Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
Kommissar.« Er blieb stehen und schenkte erst Schuster, dann dem Schüler ein breites Lächeln. »Gibt’s etwas Neues?«
»Danke, Sie können gehen.« Schuster nickte Haase zu.
»Hab gehört, dass Sie eine zweite Frau gefunden haben.« Ohlendorf hatte sich neben Schuster gestellt und sich vertraulich zu ihm gebeugt.
Schuster nickte nur.
»Was für eine schlimme Geschichte.« Ohlendorf blickte zu Boden.
Wieder nickte Schuster nur. Der Mann ging ihm auf die Nerven. Entweder er hatte Langeweile oder er war notorisch neugierig. »Herr Oldendorf.« Er schob sich an dem Mann vorbei.
»Ohlendorf, Herr Kommissar. Ohlendorf ist mein Name.«
Schuster nickte ihm flüchtig zu.
»Wenn Sie mit Herrn Stolze sprechen wollen«, rief Ohlendorf ihm nach, »der ist im Kunstraum. Mit Frau Wahlheim.«
Schuster hob eine Hand und ließ sich nicht anmerken, dass er durchaus verstanden hatte, was Ohlendorf ihm damit sagen wollte. Stolze und Wahlheim ... Da haben wir’s wieder ...
Genau wie neulich setzte Schuster sich in den bequemen cremefarbenen Sessel und musste an sich halten, sich nicht mit ausgestreckten Beinen hineinzufläzen. »Ich würde gerne wissen, wo Sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag waren, Herr Stolze.«
Albert Stolze hatte sich auf die Couch gesetzt. Er bemühte sich sichtlich um ein gleichmütiges Gesicht. »Wie lange darf ich darüber nachdenken, ohne dass ich gleich verdächtig wirke?«
Schuster betrachtete das Bild rechts von ihm, ein riesiges Gemälde von irgendeinem modernen Künstler. Für seinen eigenen Geschmack zu modern.
Stolze seufzte. »Ich war im Bett, Herr Kommissar.«
»Allein, nehme ich an?« Oder vielleicht mit Frau Wahlheim?
Stolze nickte nur.
Also wieder kein Alibi.
»Sagt Ihnen der Name Carmen Wolfrat etwas, Herr Stolze?«
»Carmen Wolfrat?« Stolze schien zu überlegen. Dann schüttelte er seinen Kopf. »Nein, der Name sagt mir nichts. Wer soll das sein?«
»Wir haben sie in den Wallanlagen gefunden.«
Stolze wurde bleich. »War sie auch ... eine Joggerin?«
Schuster überlegte, ob Stolze so hervorragend bluffte. Dann wäre er geradezu prädestiniert für die nächste Pokerweltmeisterschaft.
»Nein. Die Frau saß nur in Unterwäsche bekleidet erwürgt auf einer Bank.«
»Grundgütiger ...« Stolze schluckte. »Ich war im Bett, Herr Kommissar. Ich hab geschlafen, wahrscheinlich Albträume gehabt, so wie fast jede Nacht, seitdem Heidi ... seitdem meine Frau ... Auf jeden Fall war ich nicht in den Wallanlagen unterwegs und habe eine Frau auf eine Bank gesetzt.«
»Wir haben einen anonymen Anruf erhalten, Herr Stolze.«
»Dass ich meine Frau umgebracht haben soll. Und diese andere Frau auch?«
Schuster stutzte. »Ein Mann sagte: Ich hab sie geliebt, und ich hab sie umgebracht«, sagte er dann und beobachtete Stolze sehr genau.
Dem war jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen. »Um Gottes Willen ...«
Schuster hatte sich abgeschminkt, dass Stolze ihm einen Kaffee anbieten würde. Kopfschmerzen bahnten sich an. Zu gern wäre er in diesem Sessel sitzengeblieben, am liebsten bis zum Abend.
»Sie waren heute mit Frau Wahlheim im Kunstraum?« Er rieb sich die Schläfen.
Albert Stolze blickte ihn verwirrt an. Dann nickte er langsam. »Wir betreuen ein gemeinsames Projekt.«
»Ich dachte, Sie sind Lehrer für Deutsch und Geschichte?«
Stolze nickte wieder. »Es geht um Friedensreich Hundertwasser. Das aktuelle Deutsch-Thema, und Marion ... Frau Wahlheim greift das Thema in ihrem Kunstunterricht auf.«
Schuster nickte müde. Er hatte Kunstunterricht gehasst, genau wie Deutschunterricht. Beides war zum Einschlafen langweilig gewesen.
Er erhob sich träge und streckte seine Schultern.
»Ich bringe Sie zur Tür.« Stolze ging vor ihm her. Sein Schritt war schwerfällig, seine Schultern hingen herab.
Schuster verabschiedete sich und fuhr übellaunig und mit brummendem Schädel zurück ins Büro.
Staatsanwalt Südmersen ließ sich von niemandem weichklopfen, auch nicht von Hauptkommissar Schuster, der vor ihm stand und so aussah, als würde er ihm gern irgendwas an den Kopf werfen und sei es auch nur ein unschönes Wort.
»Einen Fallanalytiker?« Südmersen schnaubte und schüttelte den Kopf.
»Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund dafür. Nur einen einzigen.«
»Wir drehen uns im Kreis.«
Südmersen musterte Schuster. »Was Sie nicht sagen. Das ist kein Grund, einen Fallanalytiker zu holen. Wir haben zwei Mordfälle, Herr Schuster, zwei Mordfälle, die, so wie’s
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