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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Lieder
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gegeben, dass sie nicht eingreifen sollten.
    Hagedorn ließ von ihm ab und sank auf seinen Stuhl zurück. »Ich kann nicht mehr.«
    Schuster nickte. »Dann reden Sie endlich. Sie haben vorgehabt, die Frau zu überfallen. Als die Schmerzen kamen, haben Sie sie losgelassen. Sie ist abgehauen. Was haben Sie getan? Haben Sie versucht, ihr nachzulaufen?«
    Hagedorn stöhnte wieder. »Es ging nicht. Mir war so furchtbar übel. Und die Schmerzen waren besonders schlimm. Noch schlimmer als sonst.«
    »Und dann?«
    »Ich wollte nach Hause. Ich konnte kaum laufen ...«
    »Und dann haben Sie den Mann gesehen.«
    Hagedorn schien zu überlegen. »Ja, da war ein Mann. Er fragte, ob alles in Ordnung wäre. Ich wollte, dass er mich in Ruhe lässt.«
    Schuster beugte sich wieder vor. »Kannten Sie die Frau, Herr Hagedorn?« An Hagedorns Reaktion sah er, dass er nicht auf dem Holzweg war.
    »Sie kannten sie.« Er nickte und sein Kollege Kuhn ebenfalls.
    »Sie haben die Frau vorher beobachtet. Wobei? Haben Sie sie auf dem Freimarkt gesehen? Hat sie Ihnen gefallen?«
    Hagedorn keuchte leise. »Bitte ... ich brauche meine Tabletten.«
    »Je eher Sie reden, desto schneller bekommen Sie Ihre Tabletten. Haben Sie die Frau vorher beobachtet?«
    »In der Straßenbahn.« Er hatte fast geflüstert.
    »In der Straßenbahn.« Schuster nickte. »Und dann?«
    »Als sie ausgestiegen ist, bin ich ...« Hagedorn brach ab.
    »Sie sind ihr gefolgt.«
    Kuhn hatte sich ebenfalls etwas vorgebeugt. »Sie wollten wissen, wo sie wohnt.«
    »Und wie sie wohnt?« Schuster hatte den Kopf schief gelegt. »Sind Sie in ihrer Wohnung gewesen?«
    Hagedorn rutschte auf seinem Stuhl hin und her, wahrscheinlich nicht, weil der fürchterlich unbequem war. »Nein«, murmelte er leise.
    »Sie lügen«, erwiderte Schuster genauso leise.
    »Nein! Ich lüge nicht!« Hagedorn war wieder aufgesprungen.
    Diesmal drückte Schuster ihn zurück auf seinen Stuhl.
    Hagedorn kam dicht an sein Gesicht heran. »Ich wollte meine Hände um ihren Hals legen ...«, flüsterte er. »Ich wusste, dass sie das wollte. Sie wollte, dass ich es tue, es endlich zu Ende bringe ...«
    Schuster stand auf, ging zur Wand und gleich wieder zurück.
    Hagedorn sah ihn ernst an. »Es war in ihren Augen, in ihrem Blick. Ich sehe so was.« Er zeigte auf Schuster. »Ich seh’s auch bei Ihnen.«
    Schuster schluckte. »Noch mal: Waren Sie in der Wohnung der Frau?«
    Hagedorn warf sich nach vorn auf die Knie und fing an zu schluchzen. »Nein.«
    Schuster setzte sich wieder. Er verspürte einen enormen Adre­nalinschub, so wie immer, wenn er das Gefühl hatte, einer Sache ganz nah zu sein.
    Hagedorn legte die Hände auf den Tisch, so als würde er beten. »Ich konnte nicht hinein«, heulte er. »Die Tür ... es ist eine dieser modernen Türen. Ich habs versucht ...« Er drehte den Kopf und starrte plötzlich Kuhn an. »Ihre Wohnungen sind immer ...« Er legte den Kopf auf die Tischplatte und schloss die Augen. »Sie sind so sauber und rein. Alles sauber und rein. Sauber und rein.«
    Wohnungen ...
    Schuster schloss kurz die Augen.
    Auch Kuhn schien den Atem anzuhalten.
    »Sie sagten Wohnungen.« Schuster hatte leise gesprochen. »Was meinten Sie damit? Waren Sie auch in anderen Wohnungen?«
    Hagedorn faltete die Hände. »Ihre Wohnungen sind sauber. So sauber.«
    »Genau wie Ihre.«
    Hagedorn hob den Kopf. »Ja. Wie meine.«
    »Erzählen Sie mir von den Wohnungen.«
    Der Mann legte wieder den Kopf auf den Tisch. Eine Weile blieb es still, fast hätte man meinen können, dass er eingeschlafen war. Sein Kopf ruhte noch immer auf dem Tisch, seine Augen waren geschlossen.
    Schuster berührte ihn leicht an der Schulter. »Hagedorn? Erzählen Sie mir von den Wohnungen.«
    Hagedorn heulte auf wie ein verwundetes Tier. »Hauen Sie ab, lassen Sie mich in Ruhe«, wimmerte er, die Augen noch immer geschlossen.
    »Erst, wenn Sie mir gesagt haben, was mit den anderen Wohnungen war.«
    Hagedorn stieß einen wütenden Laut aus. Er hob den Kopf und drosch mit der Faust auf den Tisch, sodass Schusters Tasse hüpfte.
    Kuhn nahm seine Tasse hastig an sich.
    Hagedorn ließ sich auf seine Fersen zurückfallen und saß da wie ein kleines Kind vor seiner verschlossenen Spielkiste. »Ich habe mir ihre Wohnung angesehen«, murmelte er mit monotoner Stimme.
    »Welche Wohnung?«
    Hagedorn starrte vor sich hin, so als hinge ein interessantes Gemälde an der Wand vor ihm. »Ich war in dieser Bar. Sie hat mir einen Espresso gemacht. Sie war

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