Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
einen Blick in den Rückspiegel.
Himmel, ich seh aus wie Klitschko nach der vierten Runde ...
Lahm beobachtete ihn dabei. »Du hast Glück, dass er dir die Waffe nicht abgenommen hat. Kannst du sein Gesicht beschreiben? Ich meine, du hast ihn doch gut gesehen, oder?«
»Ich stand direkt vor ihm. Wenn ich zeichnen könnte, würde ich höchstpersönlich seinen Steckbrief entwerfen.«
Der Doc wollte gerade Feierabend machen und sah Schuster mit einer Mischung aus Verwunderung und Belustigung an.
»Na, immer im Dienst, was? In die Oper würde ich dich so nicht mitnehmen, Heiner.«
Schuster biss sich auf die Zunge. Er hatte sich heute schon genug über sein Sportoutfit angehört.
Stello grinste vor sich hin. »Schick, wirklich schick. Schwer im Kommen.«
»Ja, danke. Ich hab heute schon ’ne Menge Komplimente gehört.«
Jetzt brüllte Stello vor Lachen. Er nahm seine Brille und wischte sie an seinem Kittel ab. Dann seufzte er, um zu demonstrieren, wie sehr ihn sein Heiterkeitsausbruch angestrengt hatte, und wurde bierernst. »Was ist mit deiner Nase passiert?«
Schuster seufzte ebenfalls, wenn auch aus anderen Gründen.
Seine Nase pochte. Aus den Augenwinkeln betrachtete er sehnsüchtig das funkelnde Waschbecken.
Der Doc befühlte seine lädierte Nase. Dabei ging er ausgesprochen behutsam vor. »Hast Glück gehabt. Nicht gebrochen.«
Schuster stöhnte leise auf, vor Erleichterung und weil es in seiner Nase unangenehm kribbelte und pulsierte.
Stello säuberte und desinfizierte die Wunde, was Schuster wieder an das erinnerte, was er hatte verdrängen wollen.
»Kann ich mir mal die Hände waschen?«
Stello blickte ihn stirnrunzelnd an. »Du stehst auf den Duft von Desinfektionsmitteln, was?« Er hob die Schultern. »Na ja, jedem das Seine.« Er nickte in Richtung Waschbecken.
Schuster seufzte erleichtert auf und schrubbte sich die Hände.
Sie waren rot und aufgesprungen, das scharfe Reinigungsmittel hatte ihnen den Rest gegeben. Er trocknete sie ab und bemerkte, dass er das weiße Frotteetuch mit Blut beschmiert hatte. Das sah auch Stello.
Er kam näher. Noch bevor Schuster etwas erklären konnte, hatte er dessen Hände genommen und sie ausgiebig betrachtet. »Warst du damit mal beim Hautarzt?«
Schuster errötete etwas und senkte den Blick. »Wieso?«
»Wieso?« Der Doc lachte kurz auf. »Das sollte sich mal jemand ansehen.«
»Du siehst es dir doch gerade an.«
Stello beäugte ihn über seinen Brillenrand. Er öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, besann sich aber anders und ging wieder zu seinem Wandschränkchen. Eine Weile kramte er darin herum und kam mit einer kleinen Tube zurück. Er schraubte den Deckel ab, nahm Schusters Hände und bestrich sie ausgesprochen vorsichtig mit einer weißen Salbe.
Schuster hatte das Ganze schweigend über sich ergehen lassen.
»Bitte.« Stello warf ihm einen kurzen Blick zu.
»Danke, Doc.« Schuster wich seinem Blick aus und tat so, als müsse er sich umsehen.
»Du hast ein kleines Problem«, brummte Stello und ging wieder zu seinem Mikroskop und schraubte daran herum.
Schuster lachte. »Ein Problem? Ich? Blödsinn.«
Stello blickte auf. »Du weißt, dass du ein Problem hast.«
»Quatsch, ich ...«
»Lass mich raten. Du schläfst schlecht, trinkst zu viel, isst ungesund, denkst zu viel an deine Exfrau, arbeitest zu viel, rennst dafür wie ein Verrückter durch den Park, bis du keine Luft mehr bekommst und schrubbst dir die Hände wund. Und du findest, du hast kein Problem, ja?«
»Woher ...?« Schuster verstummte. Er wurde blass, dann rosarot.
Stello kam zu ihm und legte eine Hand auf seine Schulter. »Ich bin kein Psychiater, aber ich sehe, was ich sehe. Und du siehst aus wie ein Mann, der so tut, als sei alles in bester Ordnung. Und dieser Mann säuft, schläft nicht, grübelt zu viel und außerdem«, er deutete auf Schusters Hände, »gefällt mir das da nicht.«
Er drehte sich wieder um und stiefelte zu seinem Mikroskop zurück. »Und denk ja nicht, dass ich nicht sehe, wie du dauernd diese blödsinnigen Vitamine in dich reinstopfst.«
Schuster klappte seinen Mund wieder zu. Er hatte gerade sagen wollen, dass es ihm prima ging, er vielleicht nur ein wenig zu reinlich war.
Der Doc schüttelte den Kopf. »Du bist doch nicht blöd. Diese ganzen Vitamine nützen dir gar nichts. Die helfen nur deinem Apotheker. Leute wie du sorgen dafür, dass die Apotheken wie Pilze aus dem Boden schießen.«
Schuster hatte genug. Er drehte sich um und
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