Schutzlos: Thriller (German Edition)
einen dichten Fleck Unkraut, etwa zwölf Meter von dem Wächter entfernt. Mit einem Nicken in Richtung Armbrust sagte Pogue: »Das Geschoss macht ihn für etwa zwanzig Sekunden kampfunfähig, wir müssen uns also beeilen. Ich gehe vor, Sie kommen mit der Beretta hinterher und geben mir Deckung. Das geht in Ordnung für Sie, oder?«
Jemanden zu töten, meinte er. »Ja.«
Ich zielte auf den Eingang, aus dem eine etwaige Verstärkung kommen musste.
»Los«, flüsterte ich.
61
Pogue hob die Waffe. Er sah vollkommen entspannt aus dabei, wie ein Mann, der im Begriff ist, eine Fliege in einen klaren Bach zu werfen.
Er glich die Schwerkraft und den leichten Wind aus. Als sich der Wächter von uns wegdrehte, drückte Pogue ab. Der Pfeil sauste in einem perfekten Bogen durch die Luft und traf den Mann mitten in den Rücken. Ich wusste nicht, wie viel Volt das fliegende Elektrogeschoss hatte, aber es waren genug. Der Wächter ging zitternd zu Boden.
Sofort waren wir auf den Beinen und rannten im Tandem auf ihn zu. Pogue hatte die Armbrust fallen gelassen und stattdessen nun eine Pistole in der Hand. Ich behielt weiter den Eingang, die Fenster des Gebäudes und die nähere Umgebung im Auge. Von etwaigen Feinden war nichts zu sehen. Pogue verschnürte den Wächter an Armen und Beinen mit Plastikfesseln und klatschte ihm ein Klebeband auf den Mund. Ich steckte sein Funkgerät und sein Handy ein, nachdem ich beide abgeschaltet hatte, dann hob ich seine Pistole auf und tastete ihn nach weiteren Waffen ab. Auch wenn taktische Operationen nicht mein Spezialgebiet sind, weiß ich, dass man nie Waffen zurücklässt, die die andere Seite später finden könnte.
Mitnehmen oder zum Müll, lautet der Merkspruch.
Ich angelte mir die Brieftasche des Mannes aus seiner Jacke und stellte enttäuscht, wenngleich nicht überrascht, fest, dass er ein Profi war und dass es keine Hinweise auf einen Auftraggeber oder eine Organisation gab. Er hatte vier Führerscheine auf verschiedene Namen, aber mit demselben Bild, dazu Geld und Kreditkarten auf eben diese Namen.
Kurz darauf kam der Mann wieder zu sich. Er blickte ängstlich zu uns auf und begann zu würgen. Pogue und ich schleiften
ihn um die Ecke des Gebäudes, und ich riss ihm den Knebel vom Mund und ließ ihn erbrechen. Als er fertig war, klebte ihm Pogue den Mund wieder zu. Ich kauerte nieder und zog das kleine Klappmesser hervor, das ich immer bei mir trage.
Ich öffnete es mit einem leisen Klicken. Der Mann zappelte. Ich zeigte auf das Klebeband und hielt zwei Finger in die Höhe. Die Angst des Manns wuchs an, als Pogue ein zweites anbrachte.
Ich ging nahe an ihn heran und sagte: »Ist Loving hier?«
Ein Zögern. Pogue packte eine Hand des Mannes, und ich zog ihm die Schneide über die Fingernägel. Schmerzlos, aber wirkungsvoll; trotz des Knebels konnte man den erschrockenen Schrei des Manns hören.
Ein Nicken.
»Wie viele Leute sind insgesamt da drin?« Ich begann zu zählen. Bei vier ging sein Kopf heftig auf und ab.
»Und der Mann, der Loving angeheuert hat – wir wissen, dass er auf dem Weg hierher ist. Wann wird er eintreffen? Blinzle – jedes Blinzeln sind fünf Minuten.«
Ich zählte mit. Es summierte sich auf eine halbe Stunde.
»Wer ist er?«
Ein verzweifeltes Kopfschütteln folgte.
Ich glaubte ihm, dass er die Identität des Auftraggebers nicht kannte.
»Die vier im Gebäude – sind sie alle bei dem Mädchen?«
Ein Achselzucken, aber ein verängstigtes, und ich nahm an, dass er es nicht wusste.
»Wo?« Ich ging verschiedene Richtungsangaben durch, zu denen er entweder nickte oder den Kopf schüttelte. Ein-, zweimal zuckte er mit den Achseln.
Offenbar waren sie im hinteren Teil des Gebäudes, geradeaus den Hauptkorridor entlang; allerdings wusste er nicht oder konnte sich nicht erinnern, auf welcher Etage. Denn während
das Gebäude hier beim Eingang nur einstöckig war, gab es tiefer im Hügel verschiedene Geschosse, wie DuBois herausgefunden hatte.
Ich nickte Pogue zu, schloss die Augen und legte den Kopf kurz schief. Er zog eine große Spritze aus seinem Rucksack. Der Wächter zappelte heftig, wahrscheinlich dachte er, wir wollten ihn töten, aber Pogue führte die Nadel geschickt in eine Ader ein, und im nächsten Moment schlief der Mann. »Wie lange?«, flüsterte ich.
»Etwa zwei Stunden.«
Ich riss ihm den Knebel ab, weil ich befürchtete, er könnte wieder würgen und an seinem Erbrochenen ersticken. Pogue sah mich verwundert an, als wäre es
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