Schutzlos: Thriller (German Edition)
ermöglicht. Es gibt keinen Grund für Mandanten, früh aufzustehen.
Am Sonntagmorgen saß ich um halb zehn am Schreibtisch im Wohnzimmer, wo ich seit fünf Uhr morgens gesessen hatte, als ich eine Tür aufgehen und Bodendielen knarren hörte. Ich hörte die Stimmen von Ryan und Joanne, die Lyle Ahmad einen guten Morgen wünschten und Small Talk machten. Er erklärte ihnen, wie es mit Kaffee und Frühstück lief.
Ich schickte noch einige E-Mails ab, dann stand ich auf und streckte mich.
Die Nacht war ruhig verlaufen, und ein neuer Zuschauer in West Virginia hatte mir mit tieferer Stimme, aber demselben Näseln wie sein Kollege mitgeteilt, dass die Überwachungsbilder des Grundstücks keinen Anlass zur Sorge gaben. Um Mitternacht war ein Wagen vorbeigefahren, aber auf einer Route, die ein Einheimischer auf der Rückfahrt vom Abendessen in Tysons Corner oder Washington wählen würde. Für alle Fälle hatte unser GPS seine Geschwindigkeit gemessen, und er war nicht um einen Stundenkilometer langsamer geworden, als er vorbeifuhr, womit er nach unseren Formeln unverdächtig war.
Ich ging zu den Kesslers in die Küche und begrüßte sie.
»Gut geschlafen?«, fragte ich.
»Einigermaßen, ja«, sagte Ryan. Er bewegte sich langsam – wegen des Hinkens und vielleicht auch wegen eines Katers. Er trug Jeans und ein purpurnes T-Shirt, und sein Bauch hing über die Gürtelschnalle. Er trug immer noch seine Waffe. Auch Joanne war in Jeans, dazu trug sie ein schwarzes T-Shirt unter einer gemusterten Bluse. Sie inspizierte ihren Lippenstift – das einzige Make-up, das sie trug – in einem runden Taschenspiegel, den sie anschließend wieder in ihre Handtasche steckte.
Ryan sagte, er habe eben längere Zeit mit Amanda telefoniert, und in Carters Haus scheine alles in Ordnung zu sein. Das Mädchen habe gestern viel Freude beim Angeln gehabt, und am Abend hätten sie mit Nachbarn gegrillt.
Ich hatte Bill Carter am Morgen ebenfalls angerufen. Ich sagte
es den Kesslers und fügte hinzu: »Er sagte, er habe nichts Verdächtiges beobachtet. Nur Ihre Tochter ist immer noch unglücklich, weil sie morgen die Schule, ihr Spiel und irgendeinen Freiwilligenjob verpasst.«
»Ein Beratungstelefon für Schüler«, erklärte Ryan. »Sie schmeißt praktisch das ganze Projekt.«
Was mich nach allem, was ich über das Mädchen wusste, nicht überraschte.
»Hoffen wir, dass sie gar nichts verpassen muss«, sagte Joanne.
Es war noch früh am Sonntag. Wenn wir Loving und den Auftraggeber bald erwischten, konnte das Leben der Kesslers bis zum Abend zu einem Anschein an Normalität zurückkehren.
»Was machen wir heute?«, fragte Ryan und sah aus dem Fenster. Ich hatte Golfschläger in seiner Garage bemerkt und nahm an, er vermisste einen vielleicht warmen Herbsttag auf dem Parcours.
»Sie entspannen sich einfach«, sagte ich. Ich musste unwillkürlich an Claire DuBois denken, die auf einem Flug nach Florida, um einen Mandanten abzuholen, einmal bemerkt hatte: »Die Piloten sagen immer, man solle sich jetzt zurücklehnen und entspannen und den Flug genießen. Aber welche anderen Möglichkeiten hat man denn? Handstand im Gang machen? Ein Fenster öffnen und die Vögel füttern?«
Auch die Kesslers hatten keine Wahl. Ich wusste, meine weiteren Instruktionen, die ich ihnen nun mitteilte, würden ihnen nicht gefallen: Dass sie nämlich im Haus bleiben mussten.
»Im Haus«, murmelte Ryan und spähte durch einen Schlitz im Vorhang nach draußen, wo die Sonne die Blätter zu färben begann. Er seufzte und strich sich Butter auf ein englisches Muffin.
Nichts tun …
Mein Handy läutete, und ich blickte auf die Anruferkennung. »Entschuldigen Sie mich.«
Ich ging ins Wohnzimmer zurück und drückte auf die Antworttaste. »Claire?«
»Ich habe Informationen.«
»Reden Sie.«
Ihre jugendliche Stimme klang begeistert. »Die Peilsender am Auto, ja? Das ist interessant. Sie wurden von Mansfield Industries hergestellt. Der kleine Sender hat eine Reichweite von sechshundert Metern, der große von tausend. Das klingt eindrucksvoll, aber es sind ältere Modelle. Die neueren, wie wir sie benutzen, basieren auf GPS, sodass man in seinem Büro sitzen und ihnen folgen kann. Diejenigen, die man Ihnen untergejubelt hat, waren billig. Das heißt, sie werden von Polizeidienststellen benutzt.«
Ja, das war in der Tat interessant. »Und die Modellnummern …«
»… sind die gleichen wie die der Geräte bei der Metropolitan Police.« Kesslers
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