Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
gesagt?«
»Dass er sie umgebracht hat. Weiter nichts. Er hat gesagt: Ich war’s. Ich hab sie geliebt, aber ich hab sie umgebracht. Als ich gefragt habe, wer er ist und wen genau er umgebracht hat, war’s einen Moment still in der Leitung und dann hat er einfach aufgelegt.«
Im Büro war es augenblicklich mucksmäuschenstill.
»Sollen wir jetzt raten, wen er gemeint hat, verflucht noch mal?«, polterte Schuster los, dann biss er sich auf die Unterlippe und verließ das Zimmer.
Er ging ins Bad, wusch sich zweimal hintereinander die Hände, und als er zurückkam, saß Lahm auf Grätschs Schreibtischkante und die beiden unterhielten sich.
Als Schuster ins Zimmer kam, verstummten sie.
»Tut euch keinen Zwang an«, knurrte er und setzte sich an seinen Schreibtisch. »Tut einfach so, als wär ich gar nicht da.« Er nahm seine bereits etwas verfilzte Mütze ab, legte sie auf den Schreibtisch und kratzte sich ausgiebig am Kopf. »Er kannte sie also. Fragt sich nur, wen er gemeint hat. Heidi Stolze, Carmen Wolfrat? Alle beide?«
»Genau das wissen wir nicht«, meinte Lahm.
»Ganz genau! Weil du es vermasselt hast«, blaffte Schuster ihn an.
Grätsch hob eine Hand. »Wartet. Bevor ihr euch wieder an die Gurgel geht ... Wir sollten lieber nachdenken, wie wir nun vorgehen können.«
»Vielleicht ruft er ja noch mal an«, knurrte Schuster und warf Lahm einen wütenden Blick zu. »Und vielleicht sagt er dann ja auch seinen Namen.«
Lahms Blick war nicht weniger wütend.
Grätsch seufzte.
Genau in dem Moment klingelte ein Telefon und alle fuhren gleichzeitig zusammen.
Es war aber nur Angelika Grätsch, die ihrem Mann mitteilen wollte, dass er wieder mal die Brötchen liegengelassen hatte, die sie ihm am Morgen geschmiert hatte.
Schuster saß in seinem Mazda und dachte darüber nach, ob es nicht vielleicht nur ein Spinner gewesen war, der angerufen hatte. So etwas kam häufig vor.
Manche machten sich sogar einen Spaß daraus, die Polizei anzurufen und auf eine falsche Fährte zu locken.
Er war auf dem Weg zu Albert Stolze. Grätsch hatte er erzählt, dass er sich noch mal ein bisschen in der Schule umsehen wollte.
Tatsache war, dass er Stolze auf den Zahn fühlen wollte. Und nicht nur ihm. Auch diesen Schüler, diesen Thorsten Haase, würde er sich noch mal vorknöpfen.
Albert Stolze kam gerade aus dem Lehrerzimmer, als Schuster den Flur entlanglief. »Tag, Herr Stolze. Ich würde gern noch mal mit Ihnen reden.«
Wenn Stolze genervt war, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
»Mir wäre lieber, wir würden das nicht hier tun«, sagte er nur.
»Warum nicht?«
»Weil sich sowieso schon alle das Maul zerreißen.«
»Was schlagen Sie vor?«, fragte Schuster.
Stolze seufzte. »Warum kommen Sie nicht am Nachmittag zu mir?«
»Einverstanden.«
Stolze eilte den Flur entlang, und Schuster fiel ein, dass er noch mit Thorsten Haase reden wollte. Er lief hinter Stolze her. »Einen Moment noch ...«
Stolze drehte sich zu ihm um. Noch immer verriet sein Gesicht nichts, man sah ihm nicht an, falls er verärgert oder genervt war.
»Wo finde ich Thorsten Haase?«
»Die Treppe rauf, links, und dann die zweite Tür rechts. Klasse 11c.«
Während Schuster die Treppe hochstieg, fragte er sich, was genau er Haase überhaupt fragen wollte. Wenn er ehrlich war, hatte er nicht eine plausible Frage in petto.
Als er die Tür zum Gang aufstieß, kam ihm Haase entgegen. Beide sahen sich für einen Moment etwas verwirrt an.
»Das trifft sich gut«, sagte Schuster schließlich. »Ich hätte Sie gern noch was gefragt.«
Haase machte aus seinem Empfinden keinen Hehl. Er war überhaupt nicht angetan davon, dass er schon wieder verhört wurde. »Was denn noch?«, fragte er betont lässig.
»Kann es sein, dass Sie vielleicht doch in Frau Stolze verliebt waren?«
Schuster, du bist so blöd wie du lang bist ... Glaubst du im Ernst, dass der Bursche dir die Wahrheit sagt? Ja, Herr Kommissar, ich hab sie geliebt, angehimmelt, begehrt, was auch immer. Und ja, ich hab sie umgebracht, weil sie fand, dass ich ein kleiner Junge bin. Was dagegen?
Thorsten Haase stieß die Luft durch die Nase. »Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass ich Frau Stolze cool fand. Nett, mehr nicht. Warum fangen Sie immer wieder davon an?« Er sah an Schuster vorbei und verzog das Gesicht.
Offenbar hatte er jemanden hinter Schuster entdeckt.
Der drehte sich um und sah, dass der Hausmeister in seinem grauen Kittel den Flur entlang kam.
»Tag, Herr
Weitere Kostenlose Bücher