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Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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auch wenn ich gelegentlich in Versuchung geraten war.
    Maree gestikulierte in Richtung ihres Computers. »Sagen Sie mir, was Sie davon halten?«
    »Wovon?«, fragte ich.
    »Kommen Sie her, Mr. Tour Guide. Werfen Sie einen Blick darauf.«
    Sie winkte mich zu sich und tippte ein paar Befehle ein. Ein Logo erschien, GSI, Global Software Innovations . Ich hatte schon von dem Unternehmen gehört, konnte mich aber nicht erinnern, wo. Nach einer Weile wurde das Programm geladen. Es war offenbar ein Programm zur Bearbeitung und Archivierung von Bildern; Ordner mit Marees Fotos erschienen.
    Marees Finger hielten über der Tastatur inne. Ich dachte zuerst, sie sei mit der Software nicht vertraut, aber es stellte sich heraus, dass das Zögern einen anderen Grund hatte. Mit Wehmut im Blick sagte sie: »Es ist Amandas Programm. Wir hatten eine Menge Spaß, als wir es zusammen installiert haben… Sie tut mir so leid. Die ganze Sache muss ihr schreckliche Angst machen.«
    Ich sah in die Augen der Frau, die auf das Logo geheftet waren. »Sie ist stärker als viele meiner erwachsenen Mandanten. Sie kommt schon klar.« Ich sagte das nicht nur zur Beruhigung; es war die Wahrheit.
    Maree atmete leise aus. »Jo hält sie für stärker als mich.« Sie blickte mir ins Gesicht. »Ich bin grundsätzlich nie einer Meinung mit meiner Schwester, aber darin hat sie recht.«
    Dann schien sie die ernsten Gedanken beiseitezuschieben – wie ich es den ganzen Tag getan hatte – und konzentrierte sich auf die Fotosoftware.
    Ihre Finger flogen über die Tasten, und zwei Bilder tauchten nebeneinander auf dem Schirm auf. »Ich kann mich nicht entscheiden, welches von den beiden das bessere ist.« Sie lachte und klopfte auf den Stuhl neben ihr. »Keine Angst, ich beiße nicht.«
    Ich zögerte, dann setzte ich mich. Ich bemerkte, dass sie und nicht Joanne die Quelle des angenehmen Parfüms war, was keine große Überraschung darstellte. Und wie ich gestern schon bemerkt hatte, trug sie kunstvoll aufgetragenes Make-up. Sie hatte einen neuen Satz Kleidung gebügelt und angezogen –
einen glatten Rock und eine kastanienbraune Seidenbluse. Das war merkwürdig. Nicht nur neigen Mandanten dazu, modische Belange zu ignorieren, wenn ihr Leben in Gefahr war, ich hätte auch bei Maree, flatterhaft wie sie war und als die Künstlerin, als die sie sich gab, eher eine nachlässige Einstellung zu ihrer äußeren Erscheinung erwartet. Oder zumindest, dass sie mehr der Typ für Jeans und Pullis gewesen wäre.
    Sie lehnte sich in meine Richtung, und ich spürte ihren Arm an meinem, ihr süßer Duft umwehte mich. Ich wich wohl leicht zurück, denn sie lachte wieder.
    Ich empfand Verärgerung. Aber ich tat wie gebeten und blickte auf den Computerschirm. »Ich habe Ihnen doch von dieser Ausstellung erzählt. Eins der beiden Bilder werde ich dort zeigen. Ich muss es bis Dienstag einschicken. Was meinen Sie?«
    »Ich … was wollen Sie wissen? Welches mir besser gefällt?«
    Für mich waren sie beinahe identisch, auch wenn eins knapper geschnitten war als das andere. Sie zeigten zwei düstere Männer in Anzügen, Geschäftsleute oder Politiker, in einem intensiven Gespräch im Schatten eines Regierungsgebäudes im Zentrum von Washington.
    »Wer sind sie?«
    »Das weiß ich nicht. Es spielt keine Rolle. Ich ging einfach letzte Woche die Straße beim Finanzministerium entlang und sah sie dort stehen. Sie sehen mächtig aus, sie sehen reich aus. Aber sind sie in gewisser Weise nicht auch wie kleine Jungs im Schulhof? Wären sie vierzig Jahre jünger, hätten sie angefangen, einander zu schubsen.«
    Zuerst kapierte ich es nicht, aber dann sah ich, ja, sie hatte recht.
    »Es geht um das Thema Konflikt«, sagte sie.
    »Ich sehe keinen großen Unterschied.«
    »Das linke, ja, das ist dichter. Die Betonung liegt auf den Männern. Aber es gibt keine Winkel, keine Komposition. Das
rechte ist stilistisch besser. Man sieht mehr vom Finanzministerium. Sehen Sie das Sonnenlicht, den Streifen Licht hier, der neben ihnen auf die Treppe fällt? Es ist ästhetisch besser… Und?«, fragte sie.
    »Welches mir besser gefällt?«
    »Das ist die Frage, Mr. Tour Guide.«
    Ich war plötzlich verlegen, als würde ich über etwas geprüft, worauf ich nicht gelernt hatte. Ich konnte eigentlich nicht sagen, welches mir besser gefiel. Die einzigen Fotos, die ich regelmäßig betrachtete, waren Überwachungsbilder und Aufnahmen von Tatorten. Ästhetik zählte da nicht.
    Schließlich deutete ich auf

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