Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
lassen Sie es mich wissen.«
Schuster bemerkte, wie sein Kollege Grätsch ihm einen besonderen Blick zuwarf. Ruhig bleiben , bedeutete der.
Fast unmerklich nickte er ihm zu, atmete einmal tief durch und sagte betont freundlich. »Sie werden der Erste sein, der es erfährt.« Das hatte einfach sein müssen.
Grätsch schnappte hörbar nach Luft.
Schuster machte sich bereit für eine neuerliche verbale Attacke, stattdessen machte Südmersen auf dem Absatz kehrt und knallte die Tür etwas fester hinter sich zu, als notwendig gewesen wäre.
Schuster formte mit den Lippen das bekannte A-Wort.
Grätsch sah auf seine Uhr. »Fahr nach Hause. Mach Feierabend. Ich halte die Stellung.«
Schuster fand, das sei gar kein so schlechter Gedanke und saß keine zehn Minuten später im Auto. Er würde sich einen riesigen Teller Pasta mit höllisch scharfer Soße kochen, dazu frisch geriebenen Pecorino.
Und ein Glas Merlot. Ein einziges.
Na schön, vielleicht auch zwei.
Sein Handy klingelte.
»Heiner?« Der Doc. Er klang etwas verschnupft.
»Is was, Doc?« Schuster grinste vor sich hin. »Du klingst erkältet.«
»Bin ich auch. Hast du schon Feierabend?«
»Sozusagen.« Vor Schuster scherte jemand haarscharf ein, und er trat auf die Bremse. »Hornochse, irrer!«
Der Doc schnäuzte sich die Nase. »Damit meinst du hoffentlich nicht mich.«
»Natürlich nicht. Du bist doch mein Lieblingsarzt.«
Stello stöhnte auf. »Bevor du noch mehr rumsülzt ... Ich wollte, dass du der Erste bist, der es erfährt ...«
Schuster hielt die Luft an. Im Geiste sah er sich bereits mitten auf der Straße wenden und zum Präsidium zurückfahren.
»Der Obdachlose ist nicht der Kerl, den ihr sucht.«
Er hatte es geahnt. Auch wenn immer ein klitzekleiner Funken Hoffnung blieb. »Danke, Doc.« Seufzend legte er auf.
Wenn seine Nase nicht allzu sehr pochen würde, würde er noch eine Runde durch den Park laufen.
Obwohl die Nase unangenehm schmerzte, lief Schuster am Abend durch den Bürgerpark. Das Wetter war herrlich, und nach fünf, sechs Kilometern verspürte er den unbändigen Drang, einfach weiterzulaufen. Er nahm einen anderen Weg als sonst, und seine Laune stieg mit jedem weiteren Meter.
Er pfiff leise und beschloss, mal wieder ins Universum Science Center zu gehen. Vielleicht gleich am Wochenende. Oder vielleicht mal ins Übersee-Museum, dort war er seit Jahren nicht mehr gewesen.
Auf dem Rückweg kam er an Jana Tellmanns Wohnung vorbei.
Sie stieg gerade aus ihrem roten Fiat, und urplötzlich hatte er Chris de Burghs Lady in Red im Kopf.
»Hallo, Heiner. Immer, wenn ich Sie sehe«, sie zeigte auf sein Sport-Outfit, »plagt mich mein schlechtes Gewissen.«
Schuster trippelte auf der Stelle.
Jana stutzte und zeigte auf seine Nase. »Wie ist das passiert?«
»Ich hatte ein kleines Zusammentreffen mit einem Kerl«, erwiderte er achselzuckend. Sein Blick wanderte unbewusst zu seiner noch immer etwas kratzenden Sporthose.
»Ist sie gebrochen?«
»Nein, Gott sei Dank nicht.« Wenn sie auch nur ein Wort über seine Sporthose verlieren würde ...
Vermutlich würde er die verflixte Hose an Ort und Stelle in die Mülltonne werfen.
Jana musterte ihn etwas schüchtern. »Ich hab mir auch vorgenommen, wenigstens einmal die Woche etwas Sport zu machen.« Ihr Blick blieb an seiner Hose hängen, und er machte für einen Moment die Augen zu. »Ich war gestern in einem Sportgeschäft. Man wollte mir eine dieser neuen Hosen andrehen, Sie wissen schon, die aus dem modernen Stoff.«
Er selbst hatte eine Menge Hohn und Spott wegen seines Outfits einstecken müssen und würde einen Teufel tun, sich nun vor ihr in die Nesseln zu setzen. »Um ehrlich zu sein ...«
Sie winkte ab. »Tut mir leid. Ich stehe hier und gehe Ihnen mit meinem Geschwätz auf die Nerven.«
»Aber nein!« Das kam zu vehement, und er schluckte wütend.
Wieder lächelte sie, und er betrachtete das hübsche Grübchen, das an ihrem Mundwinkel erschien.
»Ich hab Sie das noch nie gefragt ... Glauben Sie, dass Lars irgendwas mit den Morden zu tun hat?«
»Keine Ahnung«, knurrte er. Gleich darauf räusperte er sich: »Verzeihen Sie, aber darüber möchte ich lieber nicht reden.«
Er nickte ihr zu und hoffte, dass sein gequältes Lächeln halbwegs echt aussah.
Dann fiel ihm ein, dass er ihr noch ein Essen schuldete. Sollte er das jetzt erwähnen oder wäre das zu aufdringlich?
»Ich würde gern mal für uns kochen«, sagte er schließlich.
Sie nickte lächelnd.
Weitere Kostenlose Bücher