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Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Commonwealth of Virginia waren die Sympathien in Great Falls geteilt gewesen. Die Anhänger der Union und die der Konföderation waren häufig Nachbarn. Dass »Bruder gegen Bruder kämpfte« war hier kein Klischee.
    Ich weiß das aus meiner Geschichtslektüre – ebenfalls eins meiner Studienfächer –, obwohl ich auch viel über das Weltgeschehen aus Brettspielen gelernt habe. Ich mag diese Spiele, in denen berühmte Schlachten nachgestellt werden und die meist amerikanischen Ursprungs sind. Die Europäer bevorzugen wirtschaftlich und gesellschaftlich produktive Spiele, die Asiaten abstrakte. Amerikaner dagegen lieben ihre Schlachten. Zu den Spielen, die ich besitze, gehören die Ardennenschlacht, Gettysburg, D-Day, die Schlacht um Britannien, die Belagerung Stalingrads.
    Manche Leute in der Spielergemeinde meiden sie, weil sie angeblich respektlos seien. Aber ich finde, dass das Gegenteil zutrifft: Wir ehren jene, die im Dienst für ihr Land gestorben sind, indem wir uns ihrer erinnern, wie wir können.
    Wer würde außerdem nicht einräumen, dass es eine große Verlockung darstellt, die Vergangenheit umzuschreiben? Ich habe einmal das japanische Militär bei einem Spiel, das auf Pearl Harbor basierte, vernichtend geschlagen. In meiner Welt hätte der Pazifikkrieg nie stattgefunden.
    Meine Gedanken kehrten immer wieder zu der Familie zurück, die hier gewohnt hatte, als das Haus neu gewesen war. Es war eine große Sippe gewesen, nahm ich an. Viele Kinder waren
damals die Regel. Die Schlafzimmer hätten genügend Platz für den Nachwuchs plus ein, zwei ältere Generationen geboten.
    Das hatte mir immer gefallen: Generationen, die zusammenlebten.
    Ein Bild aus der Vergangenheit: Von Peggy, ihrer Mutter und ihrem Vater.
    Mir wurde jetzt klar, dass mich Maree ihrem Äußeren nach und wegen ihrer durchtriebenen Seite an Peggy erinnerte. Peggy hatte natürlich nichts von Marees Düsternis, ihren ärgerlichen Seiten oder ihrer unsteten Natur.
    Mr. Tour Guide …
    Peggy hatte mich einmal einen bösen Jungen genannt, aber das war geschehen, nachdem ich gemerkt hatte, dass man uns bei McDonald’s eine große Portion Pommes gegeben hatte statt der normalen, die wir bezahlt hatten, und ich hatte gesagt: »Verduften wir, bevor sie es merken.«
    Noch mehr unerwünschte Erinnerungen.
    Ich streckte mich und spürte den Schmerz in meinen Waden und Gelenken von der Verfolgung Henry Lovings bei der Fliegenfalle und im Rücken von meinem Rückzug beim Hillside. Ich zwang mich, im Geiste ein paar Runden des chinesischen Spiels Wei-Chi gegen einen unsichtbaren Gegner zu spielen, um die unerbetenen Gedanken zu vertreiben.
    Dann beschloss ich, dass es Zeit war zu schlafen, und drehte mich zur Seite. Zwei Minuten später war ich eingeschlafen.

SONNTAG
    Die Spieler ziehen nicht immer der Reihe nach,
um ihre Armeen zu bewegen. Vielmehr bestimmt ein Blatt
Battle-Karten, welcher Spieler als nächster zieht und
welche seiner Einheiten ziehen und angreifen können.
Niemand weiß, wer als nächster dran ist, ehe die
oberste Battle-Karte auf dem Stapel umgedreht wird.
So bleibt der Spielablauf ein Geheimnis.
    AUS DER ANLEITUNG ZU DEM BRETTSPIEL BATTLE MASTERS

21
    Nichts tun.
    Es ist kein großes Problem für uns Schäfer; wir sind daran gewöhnt. Wir sind wie die Piloten einer Fluggesellschaft, deren Leben zu neunundneunzig Prozent aus öder Routine besteht. Wir erwarten nichts anderes, und auch wenn wir für die seltenen Momente trainieren, in denen wir handeln müssen, um ein Unglück zu vermeiden, ist uns klar, dass wir den größten Teil unseres Arbeitslebens im Wartestand verbringen werden. Idealerweise zumindest.
    Doch für unsere Mandanten wird die Zeit, die sie in einem sicheren Haus verbringen, häufig zum Albtraum. Sie werden aus ihrem aktiven Leben gerissen und müssen Stunde um Stunde an Orten wie diesem verbringen, so gemütlich sie sein mögen, ohne arbeiten zu können, ohne Projekten in ihren Häusern nachgehen zu können, ohne Freunde zu sehen. Wenige Telefongespräche, keine E-Mail … Selbst Fernsehen ist wenig befriedigend, da die Sendungen sie an die Welt erinnern, die außerhalb ihres Gefängnisses existiert, verblassende Wiederholungen einer Existenz, in die sie vielleicht nie zurückkehren werden, frivole Shows, Drama und Komödie zugleich, eine Verhöhnung der Tragödie, die sie durchleben.
    Nichts tun …
    Was unter anderem dazu führt, dass sie sich oft in das Vergessen flüchten, das der Schlaf ihnen

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