Schutzengel mit ohne Flügel
ganze Nacht kämpften die Löschtrupps der Feuerwehr gegen die gewaltigen Flammen. Sie konnten die Wohnetagen des Hauses mit Mühe retten, aber der gesamte Dachboden einschließlich der Dachkonstruktion wurde vernichtet. Beim Nachlöschen fand sich unter den Zuschauern ein pockennarbiger, scheußlicher Kerl ein, der wie ein Mörder aussah. An den Füßen hatte er Jazzstiefel, sein Haar war zottig, und an seinem Gürtel hing ein Messer in der Scheide. Sein Atem stank nach verfaultem Käse. Er stand gegenüber der Brandstätte und betrachtete zufrieden die Verwüstungen, die das Feuer bewirkt hatte. Dieses Scheusal war von Beruf Teufel.
Um den Oberteufel handelte es sich jedoch keineswegs, sondern es war der mehrfache Mörder und alte Ganove Rauno Launonen. Er hatte seine Verbrechen bald nach dem Zweiten Weltkrieg in Finnland verübt, hatte drei Menschen getötet, zahlreiche Betrügereien und Raubüberfälle begangen. Sein Heimatort war Laune in Mittelfinnland gewesen, wo ihn die Leute gefürchtet hatten, bis er Ende der 50er-Jahre im Zuchthaus gestorben war. Launonen hatte als einer der geschicktesten Verbrecher seiner Zeit gegolten. Er war intelligent gewesen und hatte sich bei Bedarf korrekt benehmen können. Er hatte sogar ordentlich die Schule besucht und es bis zum Abitur geschafft. Ein schlauer Spitzbube, aber vom Wesen her gnadenlos. Kein Wunder, dass er nach seinem Tod zum Berufsbösewicht geworden war. So, wie im Himmel Scharen von Engeln agierten, gab es auch in der Hölle die entsprechende Mannschaft. Und einer der Teufel hatte sich nun aufgemacht, die Brandstiftung in Helsinki zu begutachten. Der Satan hatte Launonen losgeschickt, Schutzengel Sulo Auvinen zu vernichten. Der fliegende Religionslehrer war ein ernst zu nehmender Konkurrent für die Teufel geworden, sie fürchteten seine Taten.
Aaro Korhonen verbrachte den Rest der Nacht in Viivis Wohnung, Fräulein Nuutinen im Hotel Helka. Am Morgen kam Aaro mit Viivi zur Brandstätte, um die Höhe der Schäden zu schätzen. Das gesamte Dachgeschoss war weg, die verkohlten Reste hingen an den Wänden der obersten Wohnetage. Aaro rief einen Bauunternehmer an und bestellte ein paar Männer, die auf Dacharbeiten spezialisiert waren, damit sie den oberen Boden vor Regen schützten. Im weiteren Verlauf des Tages engagierte er einen Architekten und einen Ingenieur, die die statischen Berechnungen und die Pläne für den Bau eines neuen Dachgeschosses machen sollten. Der Vorstand der Wohnungsgesellschaft traf sich zu einer Sondersitzung, um den anstehenden Neubau zu besprechen.
Jani Vottonens verkohlte Überreste wurden in die Pathologie gebracht. Die Leiche zu öffnen war nicht mehr möglich, die Identität des Brandstifters konnte nicht geklärt werden. Der unbedeutende Schmierfink blieb eine namenlose Leiche, derer niemand gedachte. Nicht einmal der Engel Gabriel alias Unteroffizier Kalle Määttä machte um Janis Tod viel Aufhebens. Der Brandstifter war bestimmt längst in der Hölle angekommen.
Das Feuer hatte die Wohnetagen nicht beschädigt. Im Treppenhaus gab es Rauchspuren, aber Löschwasser war nicht in die Etagen eingedrungen. Der gewaltige Brand hatte letztlich überraschend wenige Schäden verursacht.
Viivi öffnete das Büchercafé. Die Gäste standen beinahe Schlange, denn viele Menschen waren neugierig und wollten die Spuren des Feuers sehen, und da sich Aarettis antiquarisches Büchercafé mitten im betroffenen Gebäude befand, herrschte an Kundschaft kein Mangel. Bücher gingen zu Dutzenden über den Ladentisch.
Fräulein Nuutinen verkündete, dass sie für ein paar Tage ins heimatliche Lieksa fahren wolle. Vorsichtig bemerkte Aaro, dass sie doch eigentlich gleich all ihre Sachen mitnehmen und dableiben könnte, denn im Grunde genommen sei ihre Anwesenheit im Büchercafé nicht erforderlich. Fräulein Nuutinen schnaubte nur verächtlich und erklärte, dass sie in die Mechelininkatu zurückkehren werde, sowie sich der Rauchgeruch verzogen habe.
Schutzengel Sulo Auvinen sah seine Gelegenheit gekommen. Wenn Fräulein Nuutinen nach Lieksa fuhr, bestand die gute Chance, ihre Rückkehr nach Helsinki zu verhindern und so den Fehler von einst zu korrigieren. Der Engel Gabriel würde sich bestimmt freuen, wenn er erführe, dass Sulo die Nuutinen wieder dorthin zurückbefördert hatte, wo er sie einst zu Aaro Korhonens Verdruss hergeholt hatte.
Rauno Launonen wäre ebenfalls gern nach Lieksa gereist, um den Fortgang der Dinge zu verfolgen. Aber
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