathie, das ist ein wahrer Glücksfall. Der richtige
Mann zur richtigen Zeit. Dazu noch ein Schwabe, der aus dieser Stadt stammt.«
    »Nicht ganz aus dieser Stadt. Hier hat er als
Jugendlicher mal Fußball gespielt,

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