Schutzlos: Thriller (German Edition)
mitgeteilt, wohin ich mir meine richterliche Vorladung stecken könne.«
»Vorladung? Was für eine Vorladung?«
»Das ist gewissermaßen das Problem. Ich habe gedroht, ihn vorladen zu lassen.«
»Wofür?« Ich konnte mir wirklich kein Szenario vorstellen, bei dem eine Vorladung zielführend gewesen wäre.
»Ich habe es frei erfunden. Ich war so wütend darüber, wie er mit mir geredet hat. Ich sagte, wenn er meine Fragen nicht beantworten will, würde ich zu einem Richter gehen, ihn vorladen lassen und zum Reden zwingen.«
Ich blieb einen Moment lang stumm. Zeit für eine Lektion. »Claire, es gibt einen Unterschied zwischen Bluff und Drohung. Bei einer Drohung hat man etwas in der Hand, um sie durchzusetzen. Bei einem Bluff hat man nichts. Wir drohen. Wir bluffen nicht.«
»Ich habe wohl eher geblufft.«
»Okay«, sagte ich. »Wo ist er jetzt?«
»Meines Wissens zu Hause. In Fairfax. Es tut mir leid. Er mauert jetzt.« Mein Fräulein …
»Wissen Sie was? Treffen Sie mich in einer halben Stunde im Hyatt in Tysons.«
»Okay.
Nachdem ich aufgelegt hatte, ging ich zu Ryan Kessler an den Tisch im Wohnzimmer, wo er über Dokumenten brütete. Ich erzählte ihm von den Peilsendern, die Lovings Partner in meinen Radschacht geschmuggelt hatte.
»Sie waren von uns?«, fragte er überrascht.
»Wir konnten die genaue Quelle nicht ermitteln. Aber es sind dieselben Modellnummern, wie sie die Metropolitan Police kauft.«
»Tatsache ist, dass wir sie nie benutzen«, sagte Ryan. »Theoretisch sind sie eine tolle Sache, aber die meisten Beschattungen laufen in der Praxis nicht so. Der Empfang ist schlecht, oder das Signal wird gestört. Hauptsächlich legen wir sie in Geldtaschen für fingierte Käufe, wenn es eine Menge Geld ist und wir Angst haben, es zu verlieren. Aber man bekommt sie auch von so gut wie jedem Unternehmen, das Sicherheitskrimskrams verkauft.«
»Können Sie sich jemanden beim MPD vorstellen, der die Fälle von Graham oder Clarence Brown möglicherweise überwacht? Oder einen Ihrer kleineren?«
»Jemand bei uns, der mit Loving zusammenarbeitet? Ausgeschlossen. Das tun wir nicht. So etwas tun Polizisten einander nicht an.«
Ich sagte nichts, aber ich dachte: Leute tun jedem alles an – wenn man das richtige Druckmittel gegen sie hat.
Ich wandte mich wieder meinem Computer zu, und da ich nicht wollte, dass er meine Bitte hörte, schrieb ich DuBois eine E-Mail und fügte ihrer Liste der zu erledigenden Aufgaben einen weiteren Punkt zu. Sie bestätigte meine Anfrage.
Garcia und Ahmad drehten ihre Runden. Ich teilte ihnen mit, dass ich eine Weile unterwegs sein würde, um die Suche nach dem Auftraggeber fortzusetzen. Ich ging zu der freistehenden Garage hinaus und öffnete die Tür. Ein Honda Accord stand darin, auf einen fiktiven Bewohner von Arlington, Virginia, zugelassen. Billy hatte einige Modifizierungen vorgenommen – Notlaufreifen, mehr PS und ein wenig Panzerung –, aber es war immer noch weitgehend ein Serienauto. Ich ließ den Wagen an und fuhr durch den Tunnel aus Blättern und Zweigen aus dem Grundstück hinaus.
Ich war etwa zehn Minuten vom sicheren Haus entfernt, als
das Telefon läutete. Ich erkannte Westerfields Nummer. Ich hatte mein Versprechen gegenüber Aaron, den Staatsanwalt auf dem Laufenden zu halten, ganz vergessen.
Also meldete ich mich.
Ich hätte es nicht tun sollen.
22
»Corte, ich habe Sie hier auf Lautsprecher, bei mir ist Chris Teasley.«
»Okay.«
»Ich habe mit dem Justizminister gesprochen, und er war einverstanden, die Kesslers in einen Knast im District zu verlegen. Nach Hanson.«
Das alles, weil ich nicht zurückgerufen hatte? Erschien mir ein bisschen maßlos. »Verstehe. Und warum?«
Chris Teasley ergriff das Wort. »Äh, Agent Corte.«
»Officer Corte«, verbesserte ich. Meine Organisation ist keine Agentur wie FBI oder CIA. So hatte Abe Fallow sie nun mal ins Leben gerufen, nachdem er das Geld vom Kongress bewilligt bekommen hatte.
»Officer Corte«, fuhr Teasley fort. »Ich habe Ihren Hintergrund untersucht.« Sie klang, als wäre ihr nicht ganz wohl in ihrer Haut. Ich war beinahe doppelt so alt wie sie.
Ich konzentrierte mich aufs Fahren und hielt nach einem Verfolger Ausschau, was Schäfer automatisch die ganze Zeit tun. Selbst wenn wir in den Supermarkt zum Einkaufen fahren. Aber ich rechnete nicht damit, verfolgt zu werden, und ich sah auch nichts.
»Das tun wir routinemäßig in solchen Fällen«, beeilte sie sich
zu sagen, damit
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